Dann begannen sie ihre Butterbrote aufzuessen. Das sei immer die erste Vorbereitung zu allen Zauberabenteuern, meinte Jupp, – hinterher müsse man sich dann der Länge lang ausstrecken und sich ein wenig ausruhen.
Das taten sie, und bald schliefen beide ein.
Nach einer Weile war es Otto, als ob Jupp ihn anstoße; er hatte das Fernrohr in der Hand und hielt es ihm hin.
»Hier!« sagte er. »Damit wollen wir uns ganz klein machen, damit wir durch die Löcher hinein können, die in das Wunderland führen.«
Otto nahm das Fernrohr und betrachtete es von allen Seiten, dann sagte er:
»Aber wie kann man sich damit klein machen?«
»Sehr einfach! So wie es die beiden Prinzen machten, von denen unsere Großmutter erzählt! Ach, die Geschichte kennst du noch nicht? – Paß auf, ich will dirs zeigen! – Guck mal aus dem Wagenfenster! Was siehst du dort?«
»Vorne die Landstraße mit den Bäumen.«
»Nun nimm das Fernrohr; was siehst du nun?«
»Ganz dasselbe, aber alles viel größer!«
»Nun dreh das Fernrohr um.«
»Jetzt sehe ich alles ganz klein und winzig.«
»Also,« fuhr Jupp fort, »das ist der ganze Witz! Du drehst das Fernrohr um und siehst mich an, dann bin ich ganz klein.«
Otto blickte durch das Fernrohr auf Jupp – und wirklich, der war plötzlich nicht größer wie ein Daumen! Er erschrak sehr und ließ entsetzt das Fernrohr fallen; da sah er, wie Jupp, so rasch er konnte, durch das Heu zu dem Fernrohre hinkletterte. Aufheben konnte er es nicht mehr, dazu war er viel zu klein, aber er schob es so zurecht, daß er durch dasselbe auf Otto sehen konnte. – Und siehe da! Im selben Augenblicke schrumpfte auch Otto zusammen.
Otto war ganz entsetzt; er frug seinen Freund, wie man nun wieder groß werden könnte?
»Sehr einfach,« sagte Jupp. »Dann brauchen wir nur wieder von der richtigen Seite durchs Fernrohr zu sehen!«
Otto wollte das gleich probieren; aber Jupp lachte und erklärte, es fiele ihm gar nicht ein, jetzt hindurchzusehen, sie wollten erst Abenteuer erleben, und da Otto allein sich ja nicht größer machen konnte, so mußte er sich wohl oder übel in sein Schicksal fügen.
Die beiden Jungen betrachteten sich. Ihre Sachen waren mit ihnen kleiner geworden, ihre Kleider, Taschenmesser, Glaskugeln, alles, was sie bei sich trugen.
»Es ist gut, daß wir die Butterbrote vorher aufgegessen haben, sonst wären sie auch so klein geworden,« sagte Jupp. »So, nun wollen wir nachsehen, ob hier irgendwo ein Loch ist.«
»Warte, Jupp!« rief Otto, »ich muß mir nur eben noch die Nase putzen!«
»Fatzke!« murmelte Jupp.
Otto suchte in allen Taschen, doch sein Taschentuch war nicht da. Plötzlich sah er es nicht weit von ihnen auf der Erde liegen; aber es schien so groß wie ein Bettuch! – Er hatte es aus der Tasche fallen lassen, ehe sie durch das Fernrohr gesehen hatten, und da war es natürlich nicht mit klein geworden.
»Wir nehmen es nachher mit, wenn wir wieder groß sind,« erklärte Jupp; denn es war jetzt so groß, daß sie es kaum vom Boden wegziehen konnten. – Sie knieten sich beide hin und schnaubten sich noch einmal die Nase, dann kletterten sie durch das Heu.
Sie mochten so gut eine Weile in die Höhe geklettert sein, als sich der Heuberg senkte; vor ihnen war ein tiefes, ziemlich steil abfallendes Loch, so tief, daß sie kaum auf den Grund blicken konnten.
Vorsichtig stiegen sie hinab, wobei sie sich an den einzelnen Halmen festhielten. Aber merkwürdig! je tiefer sie kamen, um so unergründlicher schien der Heuschacht; auch wurde er immer steiler. Es war fast unmöglich, tiefer hinabzudringen; so setzen sie sich so gut es ging, nieder, um zu überlegen, was nun zu tun sei. – Plötzlich fühlten sie, wie das Heu, auf dem sie saßen, zu rutschen anfing, erst langsam, dann immer schneller, zuletzt ging es mit solcher Schnelligkeit hinunter, daß ihnen Hören und Sehen verging. Die beiden Jungen schrien so laut sie konnten; aber das nutzte ihnen natürlich nichts. Sie hatten die Augen geschlossen und sich an den Händen gefaßt – wupp! saßen sie unten!
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