Stanisław Brzozowski. Aleksandra Konarzewska. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Aleksandra Konarzewska
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Афоризмы и цитаты
Год издания: 0
isbn: 9783838273969
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und Aktivist:innen von allen Seiten des politischen Spektrums.4 Dies illustriert insbesondere die Rezeption seiner Werke in der Zwischenkriegszeit, als sich auf Brzozowski gleichermaßen links- wie rechtsorientierte Autor:innen (u. a. überzeugte Zionist:innen)5 beriefen. Nach dem Zweiten Weltkrieg und einer Etablierung des sowjetischen Kommunismus in Ost- und Mitteleuropa war Brzozowskis Name verpönt,6 und zwar nicht nur unter überzeugten Stalinisten: Noch im Jahr 1976 schrieb der Ex-Marxist Leszek Kołakowski über problematische „biologisch[e] Metaphern“ in Brzozowskis Werk, „die zwar keinen eindeutigen Inhalt hatten, aber mit der Zeit besonders verdächtig wurden, als radikale nationalistische Bewegungen, die man mit einer gewissen Berechtigung als faschistisch bezeichnen kann, in der Darstellung nationaler Werte gern auf die biologische Phraseologie zurückzugreifen begannen“.7 Erst in den 1960er Jahren, als eine Folge des ‚Tauwetters‘ im Ostblock, wurde Brzozowski in Polen neuentdeckt, insbesondere von Literaturkritiker:innen (eine wesentliche Rolle spielte hierbei das Buch des zukünftigen Nobelpreisträgers Czesław Miłosz).8 Im Jahr 2005 wurde die Stanisław-Brzozowski-Gesellschaft (Stowarzyszenie im. Stanisława Brzozowskiego) gegründet, die die renommierte linksliberale Zeitschrift „Krytyka Polityczna“ herausgibt.

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      Wie eine geschichtsmaterialistische Kulturanalyse in der Praxis aussehen soll, illustriert der Aufsatz Brzozowskis über die polnische Literatur, in diesem Band in LITERATUR UND REVOLUTION umbenannt. Brzozowski differenziert hier zwischen der Generation der Autor:innen, die in Polen „Positivisten“ genannt wurden, und der etwas späteren, modernistischen Bewegung das „Junge Polen“ (Młoda Polska), die vor allem um die Krakauer Zeitschrift „Życie“ (1897–1900) konzentriert war. Die „Positivisten“ waren durch die Erfahrung des misslungenen Januaraufstandes (1863–1864) und seiner politischen Konsequenzen geprägt – u. a. Todesurteile und Verbannungen nach Sibirien, Enteignungen des Vermögens, die Liquidierung von Hochschulen (u. a. „Warschauer Hauptschule“, Szkoła Główna Warszawska), die erzwungene Konversion von Unierten zum orthodoxen Glauben und die Unterdrückung der polnischen Sprache und Kultur im öffentlichen Leben. Daher lehnten sie die aus der Epoche der Romantik stammende Idee eines bewaffneten Aufstandes ab und setzten sich stattdessen für eine Stärkung der Bevölkerung in der wirtschaftlichen und kulturellen Sphäre, durch Bildung, Wohlstand und Fortschritt, ein. In ihrer Publizistik und in ihren engagierten Prosawerken verbreiteten sie progressive Ideen: So thematisierten sie die Gleichberechtigung von Frauen, eine Verbesserung der Lebensbedingungen der unteren sozialen Schichten (z. B. der Bauern), die Bekämpfung des Analphabetismus, den Widerstand gegen den Antisemitismus und die Ablehnung postfeudaler Vorurteile; ohne jedoch einen revolutionären sozialen Wandel anzustreben. Obgleich viele literarische Werke der positivistischen Autor:innen aus heutiger Perspektive didaktisch naiv erscheinen mögen, gelten einige unter ihnen (wie der Roman Die