Drakula gegen Dracula. Andre Lux. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andre Lux
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Юмористическое фэнтези
Год издания: 0
isbn: 9783957446633
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über seine Wangen ausbreitete wie eine dieser japanischen Suppen, wenn er sie mal wieder über seinen Couchtisch verschüttete.

      »Sprechen Sie bitte nicht so viel. Es wird sonst nicht sehr lange dauern, aber ich brauche ein bisschen Zeit. Ich habe da so eine Angewohnheit. Bei lebenden Speisen schmeckt es mir einfach besser, wenn ich die Teile direkt aus ihnen heraus esse und dann erst das Blut konserviere. Nachdem ich natürlich viel davon probiert habe. Ich verkaufe immerhin keinen Mist. So, und nun drehen Sie sich … ach, ich mach es selbst.«

      Mit einem harten Ruck rollte Mister Drake den bewegungsunfähigen Körper von Rüdiger Fitzgerald auf der kalten Eisenplatte um etwa 94 Grad nach links.

      »Ich habe keine Freunde, Mister Fitzgerald. Meine Arbeit beziehungsweise mein Hobby lassen das nicht zu. Ich denke, ich bin zu süchtig danach, mich darin selbst zu verwirklichen. Tut es weh?« Drake reagierte mit dieser Frage auf ein lautes Schreien des Journalisten. »Entschuldigung, ich bin gleich so weit. Ich habe das Meiste schon herausgenommen. Zumindest das, dessen Fehlen Sie noch leben lässt.« Mister Drakes Hand ging zu einer Bohrmaschine, die sorgfältig aufgeräumt neben ein paar verschmierten Instrumenten lag.

      Rüdiger Fitzgerald kamen die Sekunden wie eine Unendlichkeit vor. »Wie bin ich hierhergekommen?« Er sah an seinem Körper herab, der nun an einem Fleischerhaken in einer dunklen Halle hing. Wie ein feuchter Lappen wurde Fitzgeralds blasser, nackter Leib auf einem Hakenkarussell durch den Raum geschwungen. Sein Verstand war nicht mehr dazu in der Lage, die Situation zu begreifen.

      »Mister Fitzgerald, Sie werden jetzt sterben. Aber ich benötige die Show! Wie in jedem anständigen Gruselfilm muss ich Ihnen nun noch sagen, was mein Plan ist. Ich mache das so. Ich habe das schon immer so gemacht und es gehört einfach dazu. Ich muss es quasi tun.«

      Olaf Drake stand inmitten der um ihn herumkreisenden, blutüberströmten Fleischstücke. Die Schlachthalle war riesig. Monströse Gerätschaften, Besteck und Stoffreste befanden sich in jeder Ecke. Hier wurde fachmännisch gearbeitet. An einer Wand befand sich so etwas wie ein großer Bottich, von dem Schläuche wegführten. Ein großer Ventilator rotierte langsam an der Decke und sorgte dafür, dass das grelle Neonlicht immer wieder seinen Eintrittswinkel änderte. Trotz des vielen Blutes und der herumliegenden Kadaver wirkte der Raum sehr steril und hygienisch.

      »Also, das ist so: Morgen Früh werde ich aufstehen, aus einem Sarg heraus. Ganz so, wie es sich eben gehört, und ich werde vermutlich einen Ständer haben. So, wie Sie jeden Morgen, wenn Sie aus Ihrer versifften Koje steigen. Und dann werde ich gottfroh sein, dass ich für die nächsten sechs Jahre vorgesorgt habe. Immerhin verkauft sich der ganze Scheiß doch unheimlich gut, mal vom gesicherten Eigenbedarf abgesehen. Menschen wollen das, sie kaufen das Blut, das ich Ihnen abzapfe. Und wissen Sie, ich muss es tun, so will es die Geschichte. Es ist ein Job: Ich bin Vampir. Das ist das, was ich tue. Klingt irgendwie jedes Mal so, als ob es ein Witz wäre.«

      Drake biss ein großes Stück von einem Schinkenhörnchen ab, während er schmatzend sein Vorhaben erklärte.

      »Ich mache den größten und besten Export mit Blut an allen Posten. Niemand wird das in irgendeiner Weise infrage stellen. Alle wollen sie echtes, frisches Menschenblut. Nicht irgendeinen artifiziellen Mist oder Tierexkremente. Echtes. Scheiß. Blut! Und ja, ich liebe es. Distributor für Blut. So würde meine Stellenbeschreibung heißen. Oder Blut-Consultant. Wollen Sie etwas erfahren? Erst kürzlich hat eine große französische Energiefirma eingekauft. Die kennen Sie. Allein der Aufhänger für diese Story würde Ihnen einen besseren Journalistenjob einbringen, als Sie jemals zuvor hatten. Da ist politische Brisanz drin.«

      Mit einem großen Küchenmesser schnitt Mister Drake ein kleines Stück eines blutigen Organs ab, das vor ihm auf einem Blümchenteller lag. Ein Organ, welches üblicherweise in Rüdiger Fitzgeralds Körper gehörte.

      »Ich lebe hier übrigens allein. Aber ich glaube, Sie fühlen sich einsamer als ich.«

      Drake öffnete den Mund und führte das rohe Stück Fleisch mit dem Messer hinein.

      »Geschmack: geht so. Sie hätten sicher eine bessere Qualität, wäre Ihre Ernährung nur ein klein wenig gesünder gewesen. Ihr Privileg, in vollkommener Freiheit zu leben, hätten Sie ruhig vorausschauender nutzen können.«

      Der Vampir setzte sich nun daran, die einzeln abgeschnittenen, blutigen Stücke in kleine Frischhalteboxen einzusortieren. Akribisch bildete er kleine Häufchen und packte diese wiederum in große Kühltruhen, die sich in der Mitte der herumhängenden, leblosen Körper befanden. Der Klang von aufeinanderprallendem Metall und der Verwendung von Werkzeug hallte durch das grausame Schlachthaus. Fröhlich pfiff Drake ein Lied, während er seiner Arbeit nachging. Irgendwo spielte ein altes Radio alte Folkmusik.

      Rüdiger Fitzgerald wurde schwarz vor Augen. Sein Leben erlosch.

       KAPITEL 2

      »Dreh doch mal leiser bitte, meine Mama ruft gerade an.« Genervt wanderten die Finger der rechten Hand des jugendlich gekleideten Mittzwanzigers zum Regler des Autoradios. Mit der linken hielt er seinen metallicgrünen BMW Z3 in der Spur.

      »Hallo, Mama! Ja … ja, wir sind jetzt fast schon bei Linz. Nein, das kostet mich hier gerade nicht extra viel Gebühren, ich habe eine Flatrate. Auch im Ausland. Nein, das ist in Ordnung, die Leitung geht auch über ganz Mitteleuropa. Ja, sag Grüße. Tschüss.«

      Monika Jensen legte ihr Smartphone umständlich ins Handschuhfach und blickte zu ihrem Partner, Erik Pause, der gerade Mühe damit hatte, einen Drängler am Abbiegen in die Autobahnausfahrt zu hindern. »Wollen wir nicht an einer Raststätte pennen, Schatz?«

      Erik Pause schüttelte den Kopf lässig, nie den Verkehr außer Acht lassend.

      »Ich bin aber schon müde.« Monika legte ihre Hand sanft auf Eriks rechten Oberschenkel.

      Er spürte ihre Finger an seinem Bein entlangstreicheln. Die junge, gut aussehende, zwanzigjährige Frau aus Calw ließ nicht den Hauch eines Zweifels an der Vollkommenheit des weiblichen Wesens. Ihre braungebrannte Haut glänzte im goldenen Schimmer der heißen, österreichischen Abendsonne. Erik Pause war sich der Tatsache vollkommen bewusst, dass Monika nicht nur ihm bereits beim ersten »Hallo!« sofort den Verstand raubte. So tat sie es damals, als sie sich in irgendeiner billigen Spielothek das erste Mal verträumt in die Augen gesehen hatten. Monika würde für immer und ewig sein Hauptgewinn dieses Abends bleiben, davon war er felsenfest überzeugt.

      Der Fahrer nutzte die kurze Stille, die sein Kopfschütteln ausgelöst hatte, um die Anlage wieder aufzudrehen. Monikas Streicheleinheiten hatten aufgehört und sie lauschten beide gemeinsam den Klängen des ersten Megadeth-Albums. Die Sonne spiegelte sich im Tachometer, sodass es für Pause äußerst schwierig wurde, die genaue Geschwindigkeit des Wagens zu deuten. Monika Jensen gab ihm mit einer Geste zu verstehen, dass er doch ein bisschen vom Gaspedal ablassen sollte. Erik Pause drückte die Kupplung und schaltete einen Gang hinunter, währenddessen drehte seine Freundin den Sound der Anlage beinahe auf Maximum. Erfreut über die vertrauten Gitarrensounds bewegten die beiden ihre Köpfe im Takt auf und ab.

      Urplötzlich zerstörte ein starker Schlag die Idylle. Ein Schlag so heftig, als wären fünf ausgewachsene Bullen frontal in den BMW gerast, in welchem sich das Pärchen befand. Erik Pause und Monika Jensen sahen das Armaturenbrett auf ihre Köpfe zurasen, als würden sie gerade in einem 3D-Kino sitzen. Glas und Metall flog durch das Innere des Autos und durch die schlagartige Orientierungslosigkeit konnte Erik das Lenkrad nicht mehr greifen. Die Musik hatte aufgehört zu spielen. Der BMW schlingerte über die Fahrbahn und ein Überschlagen des Fahrzeugs war nun unausweichlich, als sich das bereits völlig demolierte Gefährt der Leitplanke näherte. Alle Mühen, sich an irgendeinem Gegenstand festzuhalten, waren vergebens. Brachial stürzte das Auto über die Leitplanke die Böschung hinunter. Die Insassen wurden herumgeschleudert wie Klamotten in einer Waschtrommel. Eine adäquate Reaktion war völlig ausgeschlossen. Der BMW traf zuerst mit dem Kofferraum auf dem harten Erdboden auf, überschlug sich noch einmal, bis er dann am Rande eines Holzzauns endgültig auf dem Dach liegen blieb.

      Völlig benommen,