Wenn Sie schwerpunktmäßig phlegmatisch veranlagt sind, wurde Ihnen möglicherweise immer vorgeworfen, Sie seien faul, „trantütig“, eine lahme Schnecke und würden den Hintern nicht hochkriegen. Dass das, was Sie anpacken, auch Hand und Fuß hat, dass man sich hundertprozentig auf Sie verlassen kann, dass Sie eben kein Hans-guck-in-die-Luft sind, sondern mit beiden auf dem Boden stehen – all das wurde nur selten erwähnt. Und so treten Sie sich Ihr ganzes Leben immer nur in den Hintern, fühlen sich schrecklich langweilig und durchschnittlich und ärgern sich, dass Sie nicht so eine Stimmungskanone sind wie Ihre Freundin.
So fühlen sich manche Menschen ihr ganzes Leben lang in ihrer Haut unwohl und arbeiten permanent gegen sich selbst an. Aber das Leben geht viel leichter von der Hand, wenn wir mit uns zusammenarbeiten! Deswegen ist es so wichtig, dass wir zu dem, wie Gott uns eigentlich gemeint hat, zurückfinden. Nur dann können wir mit uns selbst im Einklang leben. Dazu gehört, dass wir Ja dazu sagen, dass wir so und nicht anders sind. Sie dürfen so sein, wie Sie sind! Es ist gut so, wie Sie sind! Versuchen Sie nicht ständig, etwas zu sein, was Ihnen nicht entspricht und mühsam etwas zu produzieren, was gar nicht in Ihnen angelegt ist. Besser ist es, wenn Sie Ihre Energien in Ihre starken Seiten stecken. Und die haben Sie!
Vielleicht kennen Sie folgendes Bild, das eine sehr eindrückliche optische Täuschung in sich birgt: Auf diesem Bild ist ein Frauenportrait abgebildet. Je nachdem, worauf man seinen Blick konzentriert und welche Perspektive man einnimmt, sieht man eine junge, hübsche Frau oder eine alte Greisin mit Hexennase. Je nachdem, worauf man seinen Blick richtet. So ist das auch in unserem Leben. Wir können unseren Blick auf unsere Schwachpunkte und Mängel richten. Wir können uns ständig mit anderen vergleichen, die Eigenschaften und Fähigkeiten besitzen, die wir nicht haben. Wenn Sie Unzufriedenheit und Minderwertigkeitsgefühle in sich schüren wollen, dann ist dies das erfolgreichste Rezept, um schnell zum Ziel zu kommen!
Wir können unseren Blick aber auch auf unsere guten Charaktereigenschaften richten und darauf konzentrieren, diese auszubauen, zu optimieren und für andere einzusetzen.
Wenn Sie beispielsweise ein eher phlegmatisches Temperament haben, dann sind Sie in einer Gruppe sicher nicht die Initiativste, mit tollen, kreativen Ideen, und sind sicher auch nicht der quirlige Mittelpunkt, der die Aufmerksamkeit und die Lacher auf seiner Seite hat. Wenn Sie damit ständig hadern, verpassen Sie und Ihre Mitmenschen etwas ganz Wesentliches: Ihre Ruhe, Ihre Besonnenheit. Ihr bedächtiges Abwägen, Ihre Verbindlichkeit und Treue machen Sie zu einem unverzichtbaren Bestandteil jeder Gruppe und zu einem wunderbaren Gegenüber in einer Beziehung.
Es ist wichtig zu erkennen, dass jedes Temperament neben seinen Stärken auch seine Schwächen hat. An diesen Schwächen gilt es einerseits zu arbeiten, damit sie uns nicht ständig zu Fall bringen, andererseits aber über diese Schwachpunkte auch zu einer entspannten Gelassenheit zu finden. Mir hilft dann immer der Gedanke, dass es andere Menschen neben mir gibt, die die Schwächen meines Temperamentes mit den Stärken ihres Temperamentes ausgleichen. Dafür hat Gott uns zusammengestellt! Ich brauche mit meiner Person gar nicht alles abzudecken, sondern darf mich ergänzen lassen. Ich brauche nur ein kleines Mosaiksteinchen zu sein und muss nicht das ganze Kunstwerk darstellen. Das zu erkennen ist äußerst befreiend und für eine entspannte Lebenshaltung sehr förderlich.
Ich bin ich: Das sind meine Begabungen
Begabungen sind besondere Fähigkeiten, die uns mitgegeben wurden. Auch hier ist schon ganz viel ohne unser Zutun, in unseren Genen, angelegt. Aber mehr noch als bei unserer Persönlichkeitsstruktur hängt hier auch sehr viel davon ab, wie und in welchen Bereichen wir gefördert wurden oder uns heute selbst fördern.
Dass ein Mensch z. B. musikalisch ist, wurde bereits in seinen Genen angelegt. Wir sagen dann: „Das hat er im Blut.“ Oder: „Sie hat die Musik mit der Muttermilch aufgenommen.“ Wir meinen damit, dass dieser Person ihr Können regelrecht zufliegt, während andere mit viel höherem Einsatz und Aufwand noch nicht einmal annähernd gleich gute Ergebnisse erzielen können.
Aber nicht immer kommt eine Begabung auch zum „Ausbruch“. Dass sie sich entfalten und entwickeln kann, hängt auch davon ab, ob wir die Gelegenheit hatten, hier aktiv zu werden und auf die richtige Spur gesetzt wurden. Wenn Sie beispielsweise ein großes schauspielerisches Talent besitzen, aber Ihre Eltern Sie in einen Sportverein gesteckt haben und Sie auch an anderer Stelle nie die Möglichkeit hatten zu schauspielern, dann kann es sein, dass Sie bis heute dieses Talent gar nicht entdeckt haben.
Den eigenen Begabungen auf die Spur zu kommen ist Geschenk und Verpflichtung zugleich. Ein Geschenk, weil es kaum etwas Befriedigenderes gibt als dieses Besondere, was uns mitgegeben wurde, zu entfalten und einer Tätigkeit nachzugehen, die dieser Begabung entspricht. Aber uns selbst in diesem Bereich auf die Spur zu kommen ist auch Verpflichtung: Wir sind dafür verantwortlich, das Bestmögliche aus unserem Leben zu machen und Gutes, das uns anvertraut wurde, nicht einfach verkümmern zu lassen!
Kennen Sie Ihre ganz persönlichen Begabungen, Fähigkeiten und Talente? Oder ist das nicht der Fall? Haben Sie vielleicht manchmal den Eindruck, Sie leben etwas, was gar nicht so recht zu Ihnen passt? Stecken Sie möglicherweise in Arbeiten und Aufgaben fest, die für Sie immer sehr mühsam sind, weil sie gar nicht Ihren Befähigungen entsprechen?
Dann schauen Sie doch mal nach, was da noch so in Ihnen schlummert. Ein guter Wegweiser an dieser Stelle sind unsere Träume und Leidenschaften, Visionen und Themen, für die unser Herz schlägt. Arbeiten, in denen wir so richtig aufgehen, und Tätigkeiten, bei denen wir alles um uns vergessen, sind Zeichen dafür, dass wir uns auf der richtigen Spur, nämlich auf dem Weg zu uns selbst befinden.
Sie können sich selbst auf diese Spur setzen, indem Sie alte Träume und Pläne, die Sie früher, als junger Mensch, hatten, noch einmal hervorholen und noch einmal ganz neue Lebensentwürfe wagen. Seien Sie neugierig, informieren Sie sich und lassen Sie sich inspirieren vom Leben anderer Menschen. Und wenn Sie denken: „Das könnte etwas für mich sein, das passt zu mir!“, dann bleiben Sie dran und klemmen Sie sich dahinter, an dieser Stelle weiterzukommen. Und haben Sie den Mut, einfach mal etwas auszuprobieren! Eines der größten Geschenke unserer Zeit ist die Möglichkeit, auch als Erwachsene noch zu lernen, sich selbst zu fördern und neue Wege einzuschlagen.
Was wollten Sie schon immer einmal gerne tun? Ein Musikinstrument erlernen? Eine neue Sprache sprechen? Künstlerisch tätig werden? Theater spielen? Schreiben? Malen? Den professionellen Umgang mit Computern erlernen oder Ihr Knowhow in anderen technischen Bereichen vertiefen? Eine Sportart ausüben? Einen Garten anlegen? In einer karitativen oder sozialen Einrichtung tätig werden?
Sie sehen: Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt! Begeben Sie sich auf die spannende Suche nach Ihren Begabungen, und nehmen Sie Gott in Ihr Fragen und Suchen mit hinein. Denn er kennt Sie ja am besten und weiß auch am besten, was zu Ihnen passt.
Auch hier geht es wieder darum, dass Sie JA sagen. JA zu Ihrer ganz speziellen Begabung oder Gabenkonstellation. Das, was Sie da bei sich entdecken (oder was Ihnen möglicherweise auch schon längst vertraut ist), mag in Ihren eigenen Augen oder in den Augen mancher Menschen sehr unbedeutend sein. Aber seien Sie sicher, diese Begabung ist wichtig und wertvoll, weil Gott sie in Sie hineingelegt hat und durch Sie und Ihre spezielle Fähigkeit in unsere Welt hineinwirken will. Es ist dann Ihre vorrangige Aufgabe, sich selbst und Ihrer Gabe immer wieder ganz viel Wertschätzung entgegenzubringen.
Vielleicht besitzen Sie aber auch eine besondere, außergewöhnliche Fähigkeit. Etwas, was sich für Sie sehr „speziell“ anfühlt. Sie trauen sich nicht, diese Begabung zu leben, weil Sie sich dann von der Masse abheben und durch das Raster der Normalität fallen würden. Dann lassen Sie sich ermutigen, auch das Außergewöhnliche zu leben. Sie werden innerlich erst zur Ruhe kommen und im Einklang mit sich sein, wenn Sie „Ihr