Ich habe das Glück, hier behütet und naturnah aufgewachsen zu sein, erst später richtig verstanden und zu schätzen gelernt. Mit Freunden auf den Bergbauernhöfen der Großeltern zu spielen, mit Ski, Schlitten, Wanderschuh oder barfuß die Berg- und Seenlandschaft auszukosten, alles das schätze ich heute noch mehr und laufe mittlerweile, wenn ich Freunden meine Heimat zeige, selbst wieder wie ein Tourist staunend durch den Ort, während ich meinen Blick vom Panorama nicht abwenden kann. Ich wollte es wohl selbst nicht zugeben, wie schön es hier ist. Umso mehr Freude hat es gemacht, zu fast schon vergessenen Kindheitserinnerungen zurückzukehren und dauerhafte Lieblingsplätze für diesen Band wieder einmal aufzusuchen, um auch nachzusehen, ob der Fleck noch immer so besonders und so schön ist, dass ich ihn empfehlen und beschreiben möchte. Die Gefühle der Kindheit haben sich beim Spazieren über die Insel Zwergern und im Schachenschloss nicht verändert. Noch immer machen diese Orten Staunen und Freude aus – für jedes Alter. Nur der Blick hat sich etwas verändert, die Orte blieben oftmals die gleichen.
In diesem Band möchte ich Sie zu meinen Lieblingsplätzen mitnehmen, als Abrundung angesichts der Kulisse bieten sich entlang der Berge zwölf Touren an, die zwischen die Lieblingsplätze eingestreut sind. Ein solcher Platz kann sich in der Natur, in einer lauschigen Stube, in einem interessanten Museum oder auf der sprichwörtlichen Piste befinden. Von Deutschlands höchstem Gipfel bis zur verzauberten Unterwassernixe, vom Bierzelt bis zum Königsschloss, vom Skiausflug bis zur Partnachklamm, an meine und vielleicht auch bald Ihre schönsten Orte in und rund um Garmisch-Partenkirchen herum.
Andreas M. Bräu
Der Isar entgegen – vom Walchensee bis Mittenwald
1 Inselidyll am Walchensee
Kochel am See: Halbinsel Zwergern im Walchensee
Sie starten in Einsiedl beim dortigen Hotel und Seewirtshaus mit einer folgenschweren Entscheidung: Schiff oder Land. Von dort aus können Sie nämlich mit Tretboot Doris, sportlicherem Kanu oder Kajak auf dem Walchensee herumschippern oder den malerischen Rundweg am Ufer entlang nehmen, der auf die kleine Halbinsel Zwergern führt.
Immer der W1-Beschilderung entlang kommen Sie wandernderweise an dem vielfarbigen See mit seinem grünlichen Grundton vorbei, der tiefblau den Himmel spiegelt und im Licht silbrige und metallene Farben annehmen kann. Nach einer Weile queren Sie die Landzunge und gelangen über einen Hügel zu einer winzigen Ansiedlung und »St. Margareth« mit Zwiebelturm. Ein wenig Reichenau-Gefühl verströmen die Seegrundstücke, nur gibt es weniger Gemüsegärten. Doch ebenso friedlich liegen die meist noch als Höfe benutzten Bauernhäuser mit den blauweiß gestrichenen Fensterläden und den gut in Schuss gehaltenen Holzbauten da. Nur ein paar Vögel und das leise Plätschern des Walchensees kann man hier hören. Ruhig und aus der Zeit gefallen wirkt die Zwergern, weswegen vielleicht auch nicht weit von hier Kinokomiker Bully Herbig sein Wickiedorf Flake vor der Kulisse des Herzogstands errichten ließ.
Wenn Sie weiterwandern, können Sie bis zum Hauptort Walchensee laufen oder den verwinkelten Albert-Schmidt-Weg nehmen, der in bemoosten Wald führt, von wo man den See nur mehr durch die Bäume spitzen sieht. Lassen Sie sich von den vielen Kurven und Biegungen nicht verwirren. Immer noch rechtzeitig zeigt Ihnen ein Wegweiser die richtige Richtung zurück zum Ausgangspunkt oder zur nächsten Station auf den jeweils auf gute anderthalb Stunden ausgelegten Rundwegen. Falls Sie sich doch für das Boot entschieden haben, fällt Ihnen die Navigation auf dem bei Surfern beliebten See ungleich leichter.
Unweit vom Walchensee bietet der Jochberg ab dem Parkplatz Kesselberg als mittlere Wanderung von circa zwei Stunden eine gut besuchte Doppelsicht auf Walchensee und Kochelsee mit spektakulärem Panorama.
1
Halbinsel Zwergern
Startpunkt für einen Spaziergang: Seehotel Einsiedl
Einsiedl 1
83432 Kochel am See
08858 9010
Von der Bundesstraße aus Wallgau kommend führt rechter Hand des Hotels ein Rundweg auf die Halbinsel.
2 Durch sanfte Eiszeithügel streifen
Krün: Buckelwiesen
Schuld ist in diesem Fall die Eiszeit. Denn als sich vor 10.000 Jahren die Alpen neu formten, bildeten sich auch in ehemals glatten Ebenen Rillen. Dort sammelte sich zu Tauzeiten das Wasser, sickerte in den Untergrund und löste das Kalkgestein, wodurch die Rinnen noch weiter absackten und die besagten Buckel erzeugten, als hätten Legionen von Maulwürfen diese Hügellandschaften mit Hauern und Zähnen geschaffen. Dabei formte die Natur die heute beliebten Wiesenpickel durch Verkarstung, während sie der Mensch zur leichteren Bewirtschaftung an vielen Orten in späteren Zeiten einebnete. Danach konnte der Traktor leichter durchs Flache kreuzen.
Hinter Krün aber blieben die Buckelformationen, eine Besonderheit des Werdenfelser Raumes, besonders schön erhalten. Zwar haben die Bauern hier deutlich mehr Mühe beim Schrägmähen mit der Hand, doch der Wanderer durchquert eine leicht unwirkliche, gemütliche Buckellandschaft, der man durch die wellige Grasdecke nicht ansieht, dass sie Zeugnis von jahrhundertelangen Erosionsprozessen, Gletscherstauchung und Kalkablagerung ist. Die farbenfrohe Oberfläche verrät davon nichts, wenn auf dem mineralhaltigen Untergrund Krokus und Enzian im Überfluss blühen.
Im Dreieck zwischen den Orten Klais, Krün und Mittenwald kann man die Wiesen auf verschiedenen Wegen mit Halt an der Kapelle Maria Rast durchqueren. So bietet dieses Eiszeiterbe heute ein faszinierendes Geotop. Als Zeitreise in die Natur lässt sich ein Spaziergang gestalten, der durch die grüne Schönheit der sanften Hügelwiesen überzeugt und eben nicht vermuten lässt, wie alt diese Buckel in Wahrheit schon sind. Und was sich ohne Menschenhand über die Jahrtausende erhalten hat, das bleibt auch bestehen und zu bestaunen, seit der eisigen Vergangenheit.
Die Goas Alm auf der Route bietet – dem Namen verpflichtet – allerlei hauseigene Produkte von der Ziege und im Sommer gar leckeres Goas-Eis.
2
Buckelwiesen
Am Friedhof
Friedhofweg 10
82494 Krün
Ausgeschilderte Wege führen zum Schmalensee und bis nach Mittenwald.
3 Haus und Wirt
Krün: Block’s Post
Dieses Haus hat viele Wirte und Gäste erlebt. Als ehemalige Poststation, Kutschenstall und später als Wirtshaus sind seit 1581 Mahlzeiten aus der Bauernkuchl serviert worden. Mehr als 40 Jahre nun prägt die Familie Block das Haus nicht nur mit ihrem Namen, sondern auch mit einem neuen Stil. Sie verwandelten die alten Stuben in ein zeitgemäßes Restaurant mit angrenzendem Barbetrieb und einem Konzept: In der rußig-schicken Gamsstube hängen Geweihe überm Ofen, alte Decken wurden wieder freigelegt