Weiterhin werden Frakturen nach der Mitbeteiligung der darüberliegenden Haut in offene und geschlossene Knochenbrüche unterschieden. So können spitze Knochenbruchstücke die Haut durchspießen (z. B. beim Unterschenkelbruch) und dadurch eine offene Fraktur verursachen. Ebenso ist es möglich, dass innere Organe verletzt werden (z. B. Lungenanspießungen durch Rippenbruchstücke).
Bei der Leichenschau lassen sich Knochenbrüche an sicheren Frakturzeichen erkennen. Das sind:
• | Fehlstellung, |
• | abnorme Beweglichkeit, |
• | Knochenreiben (Krepitation: Werden die rauhen Bruchflächen gegeneinander bewegt, ist das Knochenreiben hör- und fühlbar.), |
• | sichtbare Knochenbruchstücke. |
Abb. 8:
Formen von Knochenbrüchen, aus [1]
Im Gegensatz zu Knochenbrüchen der Gliedmaßen lassen sich Frakturen des Rumpfskeletts und des Schädels äußerlich oft nicht erkennen.
Für die kriminalistische Praxis resultiert die Bedeutung der Frakturen vor allem daraus, dass sich von der Bruchform auf das Zustandekommen des Knochenbruchs rückschließen lässt. Dadurch können wertvolle Anhaltspunkte für die Rekonstruktion hinsichtlich Angriffspunkt, Art und Richtung der Gewalteinwirkung gewonnen werden. Eine sachgerechte Interpretation der verschiedenen Frakturformen setzt eine entsprechende Erfahrung voraus und erfordert nicht selten das Zusammenwirken von Rechtsmediziner, Unfallchirurg und Röntgenarzt.
Die Knochenbruchheilung dauert unterschiedlich lange je nach Frakturform, Gesundheitszustand des Verletzten und Hinzutreten von Komplikationen (z. B. Infektion, unzureichende Ruhigstellung der Bruchstelle). Auch das Alter hat einen Einfluss. Bei Kindern heilt eine Fraktur schneller, im Greisenalter dagegen langsamer. Die Bruchstelle wird durch die Neubildung von Knochengewebe (Kallus) stabilisiert. Nach 4 bis 6 Wochen besteht eine feste, knöcherne Verbindung der Bruchenden und die Fraktur ist verheilt. Anders verläuft die Knochenbruchheilung nach operativer Behandlung (Osteosynthese).
Verheilte Frakturen sind zeitlebens nachweisbar und deshalb in Verbindung mit anderen individuellen Besonderheiten wichtige Identitätsmerkmale.
Auf spezielle Frakturformen der einzelnen Skelettabschnitte (Schädel, Wirbelsäule, Brustkorb, Becken, Gliedmaßen) wird bei der Beschreibung von Kopfverletzungen (Kapitel IV Nummer 1.4), Schusswirkungen (Kapitel IV Nummer 6), Verkehrsunfällen (Kapitel XII) und Kindesmisshandlungen (Kapitel XIII Nummer 4) eingegangen.
Eine stumpfe Gewalteinwirkung auf die Muskulatur kann eine Quetschung, Zerreißung oder Zermalmung größerer Muskelanteile bewirken. Bei ausgedehnten Schädigungen (z. B. Sturz aus großer Höhe, Verkehrsunfall, Schläge und Tritte, Verschüttung) wird Muskeleiweiß (Myoglobin) freigesetzt. Über den Blutstrom gelangt es in die Nieren und führt zum Nierenversagen durch Verstopfung der Nierenkanälchen (sog. Crush-Niere).
Anmerkungen
Brückner, H. (1978): Frakturen und Luxationen. 3. Aufl., Berlin: Volk und Gesundheit, S. 9.
IV. Gewaltsamer Tod › 1. Stumpfe Gewalt › 1.3 Verletzungen innerer Organe
1.3 Verletzungen innerer Organe
Innere Verletzungen sind eine schwerwiegende Folge stumpfer Gewalteinwirkung und entstehen durch direkte Schädigung (Stoß, Quetschung) oder indirekt (Zug, Schleuderung). Auch bei schwersten Verletzungen innerer Organe müssen äußerlich keine Spuren sichtbar sein. Das gilt besonders für Kinder.
Betroffen sein können Schädel und Gehirn (Schädel-Hirn-Trauma), die Brustorgane (stumpfes Brustkorbtrauma = Thoraxtrauma) und die Bauchorgane (stumpfes Bauchtrauma). Die Kopfverletzungen werden wegen ihrer besonderen Bedeutung im folgenden Abschnitt gesondert behandelt.
Durch Kompression des Brustkorbs können Quetschungen und Zerreißungen (Rupturen) der Lungen entstehen. Sind kleine Luftröhrenäste mitverletzt, führt das zu einer Blutaspiration. In Verbindung mit Rippenserienbrüchen treten Anspießungen der Lungen auf. Dadurch kann es in der Brustfellhöhle zur Ansammlung von Luft (Pneumothorax) und von Blut (Hämatothorax) kommen. Tritt Luft in das Unterhautgewebe über, bildet sich eine kissenartige Luftansammlung am Hals und im Gesicht (Hautemphysem). Bei direkter, umschriebener Gewalteinwirkung entstehen Zerreißungen des Herzbeutels und der Herzwand. Durch Schleuder-/Zugwirkung sind Ein- oder Abrisse des Herzens und der Körperhauptschlagader möglich.
Stumpfe Bauchtraumen führen bevorzugt zu Leber- und Milzrupturen, seltener zu Verletzungen der anderen Bauchorgane und des Darmgekröses. An der Harnblase können Zerreißungen oder bei Beckenbrüchen auch Anspießungen auftreten.
Infolge von Organzerreißungen blutet es in die Bauchhöhle. Die Blutansammlung kann ein solches Ausmaß annehmen, dass die Todesursache ein inneres Verbluten ist. Tritt Magen- oder Darminhalt in die Bauchhöhle aus, kann dadurch ein Schockzustand ausgelöst werden. Als Komplikationen nach einem stumpfen Bauchtrauma, das nicht sofort zum Tod geführt hat, können sich eine Bauchfellentzündung (Peritonitis) und/oder eine Darmlähmung (paralytischer Ileus) entwickeln.
Bei Einwirkung massiver Gewalt (z. B. Überrollen durch Kraftfahrzeug, Sturz aus großer Höhe) werden häufig Brust- und Bauchbereich gleichzeitig verletzt. Zerreißt dabei das Zwerchfell, kommt es zur Verlagerung von Bauchorganen in den Brustfellraum. Auch eine verletzungsbedingte Eröffnung von Brust- oder Bauchhöhle ist möglich. Bei offenen Brustverletzungen durchspießen Rippenbruchstücke die Brustwand. Nach Aufplatzen der Bauchdecke hängen Darmschlingen oder Teile zermalmter Körperorgane aus dem Körperinneren heraus.
Kräftige Unterblutung und Schwellung des Hodensacks sind am ehesten auf Fußtritt oder Kniestoß zurückzuführen. Blutungen aus dem weiblichen Genitale als Folge stumpfer Gewalteinwirkung entstehen meist durch sexuelle Praktiken.
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