Sie verabschiedeten sich und gingen noch mal kurz zu Marias Eltern.
„Wann dürfen wir morgen kommen, Mamma?“, fragte Maria.
„Von mir aus könnt ihr gleich nach dem Aufstehen kommen. Dann frühstücken wir zusammen.“
„Gut, dann bis zum Frühstück“, sagte Wolfram.
Daraufhin verabschiedeten sie sich und gingen mit ihren Kindern zurück zum Hotel. Unterdessen unterhielten sich Olaf und Ivonne noch einige Zeit über Wolfram und Maria.
„Manchmal kommt es mir so vor, als ob dieser Wolfram bei Maria unterm Pantoffel steht. Hast du nicht gesehen, wie sie diskutiert, ohne ihn zu fragen?“, meinte Olaf.
„Das kann ich mir nicht vorstellen“, sagte sie. „Wolfram ist bestimmt nicht der Mensch, der sich unterdrücken lässt. Maria hat mir erzählt, wie er mit Kjeld umgegangen ist. Ich glaube eher, dass Wolfram ein Mensch ist, der genau weiß, was er will. Maria meinte mal zu mir, dass man bei ihm immer auf Überraschungen gefasst sein muss. Aber dass er unter ihrem Pantoffel steht, kann ich mir nicht vorstellen. Ich denke, dass es das ist, was er vorhin sagte, als er davon sprach, dass viele Deutsche ihre Frauen gleichberechtigt sehen.“ Dabei sah sie ihren Mann sehr vielsagend an.
„Bei ihnen mag das vielleicht gehen“, verteidigte sich Olaf. „Aber hier ist alles anders. Weißt du, was die Leute im Dorf sagen, wenn ich das so mache, wie Wolfram erzählt hat?“
„Glaubst du? Ihm nimmt man das nicht übel. Wenn du mal genau hinsiehst, dann kannst du erkennen, dass dieser Sven aus dem Hotel mit Andrea ähnlich umgeht wie Wolfram mit Maria. Ist dir das noch nicht aufgefallen?“
„Ja, schon, aber ich weiß ja nicht, wie er war, bevor er Andrea kennengelernt hat.“
„Maria hat mir erzählt, dass er durch den Urlaub in Deutschland so geworden ist. Ich bin schon richtig gespannt auf Deutschland. Wolfram hat doch gesagt, dass seine Firma uns einladen wird.“
„Vielleicht, hat er gesagt. Und wenn du dann auch so aufmüpfig wirst, dann überlege ich es mir noch, ob ich euch mitnehme“, sagte Olaf mit einem spitzbübischen Lächeln im Gesicht.
Ivonne übersah das einfach und meinte: „Ich denke nicht, dass sich Andrea verändert hat. Eher denke ich, dass Sven sich dort in Deutschland geändert hat. Vielleicht leben sie gar nicht so weltfremd, eben nur anders. Ich bin so froh, dass du jetzt auch im Winter Geld verdienen wirst und wenn das mit dem Ferienhaus irgendwann losgeht, werde ich für die Touristen so viel Essen machen, wie sie wollen. Stell dir mal vor, ich mache für sie täglich Frühstück und Abendbrot. Das sind am Tag 150,- Kronen. Das Ganze einen Monat lang, dann sind es 4.500,- Kronen. Und wenn sie Mittag essen, kommt noch etwas dazu. Olaf, stell dir das nur mal vor.“
Olaf nickte und meinte: „Meine 4.500,- Kronen kommen ja noch dazu. Ich glaube, ich werde Wolfram wohl mehr zuhören müssen. Ohne ihn hätten wir das alles nicht. Wer hätte das gedacht, dass gerade ein Deutscher uns und den anderen hier im Dorf so hilft.“
„Ja, Olaf. Vielleicht sind sie doch anders, als wir immer dachten.“
Am Freitag gingen Maria und Wolfram mit ihren Kindern nicht im Hotel frühstücken, sondern wie verabredet bei Mamma im Dorf. Sie hatte Geburtstag. Von Sven bekamen sie einen Beutel mit frischen Brötchen aus der Hotelküche und einen großen Strauß Blumen, den Sven aus Bergen mitgebracht hatte. Dann gingen sie in die Tiefgarage und fuhren mit ihrem Leihwagen rüber ins Dorf.
Am Haus von Marias Eltern stellten sie das Auto ab und gratulierten erst einmal der Mamma und Oma. Dann wurde sie von allen einzeln umarmt, bekam den Blumenstrauß und die frischen Brötchen fürs Frühstück.
„Die Brötchen hätten nicht sein müssen. Ich habe extra Brot aufgeschnitten.“
„Mamma“, sagte Maria, „wann habt ihr schon mal die Möglichkeit, frische Brötchen zu essen?“
Annefried lächelte glücklich. Ihre Tochter hatte ja so recht. Als die Brötchen auf den Tisch kamen, freute sich sogar Kjeld. Auch Andrea war begeistert. Und so aßen sie alle und hörten erst auf, als kein Brötchen mehr da war.
Wolfram entschuldigte sich mit den Worten: „Ich muss bloß mal kurz rüber zu Olaf. Das dauert höchstens zehn Minuten.“ Und schon hatte er das Haus verlassen.
„Schade, dass Wolfram auch heute arbeiten muss. Es ist doch mein erster Geburtstag, den ich mit ihm feiere“, sagte Annefried traurig. Maria lächelte, wusste sie doch, weshalb Wolfram gegangen war.
Kurz darauf klopfte es an die Tür. Annefried öffnete und herein kamen Wolfram und Olaf mit einer Waschmaschine in der Hand. Die Mamma machte große Augen und wusste nicht, was das bedeuten sollte.
„Das ist unser Geburtstagsgeschenk für dich“, sagte Maria von hinten.
„Für mich … eine neue Waschmaschine … ihr seid verrückt. Wie könnt ihr nur so viel Geld ausgeben?“
„Aber Mamma. Sie ist aus unserer Firma und im Werksverkauf ist sie wesentlich günstiger“, versicherte Maria.
„Ach so!“, entfuhr es ihrer Mutter.
Nun drängelte Wolfram: „Wo sollen wir die Waschmaschine hinstellen? Sie ist schwer.“
„In den Keller, wo unsere alte steht.“
Olaf und Wolfram trugen sie vorsichtig in den Keller und stellten sie ab. Dann rückten sie die alte zur Seite und schlossen die neue Waschmaschine an. Zum Schluss trugen sie die alte hoch und stellten sie vors Haus. Sven kannte eine Familie im Dorf, deren Waschmaschine schon seit Wochen kaputt war, und für eine neue war kein Geld da. Ihnen wollte er Bescheid sagen, dass sie diese Maschine bekommen konnten.
Wolfram ging wieder ins Wohnzimmer zurück und gab der Mamma die Bedienungsanleitung. Diese war zwar nicht auf Norwegisch, aber das Deutsch stellte in diesem Haus ja kein Problem dar. Marias Mutter saß im Sessel und musste sich erst an den Gedanken gewöhnen, dass sie jetzt eine neue Waschmaschine hatte. Sie blätterte in der Beschreibung und stutzte plötzlich. „Was bedeutet integrierter Trockner?“
Maria sprang ein. „Das heißt, dass diese Waschmaschine die Wäsche auch gleich trocknet. So musst du sie nur kurz aufhängen und dann ist sie bügelfertig. Das ist sicher auch für Andrea interessant.“
„Aber Andrea wohnt doch seit diesem Jahr bei Sven“, sagte ihre Mutter.
„Daran habe ich gar nicht gedacht. Du hast ja recht. Aber ihr Büro muss sie ab und zu besetzen.“
„Das habe ich schon mit Sven abgesprochen“, sagte Andrea. „Er bringt mich früh und nimmt mich abends wieder mit zurück. Sicher werde ich nicht jeden Tag hier sein können, aber öfter. Wenn ein Telefonanruf kommt und ich nicht da bin, gehen Mamma oder Pappa ran und sagen Sven im Hotel Bescheid. Dann komme ich am nächsten Tag. Reicht das so, Wolfram?“, fragte Andrea etwas bange.
Doch dieser nickte nur und lächelte. Natürlich wollten Andrea und Sven nach der Hochzeit zusammenwohnen. Das war doch verständlich.
Annefried blätterte immer noch in der Beschreibung. Vieles von dem, was diese neue Waschmaschine konnte, war neu für sie. Dass Maria und Wolfram ein Spitzenmodell aus ihrer Produktion ausgewählt hatten, wusste hier niemand. Wolfram hatte vor Tagen zu Maria gemeint, dass wäre besser so.
Maria ging mit ihrer Mutter und Andrea noch einmal in den Keller und erklärte anhand der Beschreibung, was die Waschmaschine alles konnte. Andrea war begeistert. Für ihre Mutter war das alles noch etwas befremdlich. Maria selbst hatte in ihrem Haus in Sonnenberg ein ähnliches Modell gehabt, deshalb war ihr vieles vertraut. Nur konnte ihre in Sonnenberg nicht so viel wie diese neue Maschine.
Wolfram fragte