4. Da die Zeichen eines Textes nicht in der Beziehung zueinander stehen müssen, wie vom benutzten primären Sprachsystem vorgegeben, bedienen sich Strukturalismus/Literatursemiotik der Beschreibung über semantische Relationen, mit deren Hilfe sie die Textkonzepte zu fassen versuchen, um die Grundordnungen eines Textes zu erkennen. Werden Zeichen im Text in Beziehung gesetzt, obwohl sie dies nicht sein müssten, sind sie also korreliert? Werden sie als gleich behandelt, obwohl es durchaus Unterschiede gäbe, sind sie also äquivalent gesetzt? Schließen sie einander im Text aus und negieren sich damit implizit, auch wenn dies durch das Sprachsystem nicht vorgegeben ist, werden sie also als oppositionell gesetzt?
Über diese Relationen wird versucht, die Paradigmen (Leitdifferenzen, Isotopien) eines Textes wie deren Relevanz zu identifizieren. Ordnungsstiftend ist hierbei zudem die Relation der Homologie, die als zentrales deskriptives wie argumentatives Mittel fungiert, indem sie Zusammenhänge unterschiedlicher Textbereiche etabliert und diese in einen Gesamtzusammenhang bringt.
Aufbauend darauf versucht das Konzept der semantischen Räume, die jeweilige Ordnung des Textes zu rekonstruieren. Eine solche modellbildende Ordnung reduziert natürlich immer die Komplexität des Textes. Dies ist aber mit ihrem Erkenntnisgewinn zu rechtfertigen und immer hinsichtlich ihrer Tragfähigkeit und Adäquatheit bezüglich der jeweiligen Fragestellung zu diskutieren.
5. Dass der literarische Text selbst der Fokus bezüglich des Zugangs ist, bedeutet nicht, den Text absolut und als in sich geschlossen bzw. hermetisch zu setzen. Entscheidend für die textuellen Möglichkeiten ist seine Kulturalität, sind also die Faktoren und Parameter der ursprünglichen Kommunikationssituation, der er angehört und von der er abhängig ist. Diese kulturelle Rückbindung eines Textes bedeutet auch, dass in den Text Wissen dieser Kultur eingeflossen sein kann. Den Text in den Fokus zu stellen, bedeutet also nicht, ihn als vollkommen autonom zu sehen und von jeder Umwelt abzugrenzen, sondern nur, bei den Beziehungen zu relevanten Kontexten vom Text auszugehen. Aus dessen Struktur ist zu untersuchen, welche textuellen Propositionen auf welche kulturellen referieren, deren Kenntnis im Text also für das Verständnis vorausgesetzt wird, oder welche textuellen Propositionen vor der Folie kultureller Diskurse der Zeit erst ihre Relevanz erhalten. Das Spektrum solcher Einbeziehung kulturellen Wissens reicht dabei von der Begriffsklärung einzelner im Text enthaltener Lexeme (d. h. der kleinsten Einheit des Wortschatzes) oder der Identifizierung einer Strophenform über Kenntnis von literarischen Konventionen, Traditionen und Poetologien oder kulturellen Metaphoriken und Konstellationen bis zur Integration in übergeordnete denk- und mentalitätsgeschichtliche, anthropologische Formationen. Strukturalismus/Literatursemiotik reißen den literarischen Text nicht aus seinem Zusammenhang, sondern versuchen ihn in seiner Bedeutung gerade über diesen Bezug zu bestimmen und vor dieser Folie zu verstehen (s. auch Nies 2011).
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