Als uralte Schalter demontiert wurden, fiel Frank-Peter die kyrillische Schrift auf. „Da siehst du mal“, sprach Thilo Eckert, dem er das Typenschild zeigte, „da heißt es immer, die Russen haben als Reparationen alles weg geholt, hier haben sie sogar geliefert!“ Ein Irrtum, wie sich bei genauer Betrachtung des Typenschildes heraus stellte. Es handelte sich ein Erzeugnis des Stalin Werkes in Berlin-Treptow.
Die Typenschilder der demontierten Schalter in deutscher und kyrillischer Schrift
Von vier Schaltern war ein Typenschild in deutscher Sprache, drei in russischer. Das bedeutet, dass dort Produkte vor allem als Reparationsleistung für die Sowjetunion hergestellt wurden und ein Teil der Produktion seinerzeit für die Kunstschule abgezweigt worden war. Der Freitag war gekennzeichnet von Stemmarbeiten mit dem Bohrhammer. Obwohl der Schutt gleich zusammengekehrt wurde, zog eine gewaltige Staubwolke durch den 800 Meter langen Quergang. Jeder Schritt aus diesem Areal heraus zeichnete eine weiße Fußspur, die jeden Kriminalisten begeistert hätte. Aber hier nicht. „Du wirst am Montag bestimmt vom Bauleiter etwas zu hören bekommen“, sprach Frank-Peter zu Marco Rechenberger. Der zuckte mit den Schultern. „Als man hier den Putz abgehackt hat, war mit Folie eine Staubschutzwand errichtet worden. Vielleicht machen wir das auch. Aber jetzt ist schon der größte Teil der Wandschlitze gestemmt“. Nicht ganz, wusste Frank-Peter. Es kam noch einiges auf die Kollegen zu. Aber das mussten sie ohne ihn erledigen.
10. Rückzahlung eines Knöllchens!
Frank-Peter ist ein Wunder widerfahren, dass kaum zu fassen ist.
Eines Tages Mitte April flatterte Frank-Peter ein Strafbefehl (Knöllchen) ins Haus. Das Auto war auf seine Frau zugelassen, also war es erst einmal an sie adressiert. In der Begründung stand, dass das Fahrzeug am 08. März in der Gottschedstraße 23 verkehrswidrig geparkt wurde. Nach sechs Wochen kann man schlecht jeden Schritt nachvollziehen und weil Frank-Peter den Behörden in dieser Beziehung nicht über den Weg traute, vor allem wegen einer integrierten Drohung auf der Rückseite des Schreibens hat Frank-Peter den Widerspruch nicht gewagt und zähneknirschend bezahlt. Ein Widerspruch zu diesem Zeitpunkt hätte im ungünstigsten Fall den Weg vor ein Gericht eröffnen können. Das wiederum ist mit Zeit und vielleicht auch mit erneutem finanziellem Aufwand verbunden. Beides Dinge, über die Frank-Peter nicht verfügte. Außerdem waren gleich zwei Polizeiobermeister als Zeugen benannt worden. Für Frank-Peter war das ärgerlich, denn solche Sonderausgaben versuchte er seit Jahren zu vermeiden. Allerdings ist manchmal eine unklare Beschilderung oder eine ungünstige Warteposition, während die Ehefrau zum Beispiel in der Apotheke ein Rezept einlöst, eine Ursache, dass Vorschriften auch von Frank-Peter nicht erkannt oder schlichtweg ignoriert werden. Die angegebene Adresse hat ihm aber keine Ruhe gelassen, insgeheim ahnte er schon eine Verwechslung mit seiner Adresse. Spät, vielleicht zu spät suchte Frank-Peter dann diese beschriebene Stelle auf und musste feststellen, dass er in diesem Teil der Gottschedstraße seit Jahren nicht mehr mit dem Auto eingefahren war. Dieser Straßenabschnitt zwischen Käthe-Kollwitz-Straße und Thomasiusstraße ist eine so genannte verkehrsberuhigte Zone, das heißt, von einer Richtung (Thomasiusstraße) ist das Einfahren durch das Verkehrszeichen 267 nicht gestattet, allerdings auch nicht das Ausfahren in Richtung Käthe-Kollwitz-Straße. Im Bereich ab Gottschedstraße 17 ist auf beiden Seiten Parken erlaubt, rechts schräg zur Fahrtrichtung, links längs zur Fahrtrichtung. Es würde schon an Dummheit grenzen und auch akrobatische Aktionen erfordern, wenn er an dieser beschriebenen Stelle auf der linken Fahrbahnseite falsch geparkt haben sollte. Schon anhand dieser Tatsache entbehrt die Beschuldigung jeder Grundlage.
Lange überlegte Frank-Peter, was er unternehmen könnte. Es wurmte ihn mächtig, voreilig bezahlt zu haben. Wenn er aber niemals in dieser Straße mit dem Auto war, ist dann die Behauptung der „beiden“ als Zeugen genannten Polizeiobermeister nicht Falschbeurkundung zu seinem Nachteil? Als erstes schrieb Frank-Peter eine Beschwerde an das Ordnungsamt über die Art und Weise der Erlangung von Verwarngeldern und als zweites erstattete er eine Anzeige bei der Polizei wegen Falschbeurkundung. Daraufhin bekam seine Frau einen Anruf vom Polizeichef. Es war schon bühnenreif, was sich dann abspielte. So teilte der Chef der Polizei mit, dass es sich bei den angegebenen Zeugen nicht um zwei Polizisten handle, sondern um einen, wo man den Vornamen mit POM (Polizeiobermeister) und den Familiennamen erneut mit POM angegeben hatte. Diesen hatte man befragt und dabei feststellen müssen, dass es tatsächlich eine Falscheingabe gewesen sei, der richtige Ort ist die Straße, in der Frank-Peter wohnt. Der Tatvorwurf bleibt allerdings bestehen. Man werde eine Ortsbesichtigung vornehmen und sich dann gegenüber der zentralen Bußgeldstelle positionieren und auch seiner Frau eine Antwort zukommen lassen. Der Polizeichef äußerte sich noch besserwisserisch, dass die Bezahlung eines Verwarngeldes als Eingeständnis zu werten sei und eigentlich damit alles erledigt sei. Auch die Straße, in der Frank-Peter wohnt, ist eine verkehrsberuhigte Straße, eine „halbe“ Einbahnstraße.
Der ominöse Anhörungsbogen mit der „falschen“ Straße und „zwei“ Zeugen, wobei einfach der Vorname und der Familienname eines POM separat verwendet wurden
Immer wieder erhalten Einwohner von einem diensteifrigen Polizisten, vielleicht sogar von demselben, Knöllchen, wenn sie aus Richtung der einzig einzufahrenden Seite links parken, nicht aber von den allgegenwärtigen Politessen. Alle diese Knöllchen wurden bisher nach Protest der Anwohner zurück genommen.
Einige Tage später erreichte Frank-Peter ein Schreiben der Polizei. Darin wurde amtlich festgestellt, dass man eine Ortsbesichtigung gemacht hätte und außer der falsch angegebenen Straße hält man am Tatvorwurf des falschen Parkens fest. So ein Schreiben kam dann auch vom Ordnungsamt, allerdings wieder mit den zwei Polizeiobermeistern als Zeugen. Frank-Peter hatte die Sache insgeheim aufgegeben und wollte es dabei belassen. Um sein Gewissen zu beruhigen, verfasste er ein letztes Schreiben an die Bußgeldbehörde:
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit lege ich Widerspruch gegen die Verwarnung gemäß Ihrem Schreiben vom 04. 05. 2010 ein.
Die irrtümliche Bezahlung der Gebühr basierte auf falschen Angaben, die Sie in Ihrem Schreiben bestätigen. Die gleiche Bestätigung habe ich auch von der Polizeidirektion erhalten. Damit ist Ihre auf dieser Basis ausgesprochene Verwarnung nichtig. Ich halte es für nicht vertretbar, wenn Sie eine auf offensichtlich falschen Angaben bestehende Verwarnung gegen eine andere vermeintliche Ordnungswidrigkeit aufrechnen.
Zudem ist in Ihrem Schreiben selbst wieder eine Unkorrektheit, die den Eindruck erwecken lassen, dass es sich um zwei POM als Zeugen handelt.
Ich bitte um Rücküberweisung der von mir aus den o. g. Gründen irrtümlich überwiesenen Gebühr sowie um eine Neuzustellung des Bescheides mit der Möglichkeit einer Stellungnahme. Vorsorglich möchte ich darauf verweisen, dass andere Bürger aus meinem Wohnbereich ebenfalls diese auf falschen Daten basierende Verwarnung erhalten haben und auf deren Widerspruch hin Sie das Verfahren eingestellt haben. Bei der Vielzahl mir vorliegender Einstellungen von Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Parken in der Manetstraße der letzten Jahre wäre die Ihnen ebenfalls seit Jahren vorliegende schriftliche Anmahnung einer rechtsverbindlichen Parklösung gemeinsam mit allen daran beteiligten Vertretern angeraten.
Mit freundlichen Grüßen
Zwei Wochen danach kam seine Frau von der