Der Peloponnesische Krieg. Thukydides. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thukydides
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 4064066500368
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wie sie etwa unter diesen Umständen ihnen zuträglich dienen. Nachdem sie, so gut es gerade möglich, war, sich geristet, so benützten sie die Zeit, wo es noch Nacht war, und der Morgen erst dämmerte, um aus den Häusern auf jene einzudringen, damit sie nicht, durch das Tageslicht ermuthigt, ihnen mit gleichem Vortheile Widerstand leisten möchten, sondern, durch die Nacht desto mehr eingeschüchtert, wegen der Bekanntschaft der Platäer mit der Lage ihrer Stadt in Nachtheil kämen. So rückten sie plötzlich auf jene zu, und wurden schnell mit ihnen handgemein.

      4. Als die Thebaner sich getäuscht sahen, zogen sie sich enge zusammen, und suchten die Angreifenden, wo man auf sie einstürmte, zurückzutreiben. In der That schlugen die auch den Angriff zwei- bis dreimal ab. Als aber die Männer selbst mit gewaltigem Lärm auf sie eindrangen, während die Weiber und das Gesinde unter Geschrei und Wuthgeheul von den Häusern Steine und Ziegel auf sie schleuderten, indem zugleich während der Nacht ein heftiger Regen eingetreten war, so geriethen sie in Schrecken, wandten sich um, und flohen durch die Stadt. Da nun bei der Dunkelheit - denn der Mond stand eben im letzten Viertel - und bei den kothigen Straßen die Meisten die Durchgänge, durch welche sie sich hätten retten sollen, nicht zu finden mußten, hingegen es mit Gegnern zu thun hatten, welche, mit den Wegen wohl bekannt, den Verfolgten die Flucht versperrten, so kam die größere Zahl um. Ein Platäer hatte auch das Thor, welches allein offen war, durch das sie hereingekommen waren, geschlossen, indem er statt der eisernen Eichel am Querbalken den Schaft von einem Spieße gebrauchte, so daß sie auch dort keinen Ausweg mehr hatten. Während sie durch die Stadt umhergejagt wurden, erstiegen Einige die Mauer, stürzten sich auswärts hinab, und kamen dabei meist um. Andere entkamen durch ein abgelegenes Thor, wo sie mit einem Beile, das ihnen ein Weib gab, das Querholz unbemerkt entzwei hieben: doch ihrer waren Wenige, denn man bemerkte dieß bald. Andere wurden da und dort in der Stadt zerstreut niedergemacht. Der größte Haufen aber, der sich am engsten geschlossen hielt, warf sich in ein großes Gebäude, das zur Stadtmauer gehörte, und dessen Thüre gerade offen stand, im Wahne, daß diese Thüre ein Stadtthor sei, und man dort gerade durch hinauskommen könne. Als nun die Platäer sie hier eingeschlossen sahen, so rathschlagten sie, ob sie das Gebäude anzünden, und jene, so wie sie da waren, verbrennen, oder anders mit ihnen verfahren sollten. Endlich, aber verglichen sich: diese und die noch übrigen andern Thebaner, die in der Stadt umherirrten, mit den Platäern, so daß sie sich und ihre Waffen ihnen unbedingt übergaben. Solches Schicksal hatten die in Platäa.

      5. Die übrigen Thebaner aber, die während der Nacht mit der gesammten Streitmacht auf den Fall des Mißlingens zu den Eingedrungenen hätten stoßen sollen, eilten nun, von dem Vorfalle auf dem Zuge benachrichtigt, herbei. Platäa ist von eben siebzig Stadien (1¾ deutsche Meile] entfernt: es hatte jedoch der in der Nacht gefallene Regen jene auf dem Zuge aufgehalten. Denn der Fluß Asopus war stark angelaufen und nicht leicht zu durchwaten. Da sie aber im Regen den Weg machten, und nur mit Mühe über den Fluß setzten, so kamen sie zu spät, als schon ihre Leute zum Theil gefallen, zum Theil gefangen waren. Als nun die Thebaner hörten, was geschehen war, so lauerten sie den ausserhalb der Stadt befindlichen Platäern auf: denn es waren noch Leute und Geräthschaften auf dem Lande, da dieser Unfall unvermuthet im Frieden sich ereignet hatte. Sie wollten nämlich die Platäer, die etwa in ihre Hände fielen, als Geiseln für die in der Stadt, wofern welche gefangen wären, behalten. Während sie mit der Berathung über diesen ihren Plan sich beschäftigten, sandten die Pratäer, vermuthend, daß so etwas geschehen würde, und für ihre Leute ausserhalb der Stadt besorgt, einen Herold an die Thebaner, mit der Erklärung: sie hätten schon durch das Vorgefallene, bei dem Versuche, mitten im Frieden sich ihrer. Stadt zu bemächtigen, eine heilige Pflicht verletzt; sie sollten nun ausserhalb der Stadt weiter keine Gewaltthat verüben: wo wicht, so werden auch sie die Männer, welche lebend in ihre Gewalt gekommen, tödten; würden sie sich aber aus ihrem Gebiete wieder zurückziehen, so sollten ihnen jene. Männer wieder ausgeliefert werden. So erzählen die Thebaner, und behaupten, jene hätten den Antrag durch einen Schwur bekräftigt. Die Platäer aber sind nicht geständig, daß sie versprochen hätten, die Männer sogleich zurückzugeben, sondern erst auf den Fall gepflogener Unterhandlung und getroffener Uebereinkunft. Auch läugnen sie den Eid. Die Thebaner zogen nun, ohne weitere Beschädigung des Gebiets, sich aus demselben zurück. Die Platäer aber, nachdem sie in Eile Alles vom Lande in die Stadt geschafft hatten, lies Ben jene Männer alsbald hinrichten. Es waren hundert achtzig Gefangene, und unter ihnen Eurymachus, mit welchem die Verräther unterhandelt hatten.

      6. Nach diesem Vorfalle sandten sie einen Boten nach Athen, und lieferten unter dem Schuße eines Waffenstillstandes den Thebanern ihre Todten aus: in der Stadt aber trafen sie solche Anstalten, wie sie unter den jetzigen Umständen dienlich schienen. Den Athenern war sogleich gemeldet worden, was von Seiten Platäa's vorgefallen war. Augenblicklich bemächtigten sie sich nun aller Böotier, die in Attika waren, und schickten einen Herold nach Platäa, mit dem Auftrage, sie möchten gegen die gefangenen Thebaner nichts Weiteres verfügen, bis sie selbst einen Beschluß darüber gefaßt hätten. Denn man hatte ihnen von deren Hinrichtung nichts gemeldet. Denn der erste Bote war im Augenblicke des Einrückens der Thebaner abgegangen: der zweite, als sie besiegt und festgenommen waren: vom Spätern wußten sie noch nichts. So hatten die Athener, unbekannt mit dem Hergange der Sache, jene Aufforderung erlassen. Der Herold traf bei seiner Ankunft die Leute schon nicht mehr lebend. Hierauf ließen die Athener Kriegsvolt nach Platäa einrücken, brachten Lebensmittel hinein, und ließen eine Besatzung dort, indem sie die zum Kriege Unbrauchbarsten nebst Weibern und Kindern aus der Stadt fortschafften.

      7. Nachdem nun diese That in Platäa geschehen, und der Friedensvertrag augenscheinlich gebrochen war, so rüsteten sich die Athener zum Kriege: ein Gleiches thaten die Lacedämonier und ihre Bundesgenossen. Diese giengen auch damit um, Gesandtschaften an den Perserkönig zu schicken und an andere Staaten der Barbaren, wo beide Theile irgend hoffen konnten, einige Unterstützung zu gewinnen; auch schloßen sie Bündnisse mit den Städten, die noch ausser ihrem Machtbezirke waren. Von den Lacedämoniern erhielten die, welche ihre Partei ergriffen hatten, Befehl, ausser den Schiffen, die aus Italien und Sicilien schon in ihren Häfen vorhanden waren, nach Verhältniß der Große der Städte so viele zu stellen, daß es im Ganzen fünfhundert Fahrzeuge würden: und eine bestimmte Geldsumme bereit zu halten, sonst aber ruhig zu bleiben, und die Athener mit einzelnen Schiffen einlaufen zu lassen, bis jene Anstalten getroffen wären. Die Athener hingegen untersuchten den Zustand ihrer vorhandenen Bundesgenossenschaft, und schicken vornämlich, Gesandte in die Umgegend des Peloponneses, nach Korcyra, Cephallenia, Atarnanien und Zakynthus (Zante), indem sie wohl einsahen, daß sie, wenn jene Gegenden ihnen befreundet wären, den Peloponnes von allen Seiten mit Nachdruck würden angreifen können.

      8. Beide Theile hatten nichts Geringes im Sinne, sondern machten alle Anstrengungen zum Kriege, wie dieß sehr begreiflich ist: denn im Anfange greift man immer eine Sache rascher an. Damals war auch die junge Mannschaft im Peloponnes und in Athen sehr zahlreich, die aus Unerfahrenheit sich im Kriege zu versuchen lebhaft wünschte. Das ganze übrige Griechenland war in gespannter Erwartung, da die zwei bedeutendsten Staaten gegen einander aufs treten wollten. Viele Weissagungen wurden herumgetragen, und mancherlei vertündeten die Orakeldeuter, dort wo man Krieg bereitete, wie in den übrigen Staaten. Auch war Des los kurz zuvor durch ein Erdbeben erschüttert worden, das seit Menschengedenken unter den Hellenen früher nie ein Erdbeben erlitten hatte. Man sagte nun, und glaubte, daß dieß ein Vorzeichen künftiger Ereignisse sei, und wo sonst etwas von der Art sich zutrug, so wurde es hervorgesucht. Die öffentliche Stimmung neigte sich entschieden mehr zu Gunsten der Lacedämonier hin, zumal, da diese voraus erklärten, sie wollen Hellas befreien. Alle, sowohl einzelne Bürger, als Staaten, thaten, was in ihren Kräften stand, um jene mit Wort und That zu unterstützen. Jeder meinte, dem Unternehmen fehle etwas, wenn er nicht auch selbst dabei sei. So leidenschaftlich waren die Meisten gegen die Athener gestimmt, die Einen, weil sie ihrer Oberherrschaft los werden wollten, die Andern, weil sie fürchteten, unter dieselbe zu kommen. Dieß waren die Voranstalten und Gesinnungen, womit man das Werk begann.

      9. Als man in den Kampf trat, standen auf beiden Seiten folgende Staaten als Bundesgenossen. Die Verbündeten der Lacedämonier waren: alle Peloponnesier disseits der Landenge, die Argiver und Achäer ausgenommen, welche mit beiden Theilen in Freundschaft standen. Von den Achäern nahmen jedoch gleich Anfangs die Pellenäer Theil am Kriege, später aber alle insgesammt. Ausserhalb