Abb. 17: Relief mit Darstellung eines römischen Soldaten 1801 von Raffaele Compagnone in einem verfallenen Haus in Pozzuoli, Italien, gefunden. Der zugehörige Block (Bild 16) in Philadelphia ist aus einer wieder verwendeten Inschriftenplatte gearbeitet, deren getilgter Text in die Jahre 95/96 n. Chr. datiert werden kann. Berlin, Antikensammlung, Staatliche Museen. Malerei von Angi Delrey nach dem Original aus Berlin.
Abb. 18: Detailaufnahme des Cancelleria-Reliefs.
Gut zu erkennen sind die Adler auf den „Kugeln“ der pilae sowie ein speziell geformter Lanzenschuh. Die Soldaten tragen Strümpfe in den caligae, deren Fersen und Zehen frei blieben. Ebenfalls interessant ist die Lanze des linken Soldaten. Es könnte sich hier um die Lanze eines Beneficariers handeln. Im Gegensatz zu den anderen Soldaten trägt er einen kleinen Rundschild mit Blattmotiv. Diese Rundschilde wurden üblicherweise von Signaträgern und Blasmusikern getragen.
Die Ausbildung der Prätorianer
Bevor sie in die Garde aufgenommen wurden, hatten die Prätorianer harte, entbehrungsreiche Dienstjahre in den Legionen verbracht. Sie waren Aufsteiger, die schon oft für den Senat und das Volk von Rom ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatten. Wie uns Herodian (5, 4, 8) berichtet, wurden nur die tüchtigsten und stattlichsten Männer ausgesucht. Nach etwa fünf Dienstjahren sah man die Männer als genügend erprobt und voll ausgebildet an. Ihr Ehrenkodex wurde von ihnen selbstherrlich eine Stufe höher angesetzt als jener der Legionen. Sie waren stolz auf das, was sie darstellten und besaßen einen ausgeprägten Korpsgeist. Die Ausbildung der Prätorianer auf dem campus cohortium praetorianarum vor der castra praetoria war aufgrund der Zeit, die ihnen neben dem Wachdienst und Reisen mit dem Kasier für die Ausbildung zur Verfügung stand, mit Sicherheit intensiver als die der Legionäre, wobei die Garde den gleichen Vorschriften folgte wie die restliche Armee. Ihr Campus war ganz speziellen Göttinnen (campestres) des Exerzierplatzes geweiht, die von der ganzen Truppe verehrt wurden. Die campestres waren somit für das Wesen der kompletten Garde von besonderer Bedeutung und zeigten deren intensive Kampfausbildung an. Diese eingehende Schulung in der Kampftechnik diente in erster Linie der Erhöhung der Schlagkraft der Garde. Dass bei den Prätorianern die Kampfübungen eine größere Rolle als bei den übrigen Truppen spielten, zeigen die hierauf bezogenen Dienstgrade. Ein doctor ist nur sicher für die Prätorianer bezeugt. Er war nach Vegetius Ausbilder an der Waffe. Der campidoctor ist bis zum Ende des 3. Jhs. n. Chr. ebenfalls nur für die Prätorianer und die equites singulares augusti bezeugt. Auch der exercitator armaturarum kommt nur bei den Prätorianern vor. In den Legionen kennen wir nur den Dienstgrad der armaturae und als Ausbildungsoffiziere die evocati, die ehemals Prätorianer waren, auch als armidoctores oder exercitatores bezeichnet. Nicht umsonst wurden länger dienende Prätorianer als evocati bei den Legionen als Ausbilder eingesetzt bzw. in den Stand eines centurio versetzt. Sie verbreiteten die in Rom erlernten Kampftechniken in den neuen Einheiten des gesamten Imperiums. Somit konnte eine gleichmäßige Ausbildung der Legionen nach den in der castra praetoria festgelegten Normen sichergestellt werden. Die Funktion der Garde war also nicht nur das politische Druckmittel der Kaiser gegenüber dem Senat sowie die Bewachung des Kaisers und seiner Familie, sondern auch eine Art Offiziers- und Kriegsschule für die römische Armee.
„Zu jener Zeit (24 n. Chr.) führte Tiberius den Senatoren den Drill seiner Prätorianer vor, so als wäre ihnen die Schlagkraft dieser Truppe unbekannt. Er verfolgte dabei das Ziel, dass sie ihn angesichts seiner zahlreichen Beschützer noch mehr fürchteten.“
(Cassius Dio, Buch 57, 24, 5)
Die Möglichkeit, in die Elitetruppe der Prätorianer aufzusteigen, erhielten nur die besten Soldaten der Legionen und nur die Besten stiegen in den Rang eines centurio oder eines Tribuns auf. Die Mindestgröße für einen Legionär betrug laut Vegetius 1,72 m, für die Prätorianer kann man eine ähnliche, wahrscheinlich aber höhere Anforderung annehmen. Von Neros eigener Legion wissen wir, dass diese sogar sechs Fuß groß sein mussten, also ca. 1,80 m. Wir dürfen nicht vergessen, dass es ihre wichtigste Aufgabe war, die Sicherheit des Princeps zu gewährleisten. Es ist also logisch, dass dieser sich der besten Soldaten versicherte, sowohl in Friedenszeiten als auch auf Feldzügen. Ihre Ernennung und Beförderung behielt sich der Princeps persönlich vor. Darüber, dass der Princeps Ungewöhnliches von ihnen forderte, waren sie sich bewusst. So ist es bezeichnend, dass Tiberius´ Sohn Drusus im Jahre 14 n. Chr. zusammen mit den Prätorianern eine Meuterei der Legionen in Pannonien niederschlug. Niemand, außer der kaiserlichen Garde, hätte es wagen dürfen, gewaltsam gegen die eigenen Leute vorzugehen.
Die Bezahlung
Die Gardisten erhielten deutlich höhere Bezüge als die anderen römischen Soldaten. Sie wurden nach einem System bezahlt, das sesquiplex stipendium genannt wurde, was den anderthalbfachen Sold bedeutet. Zur Zeit des Augustus bekamen Legionäre 225 Denare als Stipendium, die städtischen Kohorten in Rom 375 und die Prätorianer 750 Denare. Die Zahlung erfolgte dreimal im Jahr, im Januar, Mai und September. Laut Tacitus soll ein Prätorianer zur Zeit des Tiberius sogar zwei Denare täglich bekommen haben, wo hingegen ein gewöhnlicher Legionär nur mit 10 As auskommen musste. Hiervon hatte er noch Bekleidung, Waffen und Zelt zu bezahlen. Der Denar besaß den Wert von zehn Assen und war durch die Wertzahl X gekennzeichnet. Somit hätte ein Prätorianer sogar den doppelten Sold erhalten. Das stimmt auch mit dem folgenden Zitat aus Cassius Dio, Buch 53, 11, 5) überein:
„Und sogleich erwirkte er (Augustus) einen Beschluß, wonach seine Leibgarde doppelt so viel Sold wie die übrigen Soldaten empfangen sollte, damit er über eine zuverlässige Wache verfüge.“
Domitian erhöhte das Stipendium der Prätorianer auf 300 (drei Zahlungen, also insgsamt 900 Denare), Commodus auf 375, Severus auf 500 und Caracalla auf 700 Denare. Zu besonderen Anlässen erhielt die Garde vom Kaiser ein donativum. Seit der Erhebung von Claudius durch die Prätorianer beanspruchte die Garde geradezu das Gewohnheitsrecht, beim Regierungsantritt eines neuen Kaisers mit einem donativum beschenkt zu werden. Dieses machte mindestens den fünffachen Jahressold aus. Wenn ein Prätorianer in den Ruhestand ging, erhielt er 20.000 Sesterzen (5.000 Denare), ein Landgeschenk und ein Diplom.
„Die Soldaten waren über die dürftigen Belohnungen, die man ihnen wegen der damaligen Kriege gewährte, höchst ungehalten, und keiner wollte mehr über die normale Dienstzeit hinaus bei der Truppe bleiben. So beschloss man, jedem Angehörigen der Prätorianergarde nach 16 Dienstjahren 20.000 Sesterzen und den restlichen Soldaten nach zwanzig Dienstjahren 12.000 Sesterzen auszubezahlen.“
(Cassius Dio 23, 1 (5 n. Chr.)
Viele verpflichteten sich neu und wählten den Wechsel zu