1550 Isargold im Weinstadl
Münchens ältestes Bürgerhaus ist 465 Jahre alt und steht in der Burgstraße 5. Der Magistrat der Stadt hatte 1550 das Grundstück erworben und darauf einen Neubau errichtet, der als Weinstadl dienen sollte. Das wichtigste an einem Weinstadl ist natürlich der Keller, in dem auch im Sommer die Fässer kühl gelagert werden können, und wer heute in das Gewölbe hinabsteigt, sieht auf den ersten Blick, dass ein so massiv gebautes Haus nix erschüttern kann. Die darüberliegenden Stockwerke bezog die Stadtschreiberei und die Verwaltung der Isargoldwäscherei. Auch wenn es sich anhört wie ein Märchen: Die Isar führte genauso wie der Inn reines Gold mit sich, natürlich in allerwinzigsten Mengen. Schon 1477 hatte Herzog Ludwig der Reiche von Landshut bis Plattling eigene Goldwäscher unter Vertrag und auch die Kurfürsten Maximilian I. und Maximilian III. hatten die Münchner ermuntert, in der Isar Gold zu waschen. Die Ausbeute war sehr gering, aber es wurden tatsächlich einige Golddukaten aus dem Isargold geprägt.
Der Weinstadl, Münchens ältestes Bürgerhaus
Nachdem die Stadtschreiberei 1612 ausgezogen war, wurde Johann Ritter von Linprun (1714–1787) neuer Besitzer der Burgstraße 5. Er war Münz- und Bergrat und einer der bekanntesten Mineralogen und Physiker seiner Zeit. Eine historische Zusammenkunft gab es bei ihm im Weinstadl 1758, als »bei strengstem gewissenhaftem Stillschweigen« mehrere Wissenschaftler Kurfürst Max III. Joseph einen »gelehrten Zirkel« vorschlugen, der »alle Theile der Weltweisheit von unnützen Schulsachen und Vorurtheilen« reinigen sollte: Das war die Geburtsstunde der »Bayerischen Akademie der Wissenschaften«. Ein geschichtsträchtiger Ort also, die Burgstraße 5, aber auch wenn man auf die andere Straßenseite schaut: 1771 wohnte hier Wolfgang Amadeus Mozart und komponierte, während am Münchner Bier »er sich delectierte«, seine Oper »Idomeneo«.
»EX AURO ISARAE« – Gold-Dukaten 1762 aus Isargold geprägt unter Kurfürst Max III. Joseph
1568 Der Mittlere Ring vor 450 Jahren
So putzig klein war München einmal (siehe Abb.) und bis auf Thalkirchen sind alle Orte rund um den heutigen Mittleren Ring weit älter als die Stadt mit der Frauenkirche. Schwabing, oder wie es damals hieß »Schwebing«, lag seinerzeit ganz weit draußen im Norden, und wurde schon 376 Jahre vor der Gründung Münchens in einer Urkunde des »Huasuni Suuapinga« anno 782 erwähnt. Noch ein bisschen älter auf der anderen Isarseite: »Pogenhausen«, anno 776 erstmals beurkundet.
Darunter ist beim »Gasta«, dem »gachen Steig«, zum Ufer hinauf schon ein Vorläuferbau des Gasteig-Kulturzentrums zu sehen und daneben weit vor den Toren Münchens das 350 Jahre ältere Haidhausen. Nur 152 Jahre älter ist Ramersdorf, das erst 1864 von München geschluckt wurde. Interessant ist auch Giesing, 368 Jahre älter, »Kyesinga« hieß es damals und war im Mittelalter Zufluchtsort für Tagelöhner, die in der Stadt unten an der Isar kein Wohnrecht bekamen.
Gleich alt wie München dagegen ist Harlaching, als Herrschaftsgut »Hadaleichingen« 1155 erstmals erwähnt und Thalkirchen auf der anderen Isarseite ist sogar 110 Jahre jünger als München.
Der älteste Fleck auf dieser Karte aber ist »Sentling«. In Sendling wurden 4000 Jahre alte menschliche Knochen aus der frühen Bronzezeit gefunden, die noch der Glockenbecherkultur angehörten. Auch in späteren Epochen war die Sendlinger Gegend besiedelt, so fand man bei Ausgrabungen Töpferwaren von keltischen Bauern. Der Name Sendling geht auf einen germanischen Sippenchef namens »Sendilo« zurück, der im 6. Jahrhundert nach Christus den Ort »Sentilinga« gründete.
Apian-Karte aus dem Jahre 1568, Ausschnitt
Die Karte zeichnete Philipp Apian, Mathematiker an der Universität in Ingolstadt im Auftrag von Herzog Albrecht V. Acht Jahre lang fuhr er kreuz und quer durch Bayern und schuf eine 5x5 Meter große Bayernkarte im Maßstab 1:45.000, die 1782 bei einem Brand in der Residenz zerstört wurde. Erhalten blieben dagegen die nach dieser großen Karte gleichzeitig angefertigten Holzschnitte, eine Art Riesen-Navi, nach dem sich später auch Napoleon bei seinem Einmarsch in Bayern orientierte.
Kaiser, Kurfürsten und Hofnarren
1168 München-Gründer Heinrich der Löwe, 39, heiratet 12-jährige Engländerin
Man stelle sich vor: Ein 39-jähriger Spitzenpolitiker lässt sich scheiden, um ein 12-jähriges Mädchen zu heiraten. Für den München-Gründer Heinrich den Löwen war dies ganz normal: Zehn Jahre, nachdem der Welfenherzog München gegründet hatte, gab er seiner Clementia von Zähringen den Laufpass und ging mit der 12-jährigen Mathilde von England, Tochter des englischen Königs Heinrichs II., ins Bett. Im Dom zu Minden bekam er 1168 den kirchlichen Segen dazu.
Um 1129 wurde Heinrich am Bodensee als Welfenherzog geboren und schon als 13-jährigem wurde ihm 1142 Sachsen überschrieben, Bayern folgte 1156 und zur Zeit der München-Gründung war er neben dem Kaiser der mächtigste Mann im Deutschen Reich.
Auf Druck Kaiser Barbarossas trennte er sich von seiner Frau, um die 12-jährige Mathilde von England zu ehelichen: Damit verbanden sich die Welfen mit der Großmacht England. Machtpolitik durchs Ehebett war damals für die Männer ganz selbstverständlich und Barbarossa hielt durch diese Freundlichkeit lange Zeit seine schützende Hand über ihn und seine Eroberungspolitik, vor allem in Sachsen.
Erst als Heinrich 1176 dem Kaiser die Gefolgschaft in dessen Italienfeldzug versagte – aus Angst, in seiner Abwesenheit könnte man gegen ihn in Bayern putschen –, wurde über ihn die Reichsacht verhängt und ihm Sachsen und Bayern aberkannt. Jetzt war der Weg frei für die Wittelsbacher, denen Bayern zugesprochen wurde und die von nun an bis 1918 regierten. Heinrich der Löwe ging nach England ins Exil und kehrte erst 1194 nach Braunschweig zurück, wo er im Jahr darauf am 6. August 1195 starb und im dortigen Dom seine letzte Ruhestätte fand.
Der 39-jährige Heinrich der Löwe heiratet im Dom zu Minden die 12-jährige Mathilde von England
1261 Wurde Kaiser Ludwig von einem Affen entführt?
Eine der drei Stellen, von denen aus München vermutlich zuerst besiedelt wurde, ist das Gelände des Alten Hofs. Ausgrabungen ergaben, dass sich hier schon im 12. Jahrhundert Burganlagen befunden haben, die nach 1255 von Herzog Ludwig II. zur »Alten Veste«, der ersten Residenz der Wittelsbacher, ausgebaut wurde. Sein Sohn Kaiser Ludwig erweiterte sie und machte den Alten Hof zur ersten Kaiserresidenz in Deutschland, in der auch die Reichskleinodien aufbewahrt wurden.
Mit Kaiser Ludwig und dem Alten Hof untrennbar verbunden ist eine der lustigsten Legenden aus dem alten München, die bei jeder Fremdenführung mit Begeisterung erzählt wird: Sein Vater Herzog Ludwig hielt sich einen zahmen Affen, der im ganzen Hofstaat beliebt war und seine Späße treiben durfte. Wie er hieß, ist leider nicht überliefert, mündlich überliefert ist allerdings, dass er eines Tages den etwa 3-jährigen Ludwig aus seinem Bettchen holte, mit ihm aus dem Fenster kletterte und von dort auf den gotischen Erker am Burgstock stieg, der heute frisch renoviert jedem entgegenleuchtet.
Kaiser Ludwig, Kaisergrab in der Frauenkirche