Im nächsten Augenblick, als ob meine Empfindungen vom Himmel erhört worden wären, bemerkte ich ein trübes, düsteres Flackern am Himmelsrand, das einem mächtigen, autoritären Gott gleich sich über ihm ausbreitete. Es war wie der Schein eines finsteren Lichts, das auf mein Alter ego herabströmte und einen inneren Widerhall in ihm auslöste, denn ich erhob mich langsam aus dem dunklen, gräßlichen Abgrund seiner Seele und richtete mich in meiner ganzen Größe vor ihm auf, so daß ihm die Knie zu zittern begannen und ihm das Blut in den Adern erstarrte, als es die Augen erhob und mich erkannte. Ich spürte in mir all die glühenden Angstbilder und Phantasien seines überhitzten Gehirns. Was mich jedoch am meisten erstaunte, war der Umstand, daß ich alle seine Vorstellungen in Handlungen umsetzen und ihm dabei durch alle seine eingebildeten Schrecken hindurch als reale Bedrohung von außen entgegentreten konnte. Einen Augenblick lang blieb ich in meiner erhobenen Position wie eine düstere, satanische Ausgeburt dieser Hölle vor ihm stehen, als berauschte ich mich an meiner eigenen Majestät, dabei war ich nur die Ausgeburt seiner eigenen Ängste, die mich steuerten; dann fiel ich mit fuchtelnden Tentakeln über ihn her und saugte mich mit meinen Fangarmen wie ein Schatten an seinem Körper fest. Gleichzeitig fiel ich in eine höllische Ekstase.
Akron sagte, die Substanz dieser Auseinandersetzung sei von einer unglaublich intensiven gegenseitigen Durchdringung von Geist und Materie. Solange ich letztere aber nicht verstünde, könne ich auch niemals meinen Schatten in all seinen Auswirkungen akzeptieren, denn aus der Gipfelsicht meiner Perspektive sei er nur Dreck, was wiederum die Auswirkungen dieser Hölle reflektiere. Deshalb sollte ich all meine schrecklichen Bilder, die ich während meines Aufstiegs durchmessen und in denen ich mich eingesperrt habe, wieder vergessen und meinen Schatten loslassen.
«Welchen Schatten?» entgegnete ich und erkannte dabei, daß ich mich an Akron festhielt.
Er lachte und befahl mir, die Augen zu öffnen: «Indem du mich losläßt, versöhnst du dich mit deinem inneren Tier! Durch das Loslassen meines Mantels hast du den Schatten integriert! Damit kannst du den Olymp wieder verlassen, denn du hast alles erkannt, was du erkennen mußtest …»
An seinem Lachen erkannte ich ihn, es war Akron, wie er leibt und lebt: «Das Ganze entwächst jenem Urgrund, der allen Wesen gemeinsam ist. Der Trick dabei ist, dich nicht in einem Bild deiner eigenen Persönlichkeit einzuschliessen und dann zu denken, daß das Vollkommene jenseits des eigenen Bildes ist, sondern zu merken, daß du selbst das Ganze bist. Auch wenn du auf der einen Seite durch deinen ausgelagerten Schatten bekämpft wirst, so bleibst du auf der anderen doch mit Gott verbunden, so daß du dir, wenn du in die Tiefe dringst, des Schöpfers in all seiner Größe bewußt werden kannst, von dem du glaubtest, daß er jenseits des Egos nur in der Höhe existiert. Deshalb erlebst du in der Tiefe deines Schattens das Licht der Erfahrung, die unmöglich war, solange du den Schatten als getrennt von Gott ansahst!»
Ich tat, wie er mir geheißen hatte, und als ich auf Befehl der Stimme die Augen wieder öffnete, saß ich am Strand und spielte mit den Wellen. Wie ein Perlensucher fischte meine Hand am Grund der Fluten, und ich fragte mich, was es war, das mich mit dem Urgrund verband. Das Wasser umspülte meine Beine und verlieh mir die Gabe, den menschlichen Geist in seiner fundamentalen Sehnsucht zu erfahren, wie er seit Milliarden Jahren aus den Tiefen der Urgründe ans Licht der Ufer strebt.
«Das war nicht ungefährlich», sagte Akron lächelnd, «beinahe hätten dich die Urgewässer verschlungen, denn du hattest die Urbausteine des Lebens, lebendiges Plankton in der Hand. Dieser Urstrom, der alle Lebensbereiche zu einem gemeinsamen Eintopf verbindet, produziert unaufhörlich neue Lebensformen und rollt sie wieder auf. Wie in einem magischen Spiegel können sich dann die kollektiven Urängste im Brennpunkt deines inneren Betrachtens monströs vergrößern, genauso wie die Liebe zu Gott, denn Gott kommt noch vor dem Plankton. Er ist der Urimpuls des Sichtbaren. Jetzt ist die Reihe an dir. Für mich ist nichts mehr wichtig, doch diese Erfahrung mußt du selbst machen. Wenn Gott Nichts ist, dann ist nichts das Ziel!»
Er zog mich von der Uferböschung weg: «Nach Erlösung zu streben, ist die einzige Freiheit in dieser Hölle. Die Freiheit, sich in die Erlösung davonzustehlen genauso wie die Suche, die, obwohl sie dem Glanz von Millionen Schätzen gegenübersteht, doch intakt bleibt, weil sie niemals beansprucht, das zu sein, was sie sucht, nämlich den Gral, sondern immer nur das, was sie motiviert, zu finden: sich selbst.»
Dann legte er seinen Arm um mich und sagte: «Der innere Sinn des Suchens ist die Erkenntnis, niemals finden zu können, weil jedes Finden die Suche nur erschwert. Denn jeder Mensch ist auf dem Heimweg und sollte niemals aufhören zu suchen, da es im Prinzip sowieso nichts zu finden gibt. Nur wer in seinem eigenen Leben den langen Wegen bewußt gefolgt ist, kann ermessen, daß es kein Ziel gibt, zu dem sie hinführen. Alles, selbst die Liebe, ist ein Spiel deiner Einbildung, und erst, wenn du das erkennst, kannst du den Menschen die Freiheit bringen, diese furchtbare, unerträgliche, aber letztlich einzige Freiheit.» Ich blickte zu ihm auf. Er lächelte, und seine Augen strahlten heiß und kalt: «Es ist der Wunsch nach Freiheit von sich selbst! Komm», sagte er, «wir müssen weiter. Die Saturn-Hölle wartet!»
Saturn in Fische
Vorhölle
Die Vorhölle der Angst vor dem Unfaßbaren an der Schwelle zu den verborgenen Grüften der Dämonen der Nacht
Sünder
Betrüger, Lügner, Verdränger, Täuscher, Intriganten, Gralspriester, Sektierer, Fassadenträger, Hochstapler, Strohmänner, Steuerhinterzieher, Profilierungsneurotiker, Problemflüchter, Quartalssäufer, Sozialschmarotzer, öffentliche Versager
Disposition
Der Schattenbereich von Saturn in den Fischen und Saturn im 12. Haus sowie disharmonische Saturn/Neptun-Aspekte
Schuld
Flucht (vor Verantwortung), Sucht (aus depressiver Überempfindlichkeit), Erstarrung (im Grenzenlosen), Mangel an Stabilität und Festigkeit, Verhärtung, Realitätsangst, Problemverdrängung, Scheinwirklichkeit, Auflösung gesellschaftlicher Strukturen, unlösbare Diskrepanz zwischen Realität und Traum, Vernunft und Intuition bzw. Struktur und Seele, Ablehnung des Irrationalen aus Angst, die Kontrolle über sich zu verlieren
Strafe
In dieser Hölle fühlst du dich in den Träumen der Ewigkeit gefangen, denn die Fische lassen das Interesse für das Ewige aufscheinen, während Saturn das Gefäß zur Aufnahme und Begrenzung dieses Ewigen darstellt. Doch dem saturnischen Bestreben, auf dem schwimmenden Boden der fischehaften Ebene eine konkrete Wirklichkeit zu errichten, ist kaum Erfolg beschieden, da sich letztere allem Sichtbaren entzieht, aus Angst, banal und faßbar zu werden, sobald sie Eigenart verkörpert oder konkrete Stellungnahme bezieht. Denn diese Hölle repräsentiert den unerlösten «Erlöser», der die Spiritualität, die er verfehlt, wenigstens als Bild in seinem persönlichen Erleben inszeniert. Da er seine eigene innere Leere damit verdrängt, schafft er ihr zumindest ein geeignetes Gefühlsreservat. Es ist dies das Träumen im Entschweben. Du entziehst deine Seele dem Alltag des Lebens, um allein und einsam in deinen Träumen die eigene Ewigkeit zu leben. Doch diese Flucht hat ihren Preis. Deine inneren Wünsche werden in die Sümpfe der Illusionen abgeschoben. Als Bilder der Sehnsucht müssen sie warten, bis ein Vorübergehender sie mit seinen Tränen erlöst.
Lösung
All dein äußeres Streben dient im Prinzip nur dem Versuch, das Innere zu erhellen und es in seinen sphinxhaften Verschleierungen den Vorstellungsinhalten des analysierenden Erkennens einzuverleiben, denn Saturn in den Fischen ist ein Wegweiser auf