Nick verfolgte, wie Vince Anderson sich davon ablenken ließ, und sprang wie ein Panther vor. Sein mächtiger Fausthieb erwischte die waffenführende Hand und schlug sie nach oben. Die Finger lösten sich um den Griff, und die Waffe flog durch die Luft.
Anderson schnappte nach Luft und wich zurück. »Hilfe! Teddy, Ringo!«, brüllte er.
Das Rufen schreckte die beiden Komplizen auf, die im Flur vor der Tür Stellung bezogen hatten. Mit gezogenen Waffen stürmten sie herein.
»Hände hoch, oder wir schießen!«, knurrte einer von ihnen, ein Mann mit grobschlächtigem Gesicht.
Nick verlor keine Sekunde und packte Anderson. Er hielt ihn in einem unnachgiebigen Griff gefangen und zog ihn vor sich. »Das dürfte eurem sauberen Kapitän schlecht bekommen!«
Vince Anderson schrie auf und stemmte sich verzweifelt gegen den Griff. »N… nicht schießen, Jungs!«, stammelte er. Sein Kopf fuhr suchend umher. »Bedroht Jane Lee!«, forderte er seine Gehilfen mit einem Mal auf. »Dann ist Nick machtlos!«
Die junge Frau stieß einen wütenden Schrei aus und machte den Eindruck, auf Anderson losgehen zu wollen. Die beiden Bewaffneten waren dadurch einen Moment lang abgelenkt, und so hob Nick den Raumschiffkapitän an und schleuderte ihn seinen Komplizen entgegen.
Die Männer hatten keine Zeit mehr, auszuweichen, und so gingen sie unter dem Aufprall zu Boden. Stöhnend blieben sie liegen, doch schnell waren sie dabei, sich wieder aufzurappeln. Nick bereitete sich auf den nächsten Schlagabtausch vor, als zwei weitere Schatten im Türrahmen erschienen.
»Hallo, Nick«, grüßte ein Mann mit grüner Hautfarbe. »Du hast das Klopfen überh…« Er stieß wie der Mann hinter ihm einen erstaunten Laut aus, als er den Tumult erblickte. »Was ist das denn für ein Empfang?«
»Xutl! Tom!«, rief Nick aus. »Haltet die Burschen fest!«
Andersons Gehilfen hatten in dem Gemenge ihre Waffen verloren und mussten einsehen, dass sie gegen die Überzahl keine Chance hatten. Sie setzten zur Flucht an und wollten sich an Xutl und Tom Brucks vorbeischieben. Doch Nicks Faust fällte einen, bevor er auch nur aufstehen konnte.
»Hoppla … nicht so eilig!«, entfuhr es dem Marsianer, und er packte den anderen.
»Lassen Sie mich los!«, schrie dieser und wehrte sich nach Leibeskräften. Tom Brucks konnte nur mit Mühe sein Gleichgewicht halten und schob seine Brille zurecht, die ihm halb von der Nase gerutscht war.
Einen Augenblick lang war Xutl von der Gegenwehr überrascht und wich zurück, dann jedoch schoss seine Faust vor. »Ich weiß zwar nicht, worum es hier geht, aber wenn du ein raues Spiel liebst, dann bitte!«
Wie vom Blitzschlag getroffen, ging der Mann zu Boden.
Xutl schüttelte verwundert den Kopf und besah sich die drei Fremden.
»Was hat das zu bedeuten, Nick?«, wandte er sich an seinen Freund. »Gehört das etwa neuerdings zu deinen täglichen Übungen nach dem Mittagessen?«
Nick lachte trocken auf. »Nein, ganz sicher nicht. Danke, dass ihr mir so geistesgegenwärtig geholfen habt. Übrigens …«, er machte einen Schritt zur Seite und deutete in das Innere des Appartements, »… hier ist noch jemand, der sich über euer unverhofftes Erscheinen freut.«
Er wies auf Jane Lee, die den beiden Männern zunickte.
»Nanu, sehe ich richtig?«, meinte Xutl. »Unsere nimmermüde Tierfängerin der Sternenschiff-Expedition!«
Tom Brucks nestelte noch immer an seiner Brille. »Wie geht es Ihnen?«, fragte er die junge Frau. »Haben Sie diesen Trubel inszeniert?«
Er bereute seine flapsige Formulierung, als er ihr angespanntes Gesicht sah.
»Inszeniert nicht«, erwiderte sie. »Aber ich muss gestehen, dass er meinetwegen entstanden ist …«
*
Wenig später hatte sie noch einmal die Erlebnisse ihres Vaters geschildert. Tom und Xutl hatten aufmerksam zugehört.
»Das ist die abenteuerlichste Geschichte, die ich je gehört habe«, gestand der Biologe ein und kratzte sich am Kopf.
Jane Lee lächelte dünn. »Sie können sich sicher vorstellen, was es für mich bedeuten würde, wenn ich die Diamanten bekommen könnte, die mein Vater für mich von den Eingeborenen fördern ließ.« Sie machte eine entschuldigende Geste, als sei es ihr selbst unangenehm, darüber zu sprechen. »Ich wäre nicht mehr von der Weltraum-Zoo-Direktion abhängig und könnte eigene Expeditionen ausrüsten!«
»Großer Himmel!«, erwiderte Tom Brucks. »Haben Sie denn nichts anderes im Kopf als Ihre unheimlichen Biester? Ich könnte mir vorstellen …«
Sie lachte auf. »Ich weiß, was Sie sich vorstellen«, unterbrach sie ihn. »Riesige Treibhäuser, in denen sich alle unheimlichen Pflanzen des Universums versammeln würden.«
»Sie haben es dem fanatischen Biologen gut gegeben, Miss Lee«, feixte Xutl und grinste seinen Freund an. »Aber Scherz beiseite«, wurde er wieder ernst. »Dieser Geier wollte sich das für die Bergung des Schatzes notwendige Medaillon unter den Nagel reißen?«
Er deutete auf Vince Anderson, der nach wie vor besinnungslos zwischen seinen Komplizen am Boden lag.
»Ja, mein Vater schreibt in seinem Tagebuch ausdrücklich, dass er die Wilden angewiesen hat, den Schatz nur demjenigen zu übergeben, der das Medaillon vorweist«, bestätigte Jane Lee.
Sie machte eine hilflose Handbewegung. »Ich hatte ihm ein großzügiges Angebot gemacht, weil ich es ja ihm verdanke, dass ich das Tagebuch meines Vaters erhalten habe. Anderson verlangte wie schon gesagt zwei Drittel, und aus seinem Verhalten schloss ich schnell, dass er mir auch das eine Drittel vorenthalten würde, wenn er den Schatz erst einmal an Bord gehabt hätte.«
Nick fuhr sich übers Kinn.
»Nach dieser Entwicklung können Sie unmöglich mit Anderson zum Planeten fliegen, Miss Lee. Ich richte ein Gesuch an die Weltraum-Forschungsbehörde, damit Sie mit uns fliegen können.«
Sie sah ihn aus großen Augen an. »Das … wäre wunderbar«, stieß sie aus.
Er winkte mit einem Lächeln ab. »Das Sternenschiff wird zurzeit für den Flug in das neu entdeckte Weltall ausgerüstet. Man wird nichts dagegen einzuwenden haben, wenn wir mit dem Besuch des zweiten Planeten auch persönliche Ziele verfolgen.«
Ein Stöhnen war zu hören, und er wandte sich um. Anderson und seine Männer erhoben sich benommen.
»Sieh an. Unser stürmischer Besuch kommt wieder zu sich«, kommentierte Nick den Anblick.
Vince Anderson hob den Kopf und zischte schmerzerfüllt auf. Er legte eine Hand an die Schläfe.
»Teufel …«, murmelte er und stieß dann einen Laut aus, als ihm bewusst wurde, wo er sich befand.
Nick suchte den Teppich um die Männer herum mit den Augen ab, um sicherzugehen, keine Waffe übersehen zu haben, dann ging er vor dem Raumschiffkapitän in die Hocke. »Miss Lee hat mir erzählt, dass sie Ihnen ein Drittel des Diamantenschatzes für Ihre Dienste geben wollte.« Er schüttelte den Kopf. »Das Angebot dürfte durch Ihr Verhalten hinfällig geworden sein.«
Mit einer raschen Bewegung erhob er sich und wies zur Tür.
»Verschwinden Sie mit Ihren ›Helden‹, und lassen Sie es sich nicht einfallen, unseren Weg noch einmal zu kreuzen, Anderson«, machte er ihm unmissverständlich klar. »Ein zweites Mal kommen Sie nicht so glimpflich davon!«
Andersons Körper bebte vor unterdrückter Wut, dennoch blieb ihm nichts anderes übrig, als einzusehen, dass er verspielt hatte. Er rappelte sich schwerfällig auf und schnauzte seine Männer an, aufzustehen.
Als er die Tür erreicht hatte, drehte er sich noch einmal zu Nick um. »Das … werden Sie mir noch büßen!«, schnaufte er und taumelte auf den Gang.
Der