Mörder sind keine Engel: 7 Strand Krimis. Cedric Balmore. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Cedric Balmore
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783956179846
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betrat sein Apartment. Dort lag June auf der Couch, gefesselt und geknebelt. Bount band sie los. Der Zorn in ihm wuchs, aber er verlor seinen Charakter. Vorher war er heiß und impulsiv gewesen, jetzt zeigte er sich eher kalt, wie tiefgefroren. Bount wusste, dass er dieses Gefühl konservieren würde, bis sich ein Ventil fand – die Bestrafung der Gangster.

      „Mein Gott, Bount“, stieß June hervor. „Diese Bestien! Wie sehen Sie bloß aus? Legen Sie sich hin, ich besorge Watte, Wasser und Jod.“

      Er streifte das Jackett ab, bettete sich auf die Couch und ließ sich von Junes sanften, geschickten Händen behandeln.

      June tupfte ihm behutsam das Blut ab. Er schloss die Augen und fragte sich, was besser war: die kühlende Wirkung des Wassers oder Junes sanfte, bewegliche Finger. Seine Unterlippe war aufgeplatzt, er merkte, wie sie langsam anschwoll.

      „Was haben diese Gangster von Ihnen gewollt?“, erkundigte sich June.

      „Ich soll den Fall Thorpe hinschmeißen. Vermutlich steckt Andreous dahinter. Er hat den Strudel angerührt und muss jetzt vermeiden, von ihm erfasst zu werden.“

      Es klopfte an der Tür. June schreckte hoch. Auch Bount schwang die Füße auf den Boden. „Wer ist da?“, rief er.

      Die Tür öffnete sich. „Darf ich eintreten?“, fragte der Mann, der sich im Türrahmen zeigte.

      Es war James Thorpe.

      „Der Zugang stand offen, im Büro brannte Licht, aber nirgendwo war ein Mensch zu sehen“, entschuldigte sich der Besucher. „Ich bin einfach von einem Raum in den anderen gegangen ...“

      „Wie Sie sehen können, hatte ich etwas Ärger“, meinte Bount und stand auf. Er gab dem Besucher die Hand. „Lassen Sie uns nach nebenan gehen, bitte.“ Er wandte sich an June. „Vielen Dank. Wenn Sie das Maß Ihrer Güte vollzumachen wünschen, können Sie mir ein Steak in die Pfanne hauen – ich habe seit dem Frühstück keinen Bissen mehr zu mir genommen.“

      Das Reden fiel ihm durch die anschwellende Lippe zunehmend schwerer, aber er war es gewohnt, mit derlei Blessuren zu leben.

      Sie nahmen im Office Platz, nachdem Bount die zerbrochene Lampe aufgehoben und beiseitegelegt hatte. „Waren Sanders und Kelly bei Ihnen?“, fragte James Thorpe.

      „Die Männer sind Ihnen begegnet?“

      „Sie kamen durch die Halle, als ich das Haus betreten wollte“, sagte Thorpe. „Ich habe mich rasch abgewandt, um von ihnen nicht bemerkt zu werden.“

      „Wie heißt der Plattnasige?“

      „Kelly. Der Mann mit dem Bärtchen heißt Sanders. Sie arbeiten für Andreous. Sie sind seine Bodyguards.“

      „Woher kennen Sie die beiden?“, wunderte sich Bount.

      James Thorpe lehnte sich zurück. „Gestatten Sie, dass ich rauche? Ich muss Ihnen ein Geständnis machen“, sagte er. „Ich bin schuld an Jessicas Tod.“

      Bount beugte sich mit einem Ruck nach vorn. „Wie bitte?“, fragte er.

      „Sie haben mich richtig verstanden. Natürlich habe ich meine Frau nicht vergiftet, aber ich habe es zugelassen, dass sie auf diesen Weg geriet, den Weg in den Abgrund, in den Tod. Zugegeben, ich habe das nicht gewollt und auch nicht vorausgesehen, sonst hätte ich mich anders verhalten, aber wenn ich das Ganze rückblickend nüchtern und selbstkritisch werte, sehe ich glasklar, dass alles anders gekommen wäre, wenn ich Jessica glücklich gemacht hätte. Aber ich dachte immer nur an das Geschäft, die Bank, meine Karriere, den Erfolg. Für Privates blieb dabei wenig Zeit. Ist es da ein Wunder, dass Jessica Zerstreuung suchte und auf dumme Gedanken kam?“

      „Sie wussten, dass sie ein Verhältnis mit Andreous hatte?“, fragte Bount.

      „Selbstverständlich wusste ich es. Ich habe mit Jessica niemals darüber gesprochen. Wir behandelten das Ganze wie eines der vielen Tabus, die in unseren Kreisen üblich sind. Ich ließ sie gewähren und erkaufte mir dafür Rückenfreiheit für meine geschäftlichen Interessen.“

      „Davon haben Sie mir nichts gesagt.“

      „Ich weiß. Ich habe Sie belogen. Das war dumm, aber Sie müssen sich in meine Lage versetzen. Es ist schlimm genug für mich, Jessica auf so schreckliche Weise verloren zu haben. Ich wollte das Ganze nicht noch schlimmer machen, indem ich Jessica als untreue Ehefrau und mich als gehörnten Ehemann darstellte, deshalb blieb ich dem Klischee treu – ich sagte das, was die anderen sehen sollten, ich versuchte die Fassade zu erhalten, die Jessica und ich uns erbaut hatten.“

      „Wussten Sie, welche Rolle Latham in Jessicas Leben spielte?“, fragte Bount.

      James Thorpe sah verblüfft aus. „Latham? Nein. Wer ist das, bitte?“ „Einer von Correggios Leuten. Möglicherweise sein Mörder, ganz bestimmt aber ein Mittäter.“

      James Thorpe befeuchtete sich die Lippen mit der Zungenspitze. „Was ist geschehen?“, fragte er. „Sind Sie inzwischen fündig geworden?“

      Bount nickte und berichtete, was er erlebt und herausgefunden hatte. Er ließ nichts aus. James Thorpes Gesicht zeigte keine Gefühlsregung, nur sein Blick wurde seltsam starr. James Thorpe schwieg, nachdem Bount zu Ende gekommen war. Bount spürte, dass es seinen Besucher einige Mühe kostete, das Gehörte mit seinen Ungeheuerlichkeiten zu verdauen.

      James Thorpe drückte seine Zigarette aus. Er machte plötzlich einen sehr müden, abgeschlafften Eindruck. „Als ich begriff, wie dumm ich Ihnen gegenüber gehandelt hatte, wollte ich mein Gewissen erleichtern“, sagte er. Es klang mechanisch, fast so, als sei er nicht bei der Sache. „Ich versuchte, Sie telefonisch zu erreichen, immer wieder. Als das nicht klappte, machte ich mich schließlich auf dem Weg nach hier, ungeachtet der späten Stunde. Ich muss jetzt nach Hause. Ich muss verdauen, was ich gehört habe.“

      „Einen Moment noch. Haben Sie eine Ahnung, wo Sanders und Kelly wohnen?“

      „Nein, aber es kann nicht schwer sein, über Andreous an sie heranzukommen. Ich bin jedenfalls bereit, zu bezeugen, dass sie bei Ihnen waren.“ Er erhob sich und ging zur Tür. Dort blieb er stehen und wandte sich nochmals Bount zu. „Sie brauchen mir keine Rechnung zu schicken“, sagte er. „Ich überweise Ihnen einen Betrag, der Ihrem Erfolg gerecht werden wird.“

      „Danke“, sagte Bount, „aber es wird keinen Erfolg geben, wenn es uns nicht gelingt, Andreous‘ Schuld zu beweisen. Sie müssen mir dabei helfen.“

      „Wie stellen Sie sich das vor?“

      „Gibt es im Nachlass Ihrer Frau Briefe, Notizen oder andere Hinweise, die meiner Arbeit frische Impulse geben könnten?“, fragte Bount.

      „Ich bezweifle es“, meinte James Thorpe. „Ich kann nur bestätigen, dass sie die Geliebte des Reeders war.“

      „Es wird einen Versuch des Reeders geben, Ihnen daraus einen Strick zu drehen.“

      „Wieso?“

      „Er könnte Jessicas Ermordung als ein Eifersuchtsdrama hinzustellen versuchen, als den Racheakt des betrogenen Ehemannes.“

      „Lieber Himmel, daran habe ich noch gar nicht gedacht“, sagte James Thorpe.

      „Andreous wird daran denken“, versicherte Bount. „Verlassen Sie sich darauf!“

      14

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