Nichts anderes haben die Mayas ja vorausgesagt, auch wenn man ihnen gerne die Vorhersage eines einmaligen Fiaskos unterstellt.
Eine Handvoll Menschen ist jedenfalls fest davon überzeugt.
Kapitel 2. Freak Wave (die Mörderwelle)
1.
Dr. Lasse Bergström war Apotheker in einer Kleinstadt in Norddeutschland. Er hatte dänische Vorfahren, die aber irgendwann einmal in dem Teil gesiedelt haben, der später dem deutschen Staatenbund zugeschlagen wurde. Man muss diese historischen Ereignisse der vergangenen Jahrhunderte nicht weiter beleuchten, aber Dr. Lasse Bergström trug dieses dänische Blut einer alten Handelsdynastie in sich und er war auch Eigner einer Segelyacht, die er gerne und oft benutzte.
Seine Frau Ingrid kannte er schon seit seinem Studium.
Damals hatten sie eine Art Geistesverwandtschaft entdeckt. Schon damals hatten sie sich für Naturmedizin interessiert. Sie waren gemeinsam ins Amazonasgebiet gefahren, um dort nach seltenen pflanzlichen Stoffen zu suchen, die Krankheiten bekämpfen können. Sie hatten vieles entdeckt, was dort nur bei den Indios bekannt war und sie hatten damals Wirkstoffe gefunden, die sie in eine Wundsalbe eingearbeitet hatten. Die Lizenz für das Rezept hatten sie dann an eine pharmazeutische Firma gegeben und hatten seither damit viel Geld verdient, weil sich diese Wundsalbe inzwischen millionenfach verkauft hatte.
Eigentlich hätten sie nie mehr arbeiten müssen. Der Verdienst aus den Lizenzen reichte für ein gutes Leben, aber nicht zu arbeiten ist letztlich langweilig, und so hatten beide zunächst gemeinsam über solche Themen promoviert, und dann eine gemeinsame Apotheke in Husum eröffnet. Bald gab es weitere in Flensburg, Rendsburg, Eckernförde, Bad Segeberg und in anderen Städten.
Weil die beiden zwei Kinder bekamen, die ebenso Pharmazie studierten, hatten sie einen Teil der Apotheken an die Familien ihrer Kinder abgegeben.
Lasse und Ingrid hatten nie ihre Begeisterung für die Naturmedizin aufgegeben. Sie experimentierten mit allerlei Substanzen, von Salbei über Melisse, Fingerhut, Schlangengift, psychogenen Pilzen und Heidekraut und irgendwann gründeten sie sogar eine kleine Fabrik, die sich mit der Einarbeitung solcher Wirkstoffe in homöopathische Salben, Tinkturen und Tropfen beschäftigte.
In ihrer Freizeit gingen sie in der Heide wandern, oder mal in der Provence, überall dort, wo es massenhaft solche Kräuter zu finden gibt, die belebende oder heilende Wirkung haben, aber sie besaßen auch seit zwei Jahrzehnten diese Segelyacht eines schwedischen Yachtbauers, die sturmerprobt und hochseefest war.
An den Wochenenden oder im Urlaub waren sie oft an Bord dieser Yacht, manchmal gaben sie das Ruder in die Hände ihrer Kinder Nils und Eva. Die konnten das genauso gut.
2.
Dr. Lasse Bergström und seine Frau Dr. Ingrid Bergström-Lindner hatten sich schon immer für die alten Mythen der Indianer Süd-und Mittelamerikas interessiert. Sie hatten Cusco und Mexiko City besucht und die alten Heiligtümer gesehen. Sie kannten solche Funde aus Ton und Gold, und sie kannten solche Schrifttafeln. Es war ein faszinierendes Thema, das noch lange nicht erforscht war.
Natürlich kannten sie diesen Maya Kalender und 2009 hatten sie beschlossen, in 2012 eine Weltumseglung zu machen.
Wenn die Welt tatsächlich am 21.12.2012 untergehen sollte, dann würden sie wenigstens noch etwas von der Welt sehen.
Sie bereiteten sich auf diese Weltumseglung vor, statteten ihre Yacht mit einem neuen Segel, mit den modernsten Instrumenten und einem neuen Motor aus, ließen in der Werft alles überprüfen, übergaben das Unternehmen an ihre Kinder Nils und Eva, und stachen am 15. Dezember 2011 in See, nicht ohne zu versprechen, sich bei den Kindern von Zeit zu Zeit zu melden.
3.
Auf der Yacht waren sie Zuhause. Sie waren ein eingespieltes Team, sie waren 58 und 57 Jahre alt, sie waren körperlich gesund und weil Ingrid aus einer alten Landarztfamilie kam, kannte sie auch viele „Rezepte“ gegen allerlei Krankheiten, die unterwegs auftreten können. Die Bordapotheke war gut gefüllt und sie hatten sich rechtzeitig gegen die verschiedenen Tropenkrankheiten impfen lassen.
Sie hatten beschlossen, zunächst der ungefähren Route zu folgen, welche die Wikinger einmal auf ihrem Weg nach Kanada eingeschlagen haben mussten. Sie fuhren durch die raue See nach Island, dann nach Grönland und Kanada. Sie machten Bekanntschaft mit Eisbergen und viel Kälte, und sie schossen wunderbare Fotos.
Sie hatten diverse Navigationsgeräte an Bord, wie Kompass, Echolot und GPS. Lasse liebte das Hochseeangeln und sie fingen unterwegs Fische, die sie frisch zubereiteten.
Manchmal ließen Sie Eimer ins Meer und fischten umhertreibende Eisschollen, die sie zum Einfrieren des Fisches nutzen konnten. Sie hatten sogar eine kleine Meerwasserentsalzungsanlage an Bord, um Trinkwasser zu filtern. Es war an alles gedacht.
Im Januar fielen mehrfach die Funkgeräte und der elektronische Kompass aus. Später hörten sie im Rundfunk, dass es Sonnenstürme gegeben hatte. Lasse und Ingrid nutzten einfach einen zweiten (mechanischen) Kompass, der manchmal wie wild kreiselte, dann orientierten sie sich nach den Sternen. Gegen die Kälte halfen Daunenjacken und gegen die Nässe halfen Ganzkörperanzüge aus einer wasserdichten synthetischen Faser.
In Kanada segelten sie die Küste entlang, erlebten in New York einen höllischen Schneesturm, so dass sie gezwungen wurden, einen sicheren Hafen anzulaufen, aber das machte ihnen nichts aus. Sie frischten ihren Trinkwasservorrat auf, bunkerten Treibstoff, nahmen Obst, Gemüse und Schwarzbrot in Dosen an Bord und gingen einmal sogar zusammen in die Oper.
Sie waren unterwegs, um etwas von der Welt zusehen.
4.
Sie segelten weiter, an Panama vorbei, in Richtung Feuerland.
Vor der Küste von Trinidad mussten sie sich gegen Seeräuber wehren. Lasse war nicht wehrlos. Sie hatten mehrere großkalibrige Waffen an Bord und vertrieben die Seeräuber. Dann segelten sie schnell weiter, bevor die vielleicht Verstärkung holen würden.
Sie segelten nach Rio und Buenos Aires, erlebten einige heftige Stürme, so dass die Takelage in Fetzen hing. Glücklicherweise brach der Mast nicht, und sie konnten mit Notbeseglung im Hafen von Porto Alegre andocken, und die Segel reparieren lassen.
Dann stachen sie wieder in See. Sie wollten die Südspitze von Südamerika umfahren, sobald der Winter die Seestrasse freigeben würde. Auf der Südhälfte ist es ja Winter, wenn in Deutschland Sommer ist, und sie umfuhren Feuerland im Oktober, statteten Santiago de Chile noch einen Besuch ab und machten sich dann auf den Weg nach Neu Seeland und Australien.
Der Pazifische Ozean ist riesig und das ist nun eine wirkliche Herausforderung.
In Santiago de Chile hatten sie alles noch einmal überprüft und sie hatten neue Vorräte gebunkert. Jetzt würde eine lange und auch gefährliche Etappe über offenes Meer folgen.
Lasse und Ingrid waren gebräunt von Wind und Wetter. Sie waren topfit und fühlten sich gesund. Sie schrieben ihren Kindern Postkarten und stachen in See.
Sie hatten 6000 Kilometer offenes Meer vor sich.
5.
Der Südpazifik ist seit langem bekannt dafür, dass dort heftige Unwetter auftreten können. Schlimmer sind Flauten, so dass die Segel schlapp im Mast hängen. Dann muss man Geduld haben, widmet sich dem Fischfang, sieht den Delphinschwärmen zu, die an dir vorbeiziehen, schreibt Tagebuch, oder kontrolliert alle wichtigen Teile der Segelyacht.
Der Südpazifik ist aber auch bekannt dafür, dass hier Monsterwellen auftreten können. Über viele Jahrhunderte wurde das als Seemannsgarn belächelt. Heute beweisen Sattelitenaufnahmen, dass es solche urplötzlich auftretenden Freak Waves tatsächlich gibt, die nicht selten 25 Meter Höhe erreichen, und die ganze Schiffe verschlucken