Bei der Heimfahrt gab es dann irgendein Problem mit dem Taxi. Jedenfalls kam Jürgen Menge zu Hilfe, bekanntlich PRFZ-Kontakter in Kalifornien, den ich bei dieser Gelegenheit kennenlernte und der gänzlich unkompliziert seine Hilfe anbot und uns zum Bahnhof brachte.
(Noch mal vielen Dank, Jürgen!).
Ich hatte mein erstes Wochenende für PERRY RHODAN geopfert (mindestens 50 weitere sollten folgen) und war (natürlich, wie alle anderen auch) am Montag bereits wieder bei VPM im Büro anzutreffen.
Es waren noch weniger als drei Monate Zeit, um den 35. Geburtstag der PERRY RHODAN-Serie vorzubereiten. Ein Messeauftritt bei der Popkomm in Köln stand erstmals an (mit Stand und Ausstellung, Vurguzz, Freiverteilung von Heftromanen, Pressekonferenz etc.), eine Pop-CD (mit BMG Ariola und Werbung bei VIVA), Vertriebsaktionen an den Kiosken, Prospekte, Pressearbeit und vieles, vieles mehr. Meine Hauptaufgabe musste ja sein, neue Leser für die Serie zu gewinnen!
(aus dem Con-Buch zum GarchingCon 2001)
Eckhard Schwettmann sah PERRY RHODAN nicht einfach als eine Heftromanserie an (was die gängige Verlagseinschätzung war), sondern als Marke, die es zu betreuen und erschließen galt. Dabei griff er auf sein früheres berufliches Umfeld im Medienbereich zurück und beschritt dabei für die damalige Zeit durchaus ungewöhnliche Wege. »Wir müssen mit PERRY RHODAN einen richtig starken Auftritt hinlegen«, zitiert ihn Klaus N. Frick in seiner Kolumne »Der Redakteur erinnert sich« vom 29. Juli 2015. »Wir müssen raus aus dem Heftroman-Umfeld, wir müssen dahin, wo die Medien sind, wo man junge Leute ansprechen kann.«
Und so kam er auf die Idee, PERRY RHODAN auf die PopKomm zu bringen, eine große Messe für Popkultur und insbesondere Musik. Da es im Sommer 2006 neben »PAX TERRA« noch eine eigenständige Musikproduktion zum Thema PERRY RHODAN geben sollte, bot sich die Teilnahme an dieser Veranstaltung tatsächlich an.
Unter anderem plante Eckhard Schwettmann einen Stand, an dem er Vurguzz (s. S. 174) ausschenken wollte. Das Getränk beschrieb er laut Frick so: »Ist grün, alkoholhaltig und im ganzen Universum erhältlich, Erfindung von Clark Darlton alias Walter Ernsting, einer der drei PR-Erfinder.« Dass Vurguzz nicht von Walter Ernsting erfunden, sondern von ihm nur in die Serie eingeführt worden war, wusste »ES« natürlich; aber für die Planungen und Ankündigungen waren die Details weniger wichtig als die Geschichte, die man um das Getränk herum stricken konnte. Und als großer Fan von Johnny Bruck wollte er diesen in Form einer Ausstellung präsentieren, als Kernstück einer Ausstellung zu »35 Jahre PERRY RHODAN«. Diese sollte kostbare Sammlerstücke zeigen, japanische Originalausgaben, Titelbilder von Johnny Bruck – selbstverständlich die Originale – sowie weitere interessante Dinge. Seine Überzeugung war: »Das fesselt die Medienschaffenden.« Und als Abschluss war eine Party »nur für geladene Gäste« geplant, die »mit (kultig-trashigem) Weltraumambiente aus dem PR-Universum geschmückt und bereichert« werden sollte.
Und so kam PERRY RHODAN 1996 auf die Popkomm. Bilder von Vurguzz trinkenden Besuchern und auch Redaktionsmitarbeitern kann man in der SOL 4 (Oktober 1996) auf den Seiten 11 und 12 bewundern.
Die »eigenständige Musikproduktion« entwickelte sich zu »Ad Astra – A Tribute to Perry Rhodan«, einer CD mit zwölf Musikstücken der elektronischen Art (in deutlichem Gegensatz zum eher orchestralen »PAX TERRA«). Dabei waren mit Sven Väth und den Fantastischen Vier die damals ganz großen Namen dieses musikalischen Genres beteiligt. Die Produktion zog sich bis in den Oktober, aber die CD kam pünktlich zum Jubiläum auf den Markt. Gleichsam das »Kernstück« der Kompilation war die Single »Ad Astra, Perry« von USP (Universal Star Projekt). Texter und Komponist war der noch im Studium befindliche Alexander Strauch (geboren am 22. Dezember 1971 in München).
Dieses Stück erhielt ebenfalls 1996 seine eigene Maxi-CD mit insgesamt fünf unterschiedlichen Versionen, vom »radio edit« (der Hauptversion mit einer für das Abspielen im Rundfunk passenden Länge von 3:50 Minuten) bis zum »ultimate adventure mix« (mit einer Dauer von 8:09 Minuten).
Die Dritte Macht in vielen (kleinen) Bildern
Nach dem unerwarteten Erfolg von »Magic – the Gathering« aus dem Hause Wizards of the Coast im Jahre 1993 sahen die Neunzigerjahre einen regelrechten Boom an Kartenspielen mit einer Vielzahl von Karten, die man nicht in kompletten Sätzen erhielt, sondern sich über ein Grundspiel (»Starter«) und Päckchen mit weiteren Karten (»Booster«) erst zusammenkaufen musste – das Sammelkartenspiel war geboren. Da die Karten unterschiedliche Seltenheitsgrade hatten, war es eine aufwendige (und oft auch teure) Sache, das Spiel letztlich komplett zu haben. Erschwerend kam hinzu, dass die seltensten Karten meist auch die spielstärksten waren. Das Geschäft florierte auch mit Lizenzprodukten, insbesondere STAR WARS, STAR TREK und »The Lord of the Rings«.
PERRY RHODAN durfte bei diesem Trend nicht fehlen, und so erschien im Herbst bei Fantasy Productions (FanPro) aus Erkrath bei Düsseldorf die erste Edition des PERRY RHODAN-Sammelkartenspiels. Das Projekt lag in den Händen von Robert Simon, der in der SOL 3 (1996) auf S. 11 hinsichtlich seiner PR-Erfahrung angab: »Ich war PR-Leser, und so zwar etwa vom 14. bis zum 18. oder 19. Lebensjahr. Natürlich habe ich auch gerade jetzt in den letzten Monaten wieder massiv gelesen – da holt mich so ein bisschen die Vergangenheit ein.« Neben Titelbildern der Romane (oder Auszügen davon) wurden neue Illustrationen von Georg Joergens, Dietmar Krüger, Swen Papenbrock, Dieter Rottermund und Krzysztof Wodlowski erstellt. Das Verhältnis zwischen wiederverwendeten und neu erstellten Bildern lag laut Robert Simon bei etwa 40 zu 60.
Ziel des Spieles war die möglichst seriengetreue Nachstellung des Anfangs der Serie, im Grundspiel also des ersten Zyklus. Diese war im Spiel zu Beginn in drei Phasen unterteilt: die Einigung der Erde (Phase I, nach den Bänden 1 bis 9), Topsider und galaktisches Rätsel (Phase II, nach den Bänden 10 bis 19) und die Handlung um die Springer einschließlich Venusabenteuern und Overhead (Phase III, nach den Bänden 28 bis 37).
Phase I erschien in teilweise vorsortierten Startern, die den direkten Einstieg in das Spiel ermöglichten. Karten für die beiden anderen Phasen gab es ausschließlich in Boosterpacks, in denen, dem vorherrschenden Muster folgend, immer eine sehr seltene Karte war (man hatte also schnell jede Menge der häufigen Karten, die man so oft gar nicht benötigte).
Die Spielregeln waren komplexer als bei vielen anderen Sammelkartenspielen, da sie die Serie so genau wie möglich wiedergeben sollten. Dazu noch einmal Robert Simon aus der SOL 3, diesmal S. 12: »Wir wollten die PR-Handlung nicht dem Spielsystem unterordnen, sondern im Gegenteil ein Spielsystem entwerfen, mit dem man die Handlung simulieren kann.« Man konnte sich zudem entscheiden, wie viele Phasen man am Stück durchspielen wollte: Spielte man sich nur durch die Phase I, war man in der Regeln nach einer halben Stunde fertig, ein Spiel über alle drei Phasen konnte schon zwei bis drei Stunden in Anspruch nehmen. Jeder Spieler musste sowohl seine eigene Seite (»Pro-Seite«) aufbauen, als auch mit seiner eigenen »Anti-Seite« die Mitspieler in ihrem Aufbau stören. Das führte zu einem abwechslungsreichen Spiel mit vielen Interaktionen. Für jede Phase gab es eigene Siegesbedingungen, die man erfüllen musste, um entweder zu gewinnen oder den Übergang in die nächste Phase einzuleiten; beim Spiel über mehrere Phasen gab es ein Punktesystem, um den letztendlichen Sieger zu bestimmen.
Für spezielle Spielertreffen (Turniere) und andere Werbezwecke gab es Sonderkarten, die sonst nicht im Handel erhältlich waren. FanPro führte von Anfang an eine Spieler-Rangliste und hielt sogar »Weltmeisterschaften« ab. Eine Karte (Reginald Bull) lag zu Promozwecken dem Silberband 56 bei – gleichwohl es keineswegs eine exklusive Karte war, sondern eine der »normalen« seltenen Karten, die von Anfang an für diesen Zweck in höherer Auflage gedruckt worden war.
1997 erschien dann, ebenfalls nur in Boostern, Phase IV (Vorstoß nach Arkon, nach den Bänden 37 bis 49), mit denen sich der Rest des ersten Zyklus der Serie durchspielen ließ. Auch diese Phase ließ sich allein spielen (es gab »durchschnittliche« Startaufstellungen, die das Ergebnis der ersten drei Phasen simulieren sollten), aber seinen Reiz entfaltete das Spiel erst, wenn man alle vier Phasen am Stück spielte – wozu man indes ein wenig Zeit mitbringen musste.
Das