Leben aus dem Sein. Radhe Shyam. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Radhe Shyam
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Эзотерика
Год издания: 0
isbn: 9783946433279
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mit dem hinten aufgeladenen Gepäck durch die geschäftigen Einkaufsstraßen zu dem bescheidenen Laden von Trilok Singh, einem Getreide- und Gemüsehändler und einem großen Schüler von Babaji. Von hier aus starteten die meisten Besucher ihre letzte Reiseetappe nach Haidakhan. Bei unserer Ankunft stand ein Jeep bereit, um Swamiji und andere aus der Gruppe das Tal hoch bis zum Ende der Straße zu fahren, zu einem Ort, der als "Dam site" bekannt ist.

      Der Jeep fuhr langsam an den Hügelketten des Flusses entlang, und ich war wie bezaubert von der Schönheit dieser Gegend. Die meisten Berge waren mit Pinien bewachsen, und hier und da hatten Familien über Jahre hinweg Hügelterrassen angelegt, die zu dieser Jahreszeit dunkelgrün vom Getreide oder Gemüse leuchteten. Am Rande der Felder standen Steinhäuser mit roten Blechdächern und Schuppen, vor denen Ochsen und Büffel herumlagen. Über unsere Köpfe flogen Adler hinweg, eine Affenfamilie floh durch die Bäume, als der Jeep sich näherte. Unten, im breiten steinigen Tal, floss ein zahmer Fluss träge in einem oder zeitweise sich verzweigenden Armen in einem fast ausgetrockneten Flussbett talwärts dahin. Von Juli bis September je­doch verwandelt sich der Strom nach dem Monsun in einen rasenden Dämon, dann ist auch der Zugang zum Tal von Haidakhan versperrt.

      In den Siebziger Jahren beschloss die indische Regierung, einen Damm am Taleingang zu "Babajis" Gautama Ganga, dem Fluss, der durch den Ashram fließt, zu erbauen, um die Wasserversorgung der Städte und Dörfer in der Ebene zu gewährleisten. Damals wurde eine Straße zum "Dam Site" gebaut, die den Bauern des Tales sehr zugute kam. Aber trotz der alljährlich anrückenden Arbeitstruppe an der "Site" und einer Einweihungsrede der Premierministerin Indira Gandhi wurde der Bau nie in Angriff genommen. Es scheint auch, als würde nichts weiter geschehen, seitdem Ingenieure die Bröckeligkeit des Felsgesteins bemerkten. Es würde abrutschen und einen Damm nicht tragen können. Außerdem würde die monsunbedingte Erosion das Wasserreservoir binnen zehn oder fünfzehn Jahren mit Schlamm füllen. Doch das Projekt brachte dringend benötigte Arbeitsplätze und Buslinien ins Tal und es entstanden kleine Teebuden, wo Reisende von und nach Haldwani und nach anderen Städten sitzen können, während sie auf die wenigen Busse warten.

      Unser Jeep hielt am "Dam site", und wir legten die fehlenden drei oder vier Meilen nach Haidakhan zu Fuß zurück. Leute aus den Dörfern trugen unser Gepäck für zehn Rupies, etwa 3 DM, - ein Preis, der damals von Shri Babaji festgesetzt wurde und auf dem er bestand, um den Dorfleuten ein angemessenes Einkommen zu verschaffen und sie davon abzuhalten, an naive Reisende, die jeden Preis gezahlt hätten, überhöhte Forderungen zu stellen. Auf unserer Wanderung durch das Flusstal zählte ich einundzwanzig Flussüberquerungen, manche knöchel- andere knietief. Während unseres Marsches trafen wir Talbewohner auf dem Weg zur Busstation, Hunde bellten uns an, und so­bald wir uns den Häusern näherten, kamen Kinder herausgelaufen und riefen uns "Bhole Baba ki Jai!" zu, "Heil dem einfachen Vater!". Das Gefühl, nach Hause zu kommen, war stark, trotz der Fremdheit der ganzen Szenerie und Kultur.

      In Sichtweite des Ashrams, ungefähr eine Viertelmeile flussabwärts, befindet sich eine Insel im Flussbett, auf der ein Baum wächst. Die Legende erzählt, dass Gott Shiva seine Gefährtin Sati zu dem Berg brachte, der hinter der Insel ansteigt und der in der Umgebung als Berg Kailash bekannt ist. Sati pflegte sich bei dieser Insel zu baden. Der Gipfel des Kailash und die Höhle an seinem Fuß werden mit Shivas tausendjähriger Buße (Meditation und andere spirituelle Praktiken) zugunsten der Menschheit in Verbindung gebracht. Jetzt steht dort auf der Insel ein orangefarbener Hanuman - ein Gott13 in Affenform, der zur Erde kam, um Rama und seiner Gefährtin zu dienen - der Pilger und Reisende segnet und willkommen heißt.

      Ich war verwirrt von der Anzahl der indischen Götter und Heiligen, mit der mich die hinduistische Kultur bekannt gemacht hatte, und fragte mich, was ich mit Hanuman anfangen sollte. Ich erfuhr dann, und später immer wieder, dass trotz Hunderten von identifizierbaren, geschichtlichen Göttern, Göttinnen und Dämonen in der indischen Kultur und Religion die Heiligen Schriften und die gelehrten Hindus fest behaupten, dass "Gott eins ist, Nichts kommt ihm gleich."14 Die Vielfältigkeit der Göttinnen und Götter hat ihren Grund in der Bemühung, die vielen Aspekte des einen formlosen Gottes aufzuzeigen und ihnen eine Gestalt zu geben sowie die Gesetze, denen das Universum unterliegt, wie Schöpfung, Erhaltung und Zerstörung (Reinigung) zu illustrieren und zu personalisieren. Wenn man den Aussagen der Vergangenheit und Gegenwart glauben schenkt, dann erscheint das Göttliche aufrichtigen Gläubigen in der Gestalt, die sie verehren und erwarten. Hanuman, bekannt für seine Stärke, aufrichtige Verehrung und seinen Dienst an Gott (als Rama) ist in ganz Indien sehr beliebt, auch bei Shri Babaji und seinen Schülern.

      Unsere Reise durch das Tal endete mit dem Erklimmen der sogenannten "108 Stufen" des Ashrams. In Wirklichkeit sind es vom Flussbett aus gerechnet bis zum Tempelgarten einige mehr, aber 108 hat eine spirituelle Bedeutung. In der Nähe der Stufen stand ein einstöckiges Gebäude, in dem zur Treppe hin ein Büro und ein kleines Schlafzimmer für Swami Fakiranand untergebracht waren. An seiner Rückseite befand sich ein kleiner Raum, in dem Shri Babaji schlief und Besucher empfing. Vor Shri Babajis Zimmer lag eine Terrasse aus Zement, auf der ein alter Pipal-Baum wuchs und sich eine Feuergrube befand, an der Babaji - wenn er in Haidakhan war - jeden Tag im Morgengrauen eine Feuerzeremonie abhielt. Die Terrasse, von dem großen Baum beschattet, bot Aussicht über das Tal und das kleine Dorf Haidakhan.

      Margaret und ich verbrachten zehn Tage im Haidakhan Ashram. Wir lebten ganz einfach und befolgten den Tagesablauf, den Shri Babaji bestimmt hatte. Wir standen um vier Uhr in der Früh auf, gingen im Fluss baden bei Temperaturen, die sich um 5 Grad Celsius bewegten. Es folgte eine gute Stunde Meditation mit anschließendem heißen Tee vor dem einstündigen Arti zum Sonnenaufgang. Der Ashram bot kein Frühstück an. Eine Mittagsmahlzeit wurde für einen einfachen Lebensstil als ausreichend angesehen, doch Shri Babaji versorgte uns auch am Abend mit einem Abendessen und verteilte häufig Früchte, Nüsse und Süßigkeiten, oder er veranstaltete Tee-Parties, so dass niemand hungrig war. Die an das Frühstück gewöhnten westlichen Schüler fanden sich in den Tee-shops des Dorfes zu Getreideflocken, Büffelmilch oder Käse mit Keksen ein. Dann gingen wir an die Arbeit.

      Shri Babaji lehrte, dass Arbeit, ohne selbstsüchtiges und persönliches Motiv dem Göttlichen gewidmet und in Harmonie mit der ganzen Schöpfung ausgeführt, die höchste Form des Gottesdienstes ist. Sie ist ebenfalls ein Mittel der Reinigung, transformiert innere Negativität und Feindseligkeit und öffnet den Menschen für spirituelles Wachstum. Diese Einstellung zur Arbeit wird Karma Yoga genannt, und in diesem Sinne wurde morgens und nachmittags gearbeitet. Zu jener Zeit bestand unsere Arbeit darin, die Terrasse am rechten Ufer des Gautama Ganga zu erweitern. Dort waren schon vier kleine Tempel errichtet worden und zwei weitere im Aufbau. Männer und Frauen nahmen mit Pickeln und Schaufeln den Abhang gemeinsam in Angriff und trugen das Erdreich in geflochtenen Körben oder in den metallenen Schüsseln ab, die indische Arbeiter gewöhnlich auf dem Kopf tragen. "Den Berg zu versetzen" schien mit diesen einfachen Geräten unmöglich zu sein, aber der Ergebnis war von Woche zu Woche, ja sogar von Tag zu Tag deutlich sichtbar. Geduld war eine der Tugenden, die Shri Babaji durch Erfahrung lehrte.

      In der Mittagszeit beendeten wir die Arbeit, wuschen uns im Fluss und setzten uns anschließend in die warme Sonne auf der betonierten Terrasse vor der Ashramküche zum Essen nieder. Eine halbe Stunde blieb zum Ausruhen übrig, dann ging es bis kurz vor Sonnenuntergang an die Arbeit zurück. Danach wuschen oder badeten wir uns wieder, bis es Zeit wurde, am Abend-Arti teilzunehmen. Nach dem Gottes­dienst servierte die Küchenmannschaft das Abendessen, normaler­weise Reste vom Mittagsmahl, aber gelegentlich auch etwas frisch Gekochtes. Abends um zehn Uhr sollten nach den Ashramregeln die Lichter gelöscht werden, aber nach dem Abendessen gab es immer so viel zu bereden, dass die Unterhaltungen nur durch die Müdigkeit beendet wurden.

      Kurz nach dem plötzlichen Tod meiner Frau Jackie Ende Oktober 1978, sie war unerwartet an einem Bienenstich gestorben, war Margaret in Washington in mein Haus gekommen. Margaret unterrichtete damals transzendentale Meditation und suchte einen Job und eine Unterkunft. Ich war zu dieser Zeit in einem Team des Außenministeriums, das den Vertrag für den Bau einer neuen amerikanischen Botschaft in Moskau aushandelte, und ich brauchte einen Haus- und Katzenbetreuer, da ich um Weihnachten 1978 ständig hin- und herreiste. Als meine Reisen beendet waren, bemerkte ich immer mehr, wie bezaubernd und hilfreich Margaret war und so fragte ich sie eines Tages, ob sie mich heiraten