Pünktlich um 14 Uhr fällt der Startschuss und schon rasen 120 Wagemutige kreischend unter Beifall und Anfeuerungsrufen der Zuschauer in Richtung Nordseebrandung. Der Fantasie beim Outfit scheinen keine Grenzen gesetzt. Die meisten kommen »ganz normal« in Badeanzug oder Shorts, doch es sind auch Weihnachtsmänner in roter Badehose dabei, Wikinger mit Helm, Poseidon ist zu sehen – mit einen gefährlich anmutenden Dreizack (aus Plastik) in der Hand –, Batman und Superman, sogar eine Dame im Dirndl. Einige haben es sich beim Kostüm einfach gemacht und sind trotzdem mutig. Schließlich sind sie in paradiesischer Nacktheit als Adam und Eva unterwegs. Luft und frostig-kaltes Wasser geben sich mit drei Grad (plus) nicht viel. Eine erfrischende Angelegenheit, die etwaigen Silvester-Kater schlagartig vergessen macht, und gleichzeitig ein im wahrsten Sinne des Wortes cooler Start ins neue Jahr.
Wer es gewagt und sich überwunden hat, ist nach dem kalten Bad glücklich. »Davon habe ich schon immer geträumt«, sagt einer und eine andere Unerschrockene spürt in der Aufregung die Kälte gar nicht mehr. Nicht nur Schaulustige, auch Warmduscher sind herzlich willkommen, aber natürlich erst nach dem eisig-erfrischenden Badegang. Die warme Dusche und ein belebendes Heißgetränk mit oder ohne Schuss gibt’s danach zum Aufwärmen.
Anmeldung bei Tourismus-Service Wenningstedt-Braderup, Strand-str. 25, 25996 Wenningstedt-Braderup/Sylt, Tel. 046 51/44 70, www.wenningstedt.de
Manege frei!
ZIRKUSARTIST FÜR EINEN TAG
Zirkusluft schnuppern, als Akrobat auftreten, Applaus genießen.
Vorhang auf, die große wöchentliche Show beginnt. Die jungen Artisten haben die Woche über tüchtig trainiert und zeigen den begeisterten Eltern, Geschwistern und anderen Zuschauern ihre neu erlernten Zirkuskunststücke. Einige laufen auf einem langsam rollenden Riesenball, andere balancieren auf einer recht schmalen Stange quer über das Manegenrund. Zwei Naturtalente am Trapez bringen die Zuschauer zum Staunen, alles gut gesichert von den Profis des Inselcircus Mignon. Wer schon drei bis sechs Jahre alt ist, gehört zu den »Flöhen«. Die dürfen jeden Mittwoch beim Schnupperprogramm mitmachen. Sechs- bis Zwölfjährige, die »Kids«, üben sich zum Beispiel im Jonglieren oder Zaubern. Die 12- bis 16-jährigen»Teens« trainieren schon wie die richtigen Artisten.
Siebeneinhalb Sommerwochen schlägt der Inselcircus Mignon seine Zelte in Wenningstedt auf und das schon seit mehr als 20 Jahren. Zirkusdirektorin Hanna Kliewer, von Haus aus eigentlich Modedesignerin, hat den anstrengenden und gleichzeitig erfüllenden Job vor einigen Jahren von ihrem Vater übernommen. Für sie ist es Ehrensache, dass sie alle rund 400 Zirkuskostüme selbst entwirft. Die Sylter Gäste und auch die Einheimischen lieben ihren Zirkus, der in der Sommersaison 30 Shows veranstaltet und 1000 Kursteilnehmer betreut. Täglich besuchen mehr als 300 Urlauber und Insulaner den Zirkus als Zuschauer oder nehmen an einem der vielen kleineren Programme teil. Auch für Stärkung ist gesorgt, in der Mignon Cantine, einem Familienrestaurant mit Mittagstisch und Abendkarte.
Wer bei einer der Abendshows die strahlenden Gesichter der Eltern und Kinder gesehen hat, weiß, das Glück der Welt kann man auch im Staub der Manege finden.
Inselcircus Mignon, Kampener Weg, 25996 Wenningstedt-Braderup/Sylt, Tel. 046 51/29 94 99, inselcircus.de/sylt, unterschiedliche Kosten, je nach Programm, vom Schnuppern (25 Euro) bis zum Komplettprogramm für eine Woche inkl. Übernachtung (490 Euro)
Strandrutsche statt
TREPPEN IN WENNINGSTEDT
Bei Grün geht es in einem Rutsch direkt auf den Sandstrand.
Wenn das mal keine super Abkürzung ist! Wer in Wenningstedt an den Strand will, kann sich das Treppengehen (66 Treppenstufen) sparen. Am nördlichen Teil der Promenade auf halber Höhe der 40 Meter langen Strandtreppe schwingt man sich in die glänzende Metallröhre und landet in Nullkommanichts mit den Füßen im Sand. So einfach ist das!
Wenn die Ampel am Zugang zur Rutsche auf Grün springt, darf gerutscht werden. In der Hochsaison ist es tatsächlich besser, den Zugang zur Rutsche mit einer Ampel zu regeln, damit es im Tunnel keine Zusammenstöße und Staus gibt. Altersgrenzen gibt es, aber nur in etwa. Wer mindestens sechs Jahre alt ist, darf alleine rutschen. Kleinere Kinder müssen von einem Erwachsenen begleitet werden. Nach oben ist kein Alterslimit festgelegt. In der Tat sind meist die Kinder auf den besonderen Rutschspaß aus, doch regelmäßig trauen sich auch wagemutige Erwachsene auf die Schnellbahn an den hier besonders breiten Strand. Gut, dass der Durchmesser der silbrig glänzenden Röhrenrutsche recht großzügig bemessen ist.
Doch der vor wenigen Jahren rekonstruierte zehn Meter breite und abends beleuchtete Strandzugang nicht weit von »Gosch am Kliff« (S. 92) und dem Kursaal Wenningstedt hat noch mehr zu bieten, um die 26 Meter Gefälle zwischen Kliffkante und Sandstrand stressfrei zu überbrücken. Besucher, die mit einem Kinderwagen oder einem Rollstuhl unterwegs oder nicht mehr gut zu Fuß sind, können den bequemen Treppenlift gleich neben der Rutsche nutzen. Außerdem wurden mehrere Stufen der beiden äußeren Treppen zu komfortablen Sitzpodesten umfunktioniert, sogar mit Sitzkissen. Und dann wartet natürlich noch der Nordseeblick auf Besucher des Wenningstedter Hauptstrands. Nichts wie hin!
Strandübergang Wenningstedt, Strandstr. 27, 25996 Wenningstedt/ Sylt
Konzerte
IN DER FRIESENKAPELLE
»What a Wonderful World« – Lebenslieder vom Altar.
Die getragenen kraftvollen Harmonien des bekannten englischen Kirchenliedes »Amazing Grace« füllen den kleinen Kirchenraum der Friesenkapelle von Wenningstedt. Die »Island Voices«, der Gospelchor der Norddörfer Kirchengemeinden auf Sylt, geben eines ihrer beliebten Konzerte. Der gemischte Chor von rund zweieinhalb Dutzend Sängerinnen und Sängern passt kaum in den Altarbereich. Auch die Zuschauerbänke sind gut gefüllt. Doch nicht nur die »Insel-Stimmen« sind in dem Kirchlein zu hören, auch ein eher ruhiger »Tribute to Leonard Cohen« oder rockige Beatles-Revival-Events finden hier statt. Eine Orgelvesper mit Werken von Bach und Brahms findet in der roten Backsteinkirche im Norden von Wenningstedt ebenfalls große Resonanz.
»Gottes Wohnzimmer« heißt die Kapelle bei den Insulanern, und einen gemütlichen Eindruck macht sie in der Tat. Die Wand hinter dem Altar dekorieren Wandfliesen mit blauen Mustern und maritimen Motiven, nach alten Vorlagen in Delft handgefertigt. Wer während eines Konzertes nach oben schaut, wird sich an den mehreren Dutzend farbenprächtigen Kassettenbildern des Halbtonnendaches kaum sattsehen können. Ein Kronleuchter erleuchtet den Raum, ein Votivschiff betont die Seefahrertradition der Insel, ebenso das Relief eines Wikingerschiffes.
Unterhalb der Deckengemälde zieht sich das Vaterunser im sylterfriesischen Söl’ring-Dialekt als umlaufendes Spruchband an den Innenwänden entlang:
»Üüs Hemels Faarer,