Wenn Du einen Augenblick innehältst, um Dir der Bedeutung Deiner Erkenntnis auf einer tieferen, wahrhaftigen Ebene bewusst zu werden, um sie in Deinem Herzen zu fühlen, dann veränderst Du Dein Leben in ungeahnter Weise. Das Einzige, das wirklich Einzige, das in Deinem Leben Änderungen hervorbringen kann, ist eine Korrektur der Wahrnehmung Deiner selbst. Alles, wirklich alles in Deinem Leben entscheidet sich an der Frage, wie Du Dich selbst siehst.
»Der Mensch kann in sich ein Göttliches finden,
weil sein ureigenstes Wesen dem Göttlichen entnommen ist.«
Rudolf Steiner
3. Ein-Sicht
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
Wer auf Knien sucht, findet nur,
was unten liegt
Mein lieber Freund, meine liebe Freundin, vielleicht willst Du es wagen, Dich selbst richtig zu sehen. Wahrhaft Wundervolles kannst Du dort entdecken. Zum richtigen Sehen musst Du einen einzigen wichtigen Grundsatz beherzigen, den einzigen, der jetzt und ewig von Bedeutung ist, wenn Du der Wirklichkeit in den Dingen auf die Spur kommen willst.
Wie so oft, nein, wie immer, lehrt Dich Dein Schöpfer selbst, wie es richtig zu machen ist, wie Du richtig hinsiehst, damit Du überhaupt etwas Reales erkennen kannst. Du musst mit den Augen dessen schauen, der alle Dinge erschaffen hat: Du musst mit Liebe auf das schauen, was Du betrachtest. Alles, was Du sehen kannst, was immer sich Deinem Blick erschließt ohne Deine Liebe, ist nur Blendwerk, nur der Schein, der das Sein verhüllt. Es ist gar nichts.
Immer dann, wenn Du ohne Liebe schaust, wenn Du ohne Liebe bist, kannst Du nur trügerische Illusion wahrnehmen: vergängliches äußeres Haben, das ewiges inneres Sein verschleiert. Der Blick ohne Liebe kann Dir niemals die wahre Dimension der Erscheinungen, die Seele der Dinge und ihre ewig gültige Wahrheit enthüllen. Der lieblose Blick ist der gottlose Blick und zeigt immer nur die vergängliche Form, die den ewigen Inhalt verschleiert. Die immerwährende Wirklichkeit, die wahre und wahrhaftige Realität in allem, was da ist, kann sich Dir nur in und durch Liebe erschließen. Dies gilt nicht weniger, ja ganz besonders, für Deinen Blick auf Dich selbst. Nur was Du in Liebe anschaust, kannst Du so sehen, wie es wirklich ist.
Der abstruseste Gedanke, dessen ein menschlicher Geist fähig ist, entspringt dem Glauben, dass Liebe blind mache. Nichts könntest Du jemals in Worte fassen, das da weiter entfernt wäre von der Wahrheit und damit von Dir selbst. Verbanne diesen lebensfeindlichsten aller Gedanken ins Reich der enttarnten Fehlwahrnehmungen, er ist eines Kindes Gottes, Deiner, nicht würdig. Gott in Dir sei Dank, weißt Du auch um Redewendungen wie »nur mit dem Herzen sieht man gut«. Und so ist es. Deine Augen sehen Illusion, denn sie sind Illusion, Vergänglichkeit.
Dein liebendes Herz sieht Gott. Dein liebendes Herz ist Gott, der sich selbst sieht.
Dein liebendes Herz ist Gott der sich selbst erkennt und manifestiert. Das ist die einzig gültige Wahrheit über Dich, die es jetzt und ewig geben kann. Wer aber die Wahrheit über und in sich selbst erkennt, sieht sie in jedem anderen und in allem, was ist.
Wer Gott in sich selbst wahrnimmt, erkennt ihn ebenso in all seinen anderen Erscheinungsformen. Jemanden zu lieben heißt nicht, ihn so zu sehen, wie Gott ihn gewünscht hat, es heißt, ihn so zu sehen, wie Gott ihn geschaffen hat. Lieben heißt, die Dinge zu sehen, wie sie sind. Es geht um Dich, um Deinen Blick auf Dich selbst. Um also endlich die Frage nach dem »Was bin ich?« aufzuklären, musst Du Dich selbst liebevoll anschauen. Wenn Du Dein wahres Selbst erkennen willst, musst Du Dich selbst lieben. Wenn Du Dich jetzt erkennen willst, musst Du Dich jetzt lieben.
Du hast festgestellt, dass Du unmöglich aus einer anderen Essenz bestehen kannst als der desjenigen, aus dem Du hervorgegangen bist. Erforsche also den Baum, dessen Frucht Du erkennen willst, denn die Frucht ist im Baume wie der Baum in der Frucht.
Du magst im ersten Moment vielleicht verwundert sein zu hören, dass es nicht besonders schwierig ist, Erkenntnisse über Gott zu erlangen. Alles, was ist, was war und was jemals sein wird, legt Zeugnis von Ihm ab. Was auch immer in seiner Schöpfung Du anschauen magst, erzählt Dir von Ihm.
Alles-was-Ist offenbart sich in allem, was ist.
Wir haben gesehen, dass Gott der Schöpfer von allem ist, was da ist, was jemals war, was jemals sein wird. Die Sache ist vergleichsweise einfach, weil es im Prinzip des Absoluten keine Ausnahmen und somit keine »Fehlerquoten« geben kann. Gott ist weder ein Mysterium noch ein Verwirrspiel. Weil Alles-was-Ist eben ist, was sein Name sagt, kann Er niemals etwas erschaffen, das nicht Teil seiner selbst wäre.
Könnte ein Prinzip, das alles einschließt, etwas hervorbringen, das außerhalb seiner selbst ist? Das ist völlig unmöglich, denn Gott ist Alles-was-Ist. Gott ist das Absolute, das Ich-Bin in allem, was ist. Und so ist Gott das Leben selbst. Gott gibt nicht Leben, Gott ist Leben. Gott gibt auch keine Liebe, genauso wenig, wie Gott Leben gibt. Gott gibt nicht Liebe, Gott ist Liebe. So Du Dir der Tragweite dieser großen Wahrheit bewusst bist, wirst Du erkennen, welch wunderbare Botschaft für Dich in dieser Erkenntnis liegt: Gott ist Liebe.
Kaum eine andere Wahrheitsverzerrung bringt so viel Kummer über Dich wie der Glaube an einen Gott, der Liebe ›gibt‹. Auf diesem furchtbaren Irrtum beruht Deine tiefste Angst: die Angst vor Liebesentzug und Verlassenwerden. Der Glaube an einen Gott, der Liebe geben könne, impliziert die logische Möglichkeit, Er könne Liebe ebenso verweigern. Was Du geben kannst, das hast Du und kannst es somit auch verweigern. Was Du jedoch bist, das kannst Du nicht verleugnen, die Essenz des Seins kann sich nicht verweigern.
Du hast aus Gottes Liebe eine Frage der Wahl gemacht, aber Gott hat diese Wahl nicht. Du hast in fataler Weise die Ebenen verwechselt, wie diese Welt das so oft tut: Du hast das Sein mit dem Haben verwechselt. Haben ist Illusion. In Wahrheit und Wirklichkeit kannst Du nichts haben, niemand kann das. Du kannst nur sein. Weil Gott Wahrheit und Wirklichkeit ist, jegliche Illusion ausschließend, kann Alles-was-Ist niemals irgendetwas haben, sondern nur sein.
Gott ist Leben, Liebe, Macht. Alles-was-Ist hat nichts von alledem und Du auch nicht, denn – Du erinnerst Dich – wie könnest Du etwas anderes sein als Dein Schöpfer, würde das doch bedeuten, dass Er nicht absolut ist und es etwas außerhalb göttlichen Seins geben könne. Wir werden an anderer Stelle noch ausführlich auf die Haben-Sein-Thematik eingehen, zu der es noch einiges zu sagen gibt. Halte vorläufig fest, dass Gott Liebe ist. Wenn nun aber nichts existieren kann, das nicht von Gott erschaffen und somit Teil von Ihm ist, dann ergibt sich in der logischen Konsequenz die einzig mögliche Erkenntnis: Alles ist Liebe, alles besteht aus Liebe, es kann nichts existieren, das nicht aus Liebe bestünde.
Liebe muss der Urstoff aller Dinge sein, das allem zugrunde liegende Seinsprinzip. Anders ausgedrückt: Liebe ist die einzig real existierende Energie. Und jetzt, endlich, löst sich Dein Rätsel um Deine Natur und Deine Frage nach dem »Was bin ich?« findet Antwort. Lasse diese Erkenntnis bis auf den Grund Deines fragenden Herzens sinken, auf dass sie dort reichlich Früchte trage. Die einzig wahre Aussage, die Du jetzt und in alle Ewigkeit über Dich selbst machen kannst, ist: »Ich bin – Liebe.«
Du bist Geist vom Geiste Gottes, Liebe von der Liebe Gottes, Leben vom Leben Gottes, Bewusstsein vom Bewusstsein Gottes.
Nun, meine liebe Freundin, mein lieber Freund, vielleicht tust Du Dich schwer damit, diese Erkenntnis annehmen zu wollen. Noch ist Dein Blick auf Dich selbst von Irrtum und Illusion getrübt und vielleicht willst Du die Wahrheit über Dich noch nicht anerkennen.
Noch fürchtest Du Dich vor Dir selbst, doch so Du Dich entscheidest, Dich mit dem Blick Deines Schöpfers anzusehen, wirst Du nur Schönheit und Liebe erkennen. Alles andere, was Du in Dir selbst und folglich auch in anderen zu sehen glaubst, ist nur vergängliche Illusion, aus Angst geborene Sinnestäuschung. Allein Deine verzerrte Wahrnehmung Deiner selbst verhindert Dein Gewahrwerden der