Yan Chi Gong. Frank Rudolph. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frank Rudolph
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Здоровье
Год издания: 0
isbn: 9783938305768
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      Zuòchán (jpn. zazen) ist eine entspannte Sitz- und Meditationshaltung, durch welche der dāntián trainiert wird. – Wichtig dabei ist, nicht zu denken. Dies ist jedoch ein schwer zu erreichender Zustand. Durch das bewegungslose Sitzen geschieht Folgendes: Das Natürliche übernimmt die Kontrolle über den Organismus und alle ablaufenden Prozesse. Wir geraten zum Kern aller Dinge, werden zur Schöpfung und zum Verfall, erleben Geburt und Sterben, den Anfang und das Ende aller Dinge. Wir können, wenn wir das Denken abstellen und uns dem Unterbewusstsein hingeben, zur natürlichen Selbstheilung zurückkehren. Des Weiteren wird in dieser Haltung der dāntián sehr gut trainiert, er wird tief in den Körper eingezogen. Das wird dadurch durch den gesamten Körper gelenkt. Auch die Atmung reguliert sich auf ganz natürliche, die Gesundheit fördernde Weise.

      Abbildung: Meditation in der Zuòchán-Haltung.

      Auch diese Haltung ist ein ursprüngliches Gōng-Übungsprinzip. Es geht darum, den dāntián tief in den Körper einzuziehen und zu bewegen. Die Körperkanäle werden in dieser Haltung geweitet, so dass alles frei fließen kann. Das gilt für den Atem und das Blut gleichermaßen. Die Embryonalhaltung gehört als Übung zu allen ursprünglichen gōng und deren Übungskonzepten dazu, sei es das dǎoyǐn, das xíngqì oder das liàndān. Auch im Yàn Chí Gōng wird sie mehrfach eingenommen (siehe Seite 190).

      Foto 45: Embryonalhaltung.

      Auch der Handstand ist ein ursprüngliches gōng zur Regulierung des Energieflusses. Durch den Handstand wird der Bauch tief eingezogen. Der gesamte Organismus wird durch diese Haltung gestärkt und gereinigt.

      Bekannt ist diese uralte Übung ebenfalls im Yoga, und Bodhidharma integrierte sie ins Shàolín-Training. Sie war aber bereits vorher in daoistischen Übungskonzepten bekannt.

      Foto 46: Handstand.

      Es gibt zahlreiche, zum Teil außerordentlich wirkungsvolle Übungen, die inzwischen kaum noch bekannt sind. Vieles ist vollständig verloren gegangen und existiert nur noch in Form von Geschichten. Von etlichen Übungen haben sich nur abgeschwächte Varianten erhalten. Zu diesen weitgehend verschollenen Übungen gehören unter anderem das bāduànjǐn (八段锦), das luóhàngōng (罗汉功), das ausgestorbene huǒqìgōng (火氣 功) sowie das shuǐgōng (水功) – das Wasser-Gōng. Das Wasser-Gōng war eine Technik, welche der xiákè Yáng Zuānkuí überlieferte. Er hatte vier Haupt- und einige Nebenschüler, die jedoch im Gegensatz zu den Hauptschülern nicht bei ihm lebten. Meister Xióng Dàomíng, seinen jüngsten Schüler, lehrte er das Yàn Chí Gōng. Seinen kampfstärksten Schüler, Yáng Tiānyou (楊天友), lehrte er das Wasser-Gōng. Jeder Schüler bekam andere Dinge gelehrt, und niemals lernten zwei Schüler das gleiche.

      Niemand beherrscht heute mehr das Wasser-Gōng. Die genaue Übungs- und Bewegungsfolge hierfür ist verlorengegangen. Es bestand darin, mehrere Liter kaltes klares Wasser aus einem Eimer in einem Zug zu trinken. Dann spie man das Wasser in einem konzentrierten, sehr kräftigen Strahl wieder aus. Dieser Strahl konnte Ziegelsteine beschädigen oder gar zerbrechen. Zielte man damit auf Menschen, konnte ein Treffer zumindest Augenschäden verursachen.13

      Bevor man das Wasser trank, musste man seinen Körper und die inneren Organe durch Bewegungen ausrichten und vorbereiten. Beim Ausspucken des Wassers musste man ebenfalls bestimmte Bewegungen durchführen und seinen Körper positionieren. Man musste hierfür seinen dāntián perfekt beherrschen und von ihm ausgehend natürlich atmen können. Vom dāntián aus steuerte man die Wasseraufnahme und das Ausspeien. Im Grunde kann man sich das so vorstellen, als ob man einen schweren Gegenstand auf eine Luftmatratze mit offenem Ventil legt. Die Luft wird komprimiert und am Ventil stark gebündelt ausgestoßen. Beim Wasser-Gōng übernehmen die Muskeln und das Gewebe die Positionierung des Körpers und seiner Glieder, der dāntián und die Atmung die Funktion der Presse.

      In einem Kampf wäre das Wasserspucken wohl schwerlich anwendbar. Aber für die Gesundheit und die Kontrolle des Körpers bis hin zur Kontrolle und Stärkung der Verdauung und aller Funktionen der inneren Organe war die Übung Gold wert. Das gesamte Innenleben unseres Organismus wurde gestärkt. Die Gefäße weiteten sich, wodurch der Fluss besser funktionierte. Der Körper war dadurch in der Lage, seine Kraft vom Inneren heraus vollkommen und flexibel in alle Richtungen zu leiten. Durch das kalte Wasser wurde der Körper zudem von innen her abgehärtet. Mit heutigen Trainingsmethoden trainiert man nur das Korsett des Körpers, mit den klassischen Methoden trainiert und verfeinert man ebenfalls das Innere.

      Es gibt eine interessante Anekdote zum Thema Wasser-Gōng. Wie erwähnt, trainierte der kampfstärkste Schüler von Meister Yáng dieses gōng. Sein ältester Gōngfu-Bruder beobachtete ihn heimlich dabei und versuchte, nachdem er meinte, den Ablauf verstanden zu haben, diese Technik auszuführen. Er schaffte es auch, den Eimer Wasser in einem Zug zu leeren. Aber das Problem war nun, dass er das Wasser nicht mehr herausbekam. Mehrere Liter kalten Wassers waren nun in seinem Inneren gefangen, was eine tödliche Gefahr für den Organismus darstellt, wenn man nicht weiß, wie man es wieder von sich gibt. Für die normale Verdauung ist das einfach zuviel. Zwar erbrach er krampfartig einige Tropfen, doch das meiste blieb in seinem Innern. Xióng Dàomíng und Yáng Tiānyou fanden ihn zusammengekrümmt und stöhnend am Boden liegen. Yáng Tiānyou versuchte seinem Gōngfu-Bruder zu erklären, mit welcher Technik er das Wasser wieder herausbekommen konnte, aber jener verstand es nicht. Er konnte sich nicht einmal mehr erheben. Die Schüler wussten sich nicht mehr zu helfen und holten schnell ihren Meister herbei. Dieser wandte sofort einige lebensrettende Maßnahmen an, und nach einiger Zeit ging es dem Pechvogel wieder besser. Es gab dann natürlich noch eine Standpauke vom xiákè, da er ausdrücklich verboten hatte, dass die Schüler sich untereinander austauschten