Zwischen den beiden Heimaten, bemühte sich die Dichterin, auf ihre Weise und im Rahmen ihrer Möglichkeiten, eine „Brücke der Liebe“ zu errichten, so wie der Titel des nachfolgenden Buches wissen lässt und zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts geschrieben wurde: „Mit goldenen Fäden meiner Liebe verknüpfe ich die Himmel zweier Heimaten. (Buch: „Brücke der Liebe“)
Neben all ihrer tiefen Liebe der Heimat gegenüber, in der sie geboren und aufgewachsen war, schaffte Ljubica Perkman wie kaum eine andere, sich Eigenschaften der neuen Heimat anzueignen: Fleiß und Verantwortung.
In diesem Gedichtband finden zahlreiche neue Gedichte ihren Platz, entstanden nach 2002 bis heute. Dieser Zyklus beginnt mit dem Gedicht „Sonnenuhr“. Eine Sonnenuhr, mit der lautlos die Zeit verrinnt. Minuten, Stunden und Jahre ihrer Kindheit, Schulzeit und kindlicher Spiele. Glückliches Lachen einer barfüßigen Kindheit. Kaum hörbar vergangen, wie der Flügelschlag eines Schmetterlings.
Die fernen Jahre sind bezeichnend für die fast schönsten Augenblicke, wie zum Beispiel, in den Momenten, als „die Nacht erzitterte, Donner und Blitz ließen die Gebirge erbeben“ und ihr geliebtes Celinac erwartete das Morgengrauen, in einem „grauen Schleier“; ihr Celinac, dessen Name ihr die Heiterkeit verleiht.
Auch geschichtliche Themen der Stadt, waren Ljubica Perkman nicht fremd. Eines ihrer Gedichte ist „Zmajevac”. Ein Gedicht über eine alte, illyrische Stadt neben der, viele Jahrzehnte später, die Stadt Celinac entstand. („Zmajevac“) „Es fliegen die Gedanken, in dem alten Zmajevac, hielten inne im Wald an dem rauschenden Wasserfall. Das Wasser spritzt nach allen Seiten im Schatten des Lichtes. Der Geruch von Moos am grünen Berg. Der sagenumwobene Berg, Hüter vieler Geheimnisse… verschüttete Städte, Ruhestätte der Kelten und Illyren. Stille, leise Musik spielt eine ganze Ewigkeit. Der schmale Bergpfad, zugewachsen, überwuchert, schlängelt sich noch immer den Weg hinauf…“
In der gleichen Art und Weise, wurde auch das Gedicht „Alte Mühle“ geschrieben, in dem sich die Lyrikerin daran erinnert, wie einst ihre Mutter sie in den frühen Morgenstunden weckte, um mit ihr gemeinsam zur Mühle aufzubrechen. Sie erinnert sich mit Ehrfurcht auch an die vielen Geheimnisse und Mythen, die sich um den Fluss Vrbanja ranken. (Alte Mühle) „Laut klappert der Mühlstein. Am Wasserfall des wilden, aufgebrachten Vrbanja, schwappt Wasser über den Damm, treibt so das riesige Holzrad an. Donnerhall, schallt von den Bergen. Durch die alten Dielen, des wackeligen Bodens bringen aufgewühlte Wellen Angst in die alte Mühle. Wartend, bis sie an der Reihe ist, wiegt die Mutter mit der alten Balkenwaage den Schweiß. Die großen, dunklen Augen des Kindes beobachten durch die Spalten im Boden das Lauern der Schlange auf die Maus, die genüsslich das Mehl frisst. Der starre Blick des Kindes sieht die gefährliche Schlange und den tosenden Vrbanja.“
Ljubica Perkman hat in ihrem Gedichtband „Ausgesuchte Gedichte“, verschiedene Themen bearbeitet. In der Hauptsache aber, selbst erlebte Erinnerungen. Das Zentrum bildet ihr geliebtes Celinac oder vielmehr die Felder um den glasklaren Fluss Vrbanja in heißen Sommern, barfüßige Kinder und deren Spuren im Staub: („Im Schatten des Tales“) Im Tal herrscht Stille, die Blumen warten, dass die Sonne aufgeht. Die Lerche lässt aus großer Höhe, ihr Lied erklingen. Das Tal erwacht im Schatten, der Fluss wird leise rauschen, während ich alleine auf eine lange Reise gehe! Ich verweile kurz, höre dem Rauschen zu, suchend nach der Insel mit kleinen gelben Blüten…“
Ihre Verbundenheit zur Heimat verfasste sie in harmonischen Versen, ohne großes Ausschmücken, wie es manchmal der Fall bei Autorinnen ist, die ihre Gedichte unnötigerweise chaotisieren. Ganz im Gegenteil. Gleich eines frühlingshaften Hauches, fliegt der Leser durch ihre Verse. Es ist eben jene Reinheit in ihren Gedichten, die diese so wertvoll machen. Und um dies hervorzuheben: „[…] Trostlose Sehnsucht, will mich nicht lassen“… „mein Blick wandert den Weg hinab, der hinter mir zurück bleibt“ … schlummernden Wort, fließt goldenes Wasser, die erhobenen Weiden zeichnen ihr Bild im friedlichen Wasser“.[…]
In ihren Versen schreibt die Autorin diskret, sehr klar und dennoch mit einer Dramatik und intensiven Wärme: „Heute ist so ein trauriger Tag, so grau, erdrückt von der Schwüle, in der ich meine Mutter verlor!“ („Frag nicht“). In einem einfachen, präzisen und natürlichen Stil geschrieben und doch so voller Details. Diese Kombination aus Einfachheit und nostalgischen Emotionen, ruft eine außergewöhnliche Ästhetik hervor. In einer mittellosen, ungeduldigen Zeit und der Leere des modernen Lebens, gibt es eine reichhaltige Fülle von interessanten Themen für Autoren wie Ljubica Perkman. Sie ist eine Autorenpersönlichkeit mit höchstpersönlichem Temperament, starken Gefühlen und einer modernen Sensibilität. Mit unbeirrter Treffsicherheit in der Melodie und einer Leichtigkeit im Wortverständnis.
Etwas zu sagen, was alle wissen, ist einfach. Eine andere Form des Ausdrucks zu finden, wenn möglich mit mehr Originalität und Leidenschaft und aus einem anderen, sehr persönlichen Blickwinkel betrachtet, widmet sich die Autorin eingehend und ist damit sehr erfolgreich. Alles, was in dieser Sammlung gesagt wurde, ist wohl durchdacht, mit viel Verantwortung geschrieben und entstammt der Feder einer Autorin, die über einen großen Lebensschatz und Erfahrung verfügt.
Ihre Verse verbleiben nicht an der Oberfläche, sondern dringen tief ein in das alltägliche und immerwährende Leben mit wertvollen und inhaltlich wichtigen Themen, welches das alltägliche Leben ausmacht. Das Leben sollte man leben und erleben und sie ist der Meinung, dass auch das möglich ist.
Ljubicas Lyrik ist ein unmittelbar aus dem Inneren heraus entstehendes Bedürfnis und unterscheidet sich kaum vom Erlebten oder Erzählten. Sie führt langsam vom Visionären und Ekstatischen zum Konkreten, Bodenständigen. Von einer Erhabenheit, gleichzeitig aber mit einfachen und alltäglichen betonten Subjektiven und Adjektiven. Man kann sagen, dass sie überwiegend eine Autobiografie schreibt, durchgängig mit einem roten Faden zwischen Schmerz und der Dramatik des Lebens, verfasst in poetische Verse mit ureigener Individualität.
Mit betonender Emotionalität beschreibt Ljubica Perkman in ihren Versen eigene Gefühle und Erlebnisse, als ob sie sich der Meinung von Oskar Wilde anschließen wollte. Diesem sagt man nach, dass er Menschen immer dann langweilig fand, wenn sie über andere erzählten, jedoch niemals, wenn sie über sich selbst sprechen.
Ljubica Perkmans Gedichte sind bildhaft und metaphorisch, sie entwickeln sich mit sanften Tönen, einer frühlingshaften Sonne über verschlafenen Wiesen entlang des Vrbanja; als Ziel sich wünschend, dass es dem Leser gefällt!
Prof. Momcilo Spasojevic
Erläuterungen: *Erläuterung zum Wort der großgeschriebenen „Mutter“: Das Wort „Mutter“ wird im Bosnischen immer kleingeschrieben und findet deshalb besondere Beachtung.
Rückkehr in die Kindheit
Der Wind trägt den Geruch von Blumen und Heu,
das abgemähte Feld leuchtet wie auf einer Handfläche.
Im Glanz des Auges schwingt Erinnerung,
bringt mich zurück zu den Tagen meiner reinen Kindheit.
Oft entfliegen meine Gedanken in die Vergangenheit,
beleben mich, spenden neue Kraft;
Ich sehe mich selbst, als ich ein Kind war,
meine Sterne verlieren sich im Glanz.
Fern bin ich den heimatlichen Gefilden;
ahne den Tau der ersten Blütenblätter –
aus dem wundervollen Frühlingshain
höre ich auch jetzt das Lied unserer Vögel.