Das Schiff fährt unter der Flagge von LIBERIA mit Heimathafen MONROVIA. Benannt wurde die „MV Santa Rosa“ nach der gleichnamigen argentinischen Stadt in der Provinz La Pampa. Taufpatin war am 10. Oktober 2011 Frau Sabine Vespermann, Ehefrau von Dr. Arnt Vespermann, Mitglied der Geschäftsführung der Hamburg-Süd. Die „Santa Rosa“ war das sechste Schiff von insgesamt zehn dieser Bauart. Seit Auslieferung bei der Daewoo Ship Building & Marine Engineering Co. Ltd. (DSME) in Korea im Juni 2011 fährt die „Santa Rosa“ im Dienst der Hamburg-Süd zwischen Asien und Südafrika/Südamerika Ostküste (New Good Hope Express).
Ich komme gerade vom Abendessen. Es gab „Chilli con Carne“. Dazu hätte ich ein Bier trinken müssen. Es war gut, aber recht scharf. Vom Essen des kiribatischen Kochs ist nicht jeder erbaut, aber für mich ist es in Ordnung. Kritik übers Essen kenne ich zuhauf. Als ehemaliger Schiffsbäcker und Koch musste ich sie über mich ergehen lassen. Hatte ich bei der Bundeswehr, als Dienstgrad, Aufsicht in der Kantine, dann wurde ständig genörgelt. Und auch als Veranstalter von über 14 internationalen Mehrtagesläufen kenne ich dieses Verhalten zur Genüge. Essen ist ein schier unerschöpfliches Thema, sodass man sich immer wieder fragt, was die Leute eigentlich daheim essen.
11. April (03.Tag) Antwerpen nach Le Havre – F
Um 4.24 Uhr haben wir in Antwerpen abgelegt. Nun geht es nach Le Havre. Das Wetter ist weiterhin regnerisch und ungemütlich, sodass ich mit meinem Morgenspaziergang an Deck noch etwas warte. Es geht mit mäßiger Geschwindigkeit die Schelde abwärts. Der Lotse muss aufpassen, denn die Schelde hat viele Krümmungen und Untiefen. Es ist daher ein ständiger Kurswechsel nötig. Es kommt noch hinzu, dass die Schelde stark befahren ist. Die Fahrt ins offene Meer dauert gute sechs Stunden.
Beim Frühstück sitze ich mit dem Chief Mate, Jonas Moegel, allein in der Messe. Er ist ein sehr sympathischer Mensch und hat für meine Fragen stets ein offenes Ohr. Er war es auch, dem ich als Erstes an Bord begegnete und der uns das Schiff zeigte. Es hat ihn, durch seine Freundin, nach Ostfriesland verschlagen.
Wenn ich zu den Mahlzeiten gehe, dann schaue ich immer mal in die Kombüse rein oder der Koch ruft mir einen Gruß hinterher. Heute ist Donnerstag, also „Seemannsonntag“. Zu meiner Zeit gab es am „Seemannsonntag“ Kuchen zum Kaffee. Mal sehen, ob es diese Tradition noch gibt? Ja, es gibt sie noch! Nur nicht mehr ganz so, wie ich es kenne. Der Kuchen oder das Gebäck ist nicht frisch, sondern in Hamburg eingekauft und wird bei Bedarf aufgetaut.
Der Koch beginnt morgens um 6 Uhr mit seiner Arbeit. Er hat dann um 9 Uhr für 20 Minuten Pause und eine zweite Pause über weitere 20 Minuten um 15 Uhr. Spätestens um 19 Uhr macht er seine Kombüse dicht. Meine Arbeitszeit sah damals etwas anders aus. Spätestens 5.30 Uhr fing mein Dienst an, um frische Brötchen zu backen. Dann half ich bei der Frühstückszubereitung. Anschließend musste ich Brot backen und zwischendurch auch noch das Mittagessen mit vorbereiten. Der Nachtisch war mein Ding. Da musste ich mir immer wieder etwas Besonderes einfallen lassen. Heute gibt es meist ein Stück Obst – basta!
Nach dem Abendessen war in tropischen Gewässern mindestens einmal in der Woche Kakerlaken-Jagd angesagt. Da hatte ich so manches Mal erst gegen 21 Uhr Feierabend. Die Mittagspause abgezogen, kam ich bequem auf tägliche 12 Stunden. Da heute nur der Koch in der Kombüse arbeitet und seine Arbeitszeit eingeschränkt ist, fehlt ihm die Zeit, um noch einen großartigen Nachtisch und sonstige Leckereien zuzubereiten.
Wir haben Windstärke 4 bis 5 und das Schiff schaukelt mehr oder weniger arg vor sich hin. Empfindliche Leute bekämen dabei bereits die „Seekrankheit“. In Anführungszeichen deshalb geschrieben, weil es ja keine wirkliche Krankheit ist. Es ist ein Problem der Gleichgewichtsorgane. Diese „Krankheit“ ebbt in der Regel nach spätestens 48 Stunden ab. Dann sollte man wieder „gesund“ sein! Soeben überholen wir einen Bulkcarrier mit japanischer Flagge. Für „Landratten“: Ein „Bulkcarrier“ ist ein Massengutfrachter oder auch Schüttgutfrachter und lädt Schüttladungen wie Kohle und Getreide. Es gibt auch sogenannte „Feeder Schiffe“. Bei einem Feeder Schiff handelt es sich um ein kleineres Containerschiff, welches in sogenannten Zubringerdiensten eingesetzt wird. Davon begegnen uns immer wieder welche.
Der Steward kommt in meine Kammer, um mein Bett zu machen. Anschließend kümmert er sich um den Nassbereich. Ansonsten hat er bei mir nicht viel zu tun, denn Ordnung halte ich selbst und eigentlich müsste auch mein Bett nicht gemacht werden. Ich ordne es täglich selbst, aber er zieht immer hier und da noch etwas am Laken, bis es wirklich glatt ist. Gern würde ich ihm sagen, dass er bei mir nichts machen muss, aber es ist sein Job.
Ich gehe auf die Brücke und treffe dort den belgischen Lotsen. Er begrüßt mich mit „Guten Morgen“. Das freut mich und wir kommen schnell ins Gespräch. Zwischendurch sagt er dem Rudergänger (Ausguck) „two six seven“. Der Rudergänger, einer von der Decksmannschaft, weiß dann, dass er den Kurs auf 2670 ändern muss. Später auf dem offenen Meer wird auf „Autopilot“ umgestellt. Zurzeit befinden wir uns aber auf „Revierfahrt“. Von Hamburg nach Antwerpen waren es 252 sm/467 km (1 Seemeile =1.853 m). Es liegen von Antwerpen nach Le Havre 186 sm bzw. 345 km vor uns. Dann geht es über den „großen Teich“ nach Sepetiba/Brasilien über 5.135 sm, also 9.515 km.
Das Lotsenboot nähert sich mit hoher Geschwindigkeit der „Santa Rosa“ und kommt längsseits an die Backbordseite. Der Lotse verabschiedet sich mit den Worten „two, three, zero“ und verlässt die Brücke, um dann über die Jakobsleiter ins Lotsenboot zu steigen. Die „Jakobsleiter“ ist eine Leiter mit Holzsprossen. Das ist eine äußerst wackelige Angelegenheit und nicht für jedermann geeignet. Man nennt sie auch „Lotsentreppe“. Der Lotse trägt dabei stets, aus Sicherheitsgründen, eine Schwimmweste.
Der Kapitän übernimmt wieder das Kommando und wiederholt die Position „two, three, zero“. Auch der Rudergänger wiederholt diese stets, damit klar ist, dass er alles richtig verstanden hat.
Die „Schelde“ führt uns für kurze Zeit in die Nordsee und dann in den Englischen Kanal. Wir passieren die Kanalenge zwischen Dover und Calais. Das Schaukeln wird etwas heftiger und es ist ein dumpfes Stampfen zu vernehmen. An Geräusche dieser Art werde ich mich wieder gewöhnen müssen.
Wie habe ich mir die Reise vorgestellt? Als Langstreckenläufer wollte ich jeden Morgen etliche Male auf dem Deck hin- und herlaufen. Pustekuchen! Das geht nicht. Der Gang ist zu schmal und es stehen überall Klappen, die der Entlüftung des Laderaumes dienen, offen. Wenn ich da mit dem Kopf gegen eine Klappe laufe, brauche ich anschließend ein neues Passbild. Die Klappen wurden von mir während der Reise einmal gezählt und ich kam, zusammen mit denen auf der Back- und der Steuerbordseite, auf 172. Sollten diese aus irgendeinem Grund mal schnell geschlossen werden, so kommt man sicherlich ins Rotieren. Denn die Klappen müssen herunter-geklappt werden und werden dann jeweils mit zwei Flügelmuttern angezogen.
Ich marschiere mehrmals am Tag von Steuerbord über das Achterschiff und über Backbord wieder zurück oder in ent-gegengesetzter Richtung über die Back. Will man sich weitere Bewegung verschaffen, so gibt es dafür noch zwei Räume, in denen man sich auf dem Laufband, mit Hanteln und an der Tischtennisplatte austoben kann. Außerdem steht auch noch der Miniswimmingpool zur Verfügung. Er ist mit Meerwasser gefüllt, das regelmäßig ausgetauscht wird. Wir haben nichts so sehr im Überfluss wie Meerwasser.
Vom Oberdeck zu meiner Kammer auf dem Deck F sind es jedes Mal 96 Stufen. Will ich auf die Brücke, dann sind es noch einmal 32 mehr. Komme ich vom Landgang, dann muss ich die Gangway über 55 hochlaufen und dann gleich 96 weitere bis zu meiner Kammer. Das Schiff hat wohl