Schach
Eines Tages kommt ein Schiff aus Norwegen in die Bretagne.
Die Norweger verkaufen Raub-Vögel:
Falken und Habichte.
Ruals Söhne wollen sich das ansehen.
Sie könnten ein paar gute Falken gebrauchen.
Für die Jagd.
Natürlich will Tristan sie begleiten.
Gemeinsam gehen sie zum Hafen.
Ruals Söhne verhandeln lange über den Preis für die Vögel.
Tristan langweilt sich.
Er sieht sich ein wenig auf dem Schiff um.
Da entdeckt er einen Schach-Spieler.
Er hat ein schönes Schach-Brett mit sehr schönen Figuren.
„Was für ein schönes Schach-Spiel“, sagt Tristan.
Der Norweger blickt auf.
Er bemerkt Tristans Armband aus Gold.
„Die Figuren sind aus Elfenbein“, erklärt ihm der Norweger.
„Willst du mit mir eine Partie Schach spielen?
Wenn du gewinnst, bekommst du das Schach-Spiel.
Wenn ich gewinne, bekomme ich dein Armband.“
Tristan ist einverstanden.
Er setzt sich zu dem Norweger an den Tisch.
Sie fangen an.
Tristan spielt gut, aber sein Gegner spielt auch gut.
Als die Sonne untergeht, ist die Partie noch nicht entschieden.
Tristans Brüder werden ungeduldig.
„Geht ohne mich nach Hause“, meint Tristan.
„Ich komme nach, wenn ich das Schach-Spiel gewonnen habe.“
Die Brüder machen sich mit ihren Vögeln auf den Heimweg.
Tristan ist ganz in das Spiel vertieft.
Er hat keine Ahnung, was die Norweger vorhaben.
Sie wollen ihn entführen.
Heimlich machen die Norweger das Schiff startklar.
Inzwischen ist es dunkel geworden.
Das Schiff verlässt den Hafen.
Tristan merkt es nicht.
Er spielt und spielt.
Die Entführung
Schließlich ist die Schach-Partie entschieden.
Tristan ruft: „Ich habe gewonnen!“
Der Norweger schüttelt den Kopf.
„Oh nein“, erwidert er.
„Ich habe gewonnen.
Schau dich mal um.“
Tristan sieht sich um.
In der Ferne kann er noch die Umrisse vom Hafen erkennen.
Das Schiff ist bereits auf offener See.
Ich kann fliehen, denkt Tristan.
Ich bin ein guter Schwimmer.
Bis zum Ufer schaffe ich es.
Tristan steht auf und will weg.
Aber der Norweger hält ihn fest.
Er hat sehr starke Arme.
„Lass das Junge“, sagt der Norweger.
„Du bist entführt.
Wir werden eine Menge Geld für dich kriegen.“
Männer binden Tristans Hände mit einem Seil zusammen.
Sie sperren ihn tief unten im Schiff ein.
Tristan ist verzweifelt.
Wie soll es jetzt weitergehen?
Doch er kann nichts machen.
Auch an den Füßen haben sie ihn gefesselt.
Er kann sich nur sanft hin und her rollen lassen.
Von einer Seite des Schiffs auf die andere.
Erst nach links und dann nach rechts.
Dabei schläft Tristan fast ein.
Auf einmal ist er wieder hellwach.
Er rollt immer schneller hin und her.
Der Wind hat zugenommen.
Die Wellen werden höher.
Das Schiff bewegt sich immer stärker auf und ab.
Stundenlang.
„Wir sollten den Jungen über Bord werfen“, schreit ein Norweger.
„Er bringt uns nur Unglück.
Wenn das so weitergeht, sinkt das Schiff!“
Eine List
Zwei Männer kommen, um Tristan zu holen.
Sie bringen ihn auf das Deck von dem Schiff.
Der Kapitän sieht sich den Jungen an.
Er glaubt nicht, dass Tristan an dem Sturm schuld ist.
Doch die Matrosen sind sich sicher.
Sie wollen ihn über Bord werfen.
Tristan überlegt fieberhaft.
Dann hat er plötzlich eine Idee.
„Werft mich nicht ins Meer!“, ruft er dem Kapitän zu.
„Ich bin ein Sohn der Götter.
Wenn ich sterbe, werden die Götter noch zorniger.
Sie sind schon jetzt böse auf euch.
Weil ihr mich entführt habt.
Lasst mich frei, dann wird der Sturm aufhören.
Wenn ihr mich am Leben lasst, wird euch nichts geschehen.“
Der Kapitän will nicht auf Tristan hören.
Was für ein Unsinn, denkt er.
Ein Sohn der Götter!
Das kann ja jeder behaupten.
Doch die Matrosen glauben Tristan.
„Lass ihn frei, Kapitän“, flehen die Männer.
„Wir wollen den Sturm überleben.
Lass ihn frei!“
„Also gut“, sagt der Kapitän endlich.
Er sieht ein, dass ihm seine Leute sonst Ärger machen.
Er braucht die Matrosen.
Ohne seine Männer kann er das Schiff nicht steuern.
Und so wird Tristan von seinen Fesseln befreit.
Erst stürmt es noch eine kurze Zeit.
Das Meer ist schrecklich aufgewühlt.
Dann lässt der Sturm endlich nach.
Der Kapitän steuert auf eine Küste zu.
In Ufer-Nähe darf Tristan das Schiff verlassen.
Er schwimmt an Land.
Aber er weiß nicht, wo er ist.
Und er hat keine Ahnung, was er jetzt tun soll.