"So etwas mag ich nicht", meinte er.
"Tut mir leid."
"Es gibt eine Menge Leute, die etwas gegen mich haben. Und da muss ich vorsichtig sein."
Er fingerte am Magazin der Automatik herum und ließ die Patronen in seine Hand rieseln.
Dann sagte er: "Stehen Sie auf."
Ich gehorchte.
Dietrich drückte mir die Automatik in die Rechte und steckte mir dann die Patronen in die obere Jackett-Tasche.
"So fühle ich mich entschieden sicherer", grinste er.
Wir gingen ins Büro. Auch der Gorilla.
"Nun legen Sie schon die Karten auf den Tisch", verlangte Dietrich.
"Unter vier Augen", gab ich zurück.
Dietrich seufzte.
"Wie viel können Sie zahlen?"
Eine Antwort auf diese Frage war nicht ganz ungefährlich.
Dietrich kannte sich in der Branche aus, er wusste, wie im Moment die Preise waren. Wenn ich Pech hatte, nahm er mich aus wie eine Weihnachtsgans. Ich nannte ihm einen Betrag, der deutlich höher war, als das, was ich ihm damals gezahlt hatte.
Er nickte.
"Haben Sie eine Bank ausgeraubt?", lachte er und machte dem dem Gorilla ein Zeichen, den Raum zu verlassen, was dieser nach einigem Zögern auch machte.
"Nein. Mein Geld ist in Ordnung. Es liegt auf der Bank."
"Seriös geworden?"
"In dieser Hinsicht ja. Außerdem bemühe ich mich, einen Fehler immer nur einmal zu machen."
Er deutete auf einen der Ledersessel, die bei ihm im Büro herumstanden.
"Setzen Sie sich."
Ich nahm Platz und sagte ihm, was ich wollte. Drei Dokumentensätze, Pass, Führerschein und so weiter. Einen Deutschen, einen Französischen und einen Kanadischen. Ich legte ihm die Fotos auf den Tisch, dazu alle Daten, die ich sorgfältig auf verschiedene Zettel geschrieben hatte.
"Hm", brummte Dietrich und lehnte sich zurück. "Sie sind gut vorbereitet."
"Ist es machbar?"
"Alles ist machbar. Wann brauchen Sie die Sachen?"
"Gestern."
Er lachte kurz auf.
"Sie stecken in der Scheiße und haben immer noch Humor. Das hat mir schon damals an Ihnen gefallen."
Für seine Blumen konnte ich mir nichts kaufen. Ich wollte wissen, was Sache war. "Wie lange wird es dauern?", fragte ich also sachlich.
Er hob die Schultern. "Wenn Sie alles wirklich wasserdicht haben wollen, dann können wir das nicht übers Knie brechen."
Er beugte sich vor. "Ich habe Verbindungen zu einem korrupten KGB-Offizier. Der KGB hat seinerzeit massenweise Original-Ausweise der Bundesrepublik Deutschland gehortet. Man braucht nur noch Name und alles andere eintragen. Die Stempel sind auch Originale."
"Diese grauen Heftchen sind doch alle bald abgelaufen und werden nicht mehr verlängert."
"Sie gehen zum Ordnungsamt und lassen sich eine Plastikkarte dafür geben. Sie geben einfach an, dass Sie umgezogen seien und ansonsten..."
"Nein", sagte ich. "Der zweite Teil dauert mir zu lange."
"Schade."
"Haben Sie eine andere Lösung?"
"Sie könnten sich gegen das abgelaufene graue Ding in jedem deutschen Konsulat einen vorläufigen Personalausweis geben lassen."
"Vergessen Sie's."
Dietrich seufzte.
"Es soll also schneller und besser sein, ja? Eine Plastikkarte?"
"Richtig."
"Dann wird es teurer. Das mit dem KGB-Offizier wäre ein Sonderangebot gewesen. Sommerschlussverkauf aus Geheimdienstbeständen sozusagen."
Ich zuckte die Achseln und winkte ab.
Aber Dietrich ließ nicht locker.
"Außerdem ist das Resultat bei weitem nicht vergleichbar. Wenn Sie meine Lösung akzeptieren würden, hätten sie einen echten Ausweis. Keine Fälschung."
"Es dauert leider zu lange."
Er machte eine bedauernde Geste und versuchte ein geschäftsmäßiges Lächeln.
"Na gut, wie Sie meinen. Ein bis zwei Wochen wird es trotzdem dauern. Sie wollen ja schließlich nicht bei der ersten Flughafenkontrolle, die Sie passieren, wie schlechtes Obst aussortiert werden."
"Ich schreibe ihnen einen Barscheck aus."
Er sah mich seltsam an.
"Also..."
"Wenn keine Deckung da ist, dann werden Sie es vor Ablauf einer Woche zweimal gemerkt haben."
Er schüttelte den Kopf.
"Lösen Sie Ihren Scheck selbst ein", meinte er. "Ich will Bargeld." Er gab mir eine Karte, die er ziemlich umständlich aus seiner Jackentasche herauspulte.
"Was soll ich damit?", fragte ich.
"Das ist meine Privatadresse. Werfen Sie das Geld einfach in den Briefkasten."
"Gut."
"Aber unterstehen Sie sich, mich mit einem Besuch zu belästigen."
"Kein Gedanke."
"Wo kann ich Sie erreichen, wenn es soweit ist?"
"Nirgends", erwiderte ich. "Ich werde mich bei Ihnen melden."
Er steckte sich eine Zigarette in den Mund und zuckte die Achseln. "Meinetwegen", grunzte er, während er sie sich anzündete. "Sie trauen niemandem, was?"
"Damit hat das nichts zu tun", meinte ich. "Ich weiß schlicht und einfach noch nicht, wo und ob ich zu erreichen sein werde."
Er grinste.
"Ich würde zu gerne wissen, was Sie diesmal angestellt haben", murmelte er dann glucksend.
Ich musste auf ihn aufpassen. Er war neugierig. Und das Hemd war ihm mit Sicherheit näher als die Hose. Wenn er kalte Füße bekam oder jemand mit genügend großen Geldbündeln wedelte, würde er mich an jeden ausliefern, der mich haben wollte. Inklusive die Polizei.
Ich erhob mich und wandte mich zum Gehen.
Dietrich blieb sitzen.
Bevor ich hinausging, drehte ich mich noch einmal halb herum und fragte: "Sind Sie eigentlich immer noch im Drogengeschäft aktiv?"
Ich sah das nervöse Zucken in Dietrichs Gesicht. Das schien ein Punkt zu sein, auf den er nicht angesprochen werden wollte.
Er runzelte die Stirn.
"Was soll das?" knurrte er.
"Nur so. Als wir uns das letzte Mal sahen, waren sie noch drin in der Szene."
"Woher..."
"Spielt doch keine Rolle. Ich wusste es. Damals schon. Nennen wir es Gerüchte mit ziemlich hohem Wahrheitsgehalt. Aber darum geht es nicht."
"Worum dann?"
"Sagt Ihnen der Name Khalil etwas?"
"Klingt türkisch oder so."
"Mehr nach oder so. Michel Khalil, Libanese."