Der 4. September beginnt für Viktor Orbán mit einem außerordentlichen Treffen der Visegrád-Gruppe in Prag. Die Premierminister Tschechiens, der Slowakei und Polens stärken ihm den Rücken in der Flüchtlingskrise – und versprechen den Westbalkanstaaten Unterstützung beim Grenzschutz. In Wien empfangen Werner Faymann und sein Kanzleramtsminister Josef Ostermayer den ungarischen Botschafter János Perényi. Der österreichische Kanzler regt die Einrichtung von Hotspots an der serbisch-ungarischen Grenze an. Doch das ist undenkbar für Ungarn. Über eine Verteilung ließe Ungarn grundsätzlich mit sich reden, aber erst, wenn die EU die Kontrolle über ihre Außengrenze zurückgewonnen habe. Faymann fragt, wieso so wenige Leute in Ungarn Asyl bekommen. Das sei einfach, antwortet der Botschafter: „Die Migranten ziehen weiter, nachdem sie den Antrag gestellt haben, und sie festzuhalten, ist nicht erlaubt.“ Es ist ein gutes Gespräch, auch wenn die Meinungen weit auseinandergehen. Man beschließt, in Kontakt zu bleiben.
Perényi, der als Kind selbst nach Schweden geflüchtet war, geht davon aus, dass es sich um eine vertrauliche Unterredung handelt. Doch Faymanns Büro gibt danach eine Presseaussendung in ermahnendem Ton heraus: „Ungarn hat eine Registrierungspflicht. Es soll Flüchtlinge menschlich behandeln und es soll sich dafür einsetzen, dass es eine verpflichtende Quote gibt.“ Über die Flüchtlinge vor dem Keleti-Bahnhof sprechen der Botschafter und der Kanzler nicht. Doch bald wird die ganze Welt darüber reden. Um ungefähr 13 Uhr brechen Hunderte Flüchtlinge vom Bahnhof auf, mit Ikea-Säcken und Tragetaschen. Eine bunte Truppe. Sie sind den weiten Weg von Syrien, dem Irak, Afghanistan, Pakistan oder dem Iran bis hierher gekommen. Sie wollen nicht länger in Budapest, umringt von Polizisten, auf einen Zug nach Deutschland warten. Sie nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Sie setzen sich in Bewegung – und schreiben damit Geschichte.
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