Die Brücke, die ihr Gewicht in Gold wert war. Wolfgang Teltscher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Wolfgang Teltscher
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783934900455
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sprang seinem Kollegen hinterher und verschwand ebenfalls in der schlammigen Brühe.

      »Du bist blöd«, sagte Maximilian. »Mir hast du gerade gesagt, ich soll die Ameisen in Ruhe lassen, und jetzt machst du dasselbe mit den Fröschen. Das soll man bestimmt auch nicht tun, vielleicht brüten die gerade.«

      »Du spinnst ja wohl, Frösche brüten doch nicht. Die freuen sich, wenn sie mal zu ihren Weibchen ins Wasser springen können. Aber davon verstehst du nichts. Dafür bist du zu jung.«

      Sie erreichten endlich das Gelände, auf dem ein ehemals stattliches Gebäude am Verwittern ist. Das Anwesen hatte sein Verfallsdatum deutlich überschritten. Es war die Ruine einer Gastwirtschaft. Früher war sie ein beliebtes Wanderziel gewesen, die Besucher genossen den Ausblick ins Rheintal und auf das Siebengebirge bei Kaffee und Kuchen. Davon war heute jedoch nichts mehr zu erkennen, Bäume und Büsche waren unkontrolliert gewuchert, wo bis vor ein paar Jahrzehnten freie Sicht gewesen war. Es gab immer wieder Pläne, das Gebäude wiederzubeleben, aber alle guten Absichten hatten sich durch finanzielle oder andere widrige Umstände nicht realisieren lassen. Als jemand die schöne Idee hatte, hier ein Sanatorium oder eine Kurklinik einzurichten, hatte ihm die Gesundheitsreform einen Strich durch die Rechnung gemacht, weil sich nicht mehr viele Leute eine Kur leisten konnten.

      Bäume und Sträucher hatten die Überreste der Gemäuer, die die Jahre überlebt hatten, mit Wurzeln und Ästen umzingelt. Im Inneren des Gebäudes wucherte die Pflanzenwelt planlos, aber fantasiereich. Moose und Farne hatten sich über verrottete Holzdielen ausgebreitet, ein Paradies für Insekten und kleine Kriechtiere. Wo einst Türen oder Fenster gewesen waren, klafften jetzt Lücken in den Wänden. Die Dächer hatten sich durch Wind, Regen und Frost in Nichts aufgelöst. Nur ein zentraler Turm aus Holz hatte die Zeiten überdauert, machte jedoch den Endruck, als warte er darauf, sich auch zu den Trümmern und Steinhaufen auf den Boden werfen zu dürfen. Obwohl heute die Sonne schien, war hier nur Schatten. Die Blätter der Bäume ließen in dieser Jahreszeit kaum Sonnenlicht ins Innere. Es war feucht und das alte Holz roch vermodert.

      Torsten und Maximilian gingen durch die Öffnung, die einmal die Eingangstür gewesen sein musste. Sie kannten sich aus, sie waren schon einige Mal hier oben gewesen, hatten ihren Eltern aber nie von ihren Abenteuern erzählt. Vor ihnen lag der größte Raum des Gebäudes, das musste das Zimmer gewesen sein, wo früher Gäste bewirtet wurden. Sie schauten sich um. Seit ihrem letzten Besuch schien sich nichts verändert zu haben.

      Dann bekamen sie einen Schreck: In einer Ecke lag ein Mann, er bewegte sich nicht. Vielleicht war er eingeschlafen. Torsten, der etwas neugieriger und mutiger als sein kleiner Bruder war, ging nahe an den Mann heran.

      »Komm, wir gehen schnell wieder, bevor er aufwacht«, flüsterte Maximilian.

      »Der wacht nicht wieder auf, ich glaube, der ist tot«, antwortete Torsten, während er sich über den Körper beugte. Dabei stieß er mit seinem Fuß an das Bein der Person auf dem Boden. Immer noch keine Bewegung, jetzt war er sich ganz sicher, dass der Mann tot war.

      »Lass uns abhauen und Mama und Papa erzählen, dass hier oben einer tot herumliegt«, sagte Maximilian zu seinem Bruder. Ihm war unheimlich zumute, er wünschte sich, er wäre zuhause geblieben oder sie hätten im Garten gespielt. Da fanden sie zwar manchmal tote Mäuse, aber keine toten Leute.

      »Ich weiß nicht, dann schimpfen sie nur wieder mit uns, weil wir hier waren. Dann wird die Mama sagen: Ich habe euch schon hundertmal gesagt, ihr sollt nicht zu der alten Ruine im Wald gehen.

      Und der Papa wird sagen: Ich habe euch schon hundert Mal gesagt, ihr sollt tun, was die Mama sagt. Und der Mann ist sowieso schon tot«, schloss Torsten diesen Punkt ab. Er schubste mit dem Fuß den Ärmel des Toten zur Seite, weil er etwas entdeckt hatte, das ihm gefiel.

      »Guck mal, hier liegt ein tolles Taschenmesser, so eins wollte ich immer schon.« Torsten bückte sich und steckte das Messer in die Tasche.

      »Also abgemacht, kein Wort zu Mama und Papa. Ich will, dass du das schwörst.«

      Maximilian fühlte sich nicht wohl dabei, aber er war seinem älteren Bruder ausgeliefert.

      »Ich schwöre.«

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