»Ich wollte unbedingt ins Ballett. Die rosa Tütüs und weißen Strumpfhosen sahen ja auch toll aus. Meine ersten Stunden verliefen eigentlich auch ganz gut. Bis dann eines Tages der Spagat auf dem Lehrplan stand. Egal, wie sehr ich mich bemühte: Ich konnte es einfach nicht. Ich war einfach nicht so gelenkig wie die anderen Mädchen. Ich war zwar schlank, aber immer sehr groß und hatte immer einen kräftigen Körperbau. Die Ballettlehrerin hat mich dann dazu gedrängt, einen Spagat zu machen, und ich habe fürchterlich geweint. Ich konnte es eben nicht. Ich weiß noch, dass sie sauer wurde und irgendetwas gesagt hat, das mir ein wirklich schlechtes Gefühl gegeben hat. Nach dieser Stunde ist die Ballettlehrerin zu meiner Mutter gegangen und hat ihr ans Herz gelegt, dass sie mich aus dem Ballettunterricht nehmen soll – ich sei der berühmte Elefant im Porzellanladen. Meine Mutter war traurig über die Umgangsweise der Lehrerin, ich habe geweint und fühlte mich wirklich schrecklich. Der Rosa-Mädchentraum von Ballett war für mich ab diesem Zeitpunkt geplatzt.«
Aus der heutigen erwachsenen Perspektive stellt sich das Ganze natürlich abgemildert dar. Nicht jedes Mädchen ist ein Ballettmädchen, sondern es findet sein Glück beim Reiten oder Boxen. Und manch ein Junge tanzt vielleicht lieber Ballett, als auf dem Fußballplatz zu stehen. Wir konnten andere Bereiche finden, in denen wir uns ausprobieren und Erfolge erzielen konnten – so, wie Verena es zum Beispiel später in der Leichtathletik getan hat.
Trotzdem: Vielleicht machen gerade deshalb viele Mädchen schlechte Erfahrungen im Ballett, weil hier eben auf zwei Bereiche geachtet wird, mit denen wir in unserer Gesellschaft auch später immer wieder konfrontiert werden: Leistungsdenken auf der einen und Schönheit auf der anderen Seite. Eine Balletttänzerin muss sehr schlank sein, zumindest kennt man das so. Sie muss viel Schweiß und eiserne Disziplin aufbringen, viele Tränen vergießen, bis sich alles zu dem perfekten Bild vereint, das wir später auf der Theaterbühne sehen. Es ist ein immenser Druck, mit dem sich ein Balletttänzer während der gesamten Karriere konfrontiert sieht.
Wir sind keine Balletttänzerinnen geworden – und das ist okay so. Obwohl das Ballett ein Mikrokosmos für sich ist, sind die Gefühle, die diese Erfahrungen in uns ausgelöst haben, trotzdem wichtig, denn sie verdeutlichen etwas, über das wir gern sprechen möchten: Das Gefühl, nicht okay zu sein, so, wie man ist. Der Druck, den wir uns selbst machen und der von unserem Umfeld auf uns einwirkt. Und: Wie man sich von diesen Gefühl allmählich lösen kann und es durch ein gesundes, liebevolles Verhältnis zu sich selbst ersetzt. #selbstbewusstistdasneuesexy
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