Die Frucht des Geistes aber ist: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit (Gal 5,22).
Wir können diese ganze Liste über die „Frucht des Geistes“ durchgehen und Punkt für Punkt darüber enttäuscht sein, dass das eigene Leben trotz aller Mühe diese Frucht nicht hervorbringt, oder wir deuten die Frucht kurzerhand in eine rein humanistische Form dieser Eigenschaften um. Wollen wir allerdings das „Echte“ haben, bleibt uns nur übrig, den Tatsachen klar ins Auge zu sehen: Es ist eben nicht die Frucht der eigenen Bemühungen, sondern die Frucht des Geistes, die sich von ganz alleine einstellt, wenn der Heilige Geist uns in das Bild Christi verwandelt. Denn die Frucht des Geistes ist ja nichts anderes als eine Auflistung der Eigenschaften Christi. Jesus ist so. Wir sind nicht so. Wie also können wir verwandelt werden von Leuten wie uns in Leute wie ihn?
Verwandlung ist nicht Veränderung. Zahllose Christen „arbeiten“ an ihrer Veränderung. Sie wollen sich und ihr Leben mit Gottes Hilfe aufbessern und optimieren. Doch Gott scheint auf dieses Anliegen seltsam wenig zu reagieren. Er wird unentwegt angerufen, er möge doch helfen und unterstützen, das Leben mit all seinen Herausforderungen besser in den Griff zu bekommen. Aber er will uns gar nicht helfen, unser Leben mit seiner Hilfe besser geregelt zu bekommen, er möchte, dass wir aufhören, unser Leben zu leben, und anfangen, sein Leben zu leben. Das ist etwas ganz anderes, als Gott dazu zu bewegen, uns zu segnen. Unser Tun zu segnen und unser Lassen zu vergeben, scheint die einzige Aufgabe zu sein, die wir Gott in unserer modernen, humanistischen Kirche noch gelassen haben. Er aber will uns verwandeln.
Und der, welcher auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu. Und er spricht: Schreibe! Denn diese Worte sind gewiss und wahrhaftig (Offb 21,5).
Im Neuen Testament geht es nicht darum, Altes aufzupeppen, sondern abzulegen und dann Neues anzuziehen. Jesus sitzt auf dem Thron, das heißt, er hat die Autorität. Und er benutzt sie, um alles neu zu machen. Und er weist Johannes, dem er diese Worte mitteilt, an, eine Betonung auf diesen Punkt zu legen: „Dies ist gewiss und wahrhaftig …“
Wir finden diese Betonung auf das Ende des Alten und den Anfang des Neuen überall in der Schrift. Ein bekanntes Wort ist 2. Korinther 5,17:
Daher, wenn jemand in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.
Dass das Reich Gottes zu uns kommt und alles beim Alten bleibt – das ist ganz unmöglich. Männer, die den Weg der Verwandlung in das Bild Christi gehen, die also einen Prozess tief gehender und umfassender Erneuerung durchlaufen, müssen der Möglichkeit ins Auge sehen, dass sie trotz aller Hilfsmittel, wie ich sie zu Anfang des Kapitels aufgeführt habe, mit dem Reich Gottes nicht in Berührung gekommen sind, den Heiligen Geist und sein Werk der Transformation nicht ausreichend verstanden haben und darum die Herrlichkeit der neuen Schöpfung nicht erleben.
Eines der größten Hindernisse auf dem Weg der Verwandlung besteht darin, dass Männer meinen, sie wüssten schon Bescheid. Sie schauen sich in der einen und anderen Gemeinde um, lesen das eine und andere Buch und meinen dann, genug gesehen und gelesen zu haben, um mitreden zu können. Jesus selbst aber haben sie zumeist nicht befragt, ob das, was sie sehen und lesen, auch wirklich das ist, wovon er redet, wenn er von der neuen Schöpfung, dem Reich Gottes und der Herrlichkeit Gottes spricht, zu der wir berufen sind. Meine Erfahrung in der Männer- und Gemeindearbeit hat mich immer wieder gelehrt, dass viele Männer wie die Kaulquappe in ihrem Tümpel sitzen und über das Froschsein philosophieren, ohne einer geworden zu sein. So ähnlich sitzen sie in ihren Vorstellungen über Gott und das geistliche Leben fest und sinnieren über das Reich Gottes, ohne es aus eigenem Erleben zu kennen.
Das Reich Gottes ist ja nicht eine Theologie, sondern die Kraft Gottes. Wo sie erscheint, geschieht Verwandlung: Da werden die Stummen zu Redenden, die Blinden zu Sehenden und die Lahmen zu Springenden. Da werden Tote lebendig und Schwache stark. Da werden Sünder zu Gerechten und Ängstliche sprechen: „Ich bin ein Held!“ Da werden die Ersten zu Letzten und die Letzten zu Ersten. Da wird die Finsternis zu Licht und die Wüste zum Garten Eden. Da befreit ein 80 Jahre alter Mann namens Mose ein ganzes Volk aus der Hand des mächtigsten Mannes der alten Welt – dem Pharao. Und dort besiegt ein Hirtenjunge namens David einen Giganten namens Goliath.
Diese Auflistung ließe sich beliebig fortsetzen und mit vielen Bibelstellen belegen, die davon sprechen, dass Gott das Schicksal wendet und einen völlig neuen Ausgangspunkt schafft.
Darum ist das Evangelium die „gute Nachricht“ davon, dass „das Reich Gottes nahe herbeigekommen ist“. Und wie schon gesagt: „Das Reich Gottes besteht nicht in Worten, sondern in Kraft“, wie uns in 1. Korinther 4,20 mitgeteilt wird. Diese Kraft erfüllt den Willen dessen, der auf dem Thron sitzt: Sie macht alles neu.
Ich weiß, für Männer ist diese Auflistung oben sehr interessant, weil es ihrem Wunsch entspricht, etwas Wirkliches und Wesentliches zu bewirken. Sie lesen in der Bibel über all die „Männer des Wunders“, die „durch den Glauben Königreiche bezwangen, Gerechtigkeit wirkten, Verheißungen erlangten, der Löwen Rachen verstopften, des Feuers Kraft auslöschten, des Schwertes Schärfe entgingen, aus der Schwachheit Kraft gewannen, im Kampf stark wurden und der Fremden Heere zurücktrieben“ (vgl. Hebr 11,33-34). Dann legen sie ihre eigene Glaubenserfahrung und Gemeindewirklichkeit daneben und kriegen das eine mit dem anderen nicht in Einklang. Wo ist die Kraft geblieben?! Die Frage nach der Kraft ist für jeden Mann eine sehr zentrale Frage. Männer wollen Kraft haben und etwas tun. Sie sind sehr interessiert an dem, was ihnen Kraft gibt, und andererseits wollen sie abstellen, was sie sinnlos Energie kostet. Jahrelang in einer immer gleich kraftlosen Mühle von Kirchlichkeit zu laufen, in der es nur um „seid nett zueinander“ geht, ist für Männer extrem unattraktiv und scheint ausschließlich Kraft zu kosten, die man aber gerne „opfern“ soll. Es kommt für jeden Mann der Moment, wo er es definitiv wissen will: Wo ist die Kraft, und wie bekomme ich sie? Und die Bibel lässt uns keinen Moment darüber im Unklaren:
Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist … (Apg 1,8).
Jedoch wird der Heilige Geist uns zunächst verwandeln müssen in das Bild Christi, ehe wir mit seiner Kraft auch die Werke Christi tun können. Wir können nicht neue Kraft empfangen, ohne auch neue Menschen zu werden. Ermächtigung und Verwandlung gehen also Hand in Hand. Dies haben aber viele Männer nicht begriffen. Um im Bilde zu sprechen: Sie wollen die Macht haben, zu fliegen, ohne aber von Raupen in Schmetterlinge verwandelt zu werden.
Der ganze Dienst von Jesus fußt auf einem prophetischen Wort aus Jesaja 61, welches er zu seinem „Dienstantritt“ in seiner Heimat-Synagoge in Nazareth zitiert (vgl. Lk 4,14-30). Dieser Text ist eine einzigartige Beschreibung der transformatorischen Kraft des Evangeliums. Er beginnt mit der Erklärung, woher diese Kraft kommt: „Der Geist des Herrn, HERRN, ist auf mir …“ (Jes 61,1). Dies bestätigt unseren Ausgangstext in 2. Korinther 3, wo klar gesagt ist, dass es der Heilige Geist ist, der uns „von Herrlichkeit zu Herrlichkeit“ verwandelt. Danach wird genau erläutert, was diese Kraft des Geistes bewirkt. Vers 3 sagt dazu Folgendes:
… um den Trauernden Zions Frieden, ihnen Kopfschmuck statt Asche zu geben, Freudenöl statt Trauer, ein Ruhmesgewand statt eines verzagten Geistes … (Jes 61,3).
Der Geist des Herrn ist auf Jesus, um diese Verwandlung zustande zu bringen. Eine gänzliche Verkehrung der Verhältnisse soll erzielt werden. Das Eine soll vergehen und das Andere soll werden. Das ist mehr als Veränderung, das ist Revolution. Diese Absicht eines göttlichen „Umsturzes“ der herrschenden Verhältnisse ist dabei gar nicht vereinbar mit der verbreiteten Ansicht unter den Christen, dass Gott uns lediglich Kraft gibt, um in der Asche, Trauer und