•Alle Förderwerke verlangen den Nachweis eines »gesellschaftspolitischen Engagements«. Das kann vom ehrenamtlichen Deutschunterricht für Geflüchtete bis zur Mitgliedschaft im Festkomittee eines Schützenvereins so ziemlich alles sein, was von Ihnen (a) nicht aus finanziellen Gründen gemacht wird und (b) in irgendeiner Form gemeinschaftsdienlich ist. Wenn Sie nie ehrenamtlich gearbeitet haben, brauchen Sie sich bei den Begabtenförderungswerken nicht zu bewerben. Es spielt aber auch keine ausschlaggebende Rolle, wenn Sie auf keine jahrelange ehrenamtliche Betätigung zurückblicken können. Hauptsache, Sie können in Ihrer Bewerbung auf ein ehrenamtliches Engagement verweisen, das sie nicht erst kurz vor dem Zeitpunkt der Bewerbung aufgenommen haben.
•Die 13 Förderinstitutionen nennen sich nicht zum Spaß »Begabtenförderungswerke«. Wenn Sie Ihren Master mit Ach und Krach geschafft haben sollten, wenn Sie den Plan zu promovieren nur gefasst haben sollten, weil Ihnen nichts Besseres eingefallen ist, wenn Sie tief im Inneren der Ansicht sind, überhaupt nicht der Typ für wissenschaftliches Arbeiten zu sein – dann sind Ihre Aussichten, von einem Begabtenförderungswerk aufgenommen zu werden, gering. (Das widerspricht dem zuvor Gesagten von der 14-prozentigen Chance nur scheinbar: Denn schon die bloße Tatsache, dass Sie ein Buch mit dem Titel »Der Weg zur Promotion« in der Hand halten, spricht ja eher dafür, dass Sie durchaus ein zumindest rudimentäres Interesse an wissenschaftlichem Arbeiten haben. Reden Sie sich also bitte nicht ein, zu wenig »begabt« zu sein!) Abschlussnoten unter 2,0 sind kein Ausschlusskriterium, sie bedürfen dann nur eines höheren Begründungsbedarfes seitens Ihrer Gutachterinnen.
•Die Begabtenförderungswerke zahlen Ihnen (Stand 2020) einen monatlichen Betrag von 1.350 Euro + 100 Euro Forschungskostenpauschale (Promovierende mit Kind erhalten zusätzlich eine Familienzulage) – für zwei, maximal drei Jahre. Neben der finanziellen Unterstützung (die Sie übrigens, anders als das BAföG, nicht zurückzahlen müssen) bieten sie alle eine sogenannte »ideelle Förderung«. Dabei handelt es sich um Seminare, Tagungen und weitere Veranstaltungen, auf denen Sie sich mit Gleichgesinnten vernetzen, Kontakte zu Fachleuten außerhalb Ihrer eigenen Hochschule herstellen, sich beruflich oder politisch weiterbilden können. Die Teilnahme an diesen Veranstaltungen ist – bis auf wenige Ausnahmen – freiwillig. Falls Sie skeptisch sind, kann ich Sie beruhigen: Die ideelle Förderung der Begabtenförderungswerke hat nichts von »Kaderschmieden«.
•Die Förderwerke haben nichts zu verschenken. Sie müssen sich gegenüber ihrem »Zuwendungsgeber« (Amtsdeutsch!) rechtfertigen, weshalb gerade Sie die Zusage für ein Stipendium erhalten, Ihre Kommilitonin nebenan aber nicht. Natürlich wird nicht jede Stipendienvergabe einzeln überprüft – stattdessen haben sich bürokratische Routinen entwickelt, die das Qualitätsniveau der Begabtenförderungswerke insgesamt sichern sollen. Entsprechend hoch sind der Verwaltungsaufwand und die Dokumentendichte, die Sie schon beim Bewerbungsverfahren beibringen müssen, damit die Förderwerke genug Anhaltspunkte finden, um Ihre persönliche »Förderwürdigkeit« belegen zu können: Neben formalen Dokumenten – wie der Zulassungsbescheid zum Promotionsstudium oder das Sprachzeugnis und der Aufenthaltsstatus (für ausländische Doktorandinnen) – sind dies auch inhaltlich aufschlussreiche Schriftstücke: Ein ausführliches Exposé ihres Promotionsprojektes (inklusive Zeitplan) wird ebenso für die Bewerbung verlangt wie zwei (!) Fachgutachten: ein »Empfehlungsschreiben« Ihrer Betreuerin und ein weiteres von einer zweiten Hochschullehrerin. Besprechen Sie sich deshalb unbedingt vorab schon mit Ihrer Betreuerin und bitten Sie sie um das benötigte Fachgutachten – bevor sie die Online-Bewerbung starten! Denn ab der Aufforderung, die Bewerbungsdokumente einzureichen, haben Sie eine Frist von drei Wochen – bis dahin müssen Ihre Unterlagen eingegangen sein. Ungünstig, wenn Ihre Betreuerin erst in dieser Zeit erfährt, dass sie Ihnen ein Fachgutachten ausstellen soll …
•Ungeachtet des Termin- und Organisationsdrucks, den das Bewerbungsverfahren Ihnen auferlegt, ist der Bewerbungsprozess eine langwierige Angelegenheit und kann von Förderwerk zu Förderwerk etwas unterschiedlich sein. Ihre Bewerbung erfolgt in der Regel zunächst online. Dann werden Sie aufgefordert, Ihre Unterlagen einzureichen. Falls ihre Bewerbungsdokumente den formalen Kriterien genügen (also vollständig und fristgerecht eingesandt wurden), werden Sie in das »engere« Bewerbungsverfahren aufgenommen: Sie bekommen irgendwann eine Mitteilung über den Termin zu einem Bewerbungsgespräch bei einer »Vertrauensdozentin« (VD) des potenziellen Stipendiengebers. Sollten Sie bei diesem Gespräch einen guten Eindruck machen, das heißt, sollten Sie sich als weltanschaulich informiert, gesellschaftspolitisch engagiert und wissenschaftlich begabt darstellen können, dann steigen ihre Chancen, zu einem weiteren Gespräch mit einem Mitglied des Auswahlausschusses eingeladen zu werden. Hinterlassen Sie auch dort einen positiven Eindruck, ist es wahrscheinlich, dass Sie bei einer der mehrmals im Jahr stattfindenden Sitzungen des Auswahlausschusses auf die Liste der »Zusagen« kommen.
•Beachten Sie, dass zwischen der Bewerbung, der Zusage und schließlich der Auszahlung des ersten monatlichen Stipendiengeldes viele Monate vergehen! Ein Dreivierteljahr ist nicht unrealistisch, also kalkulieren Sie diese »Finanzierungslücke« unbedingt in ihren Promotionsfinanzierungsplan mit ein!
Trotz all dieser Bedenken möchte ich Sie hier noch einmal ausdrücklich dazu ermutigen, sich bei einem der Begabtenförderungswerke um ein Promotionsstipendium zu bewerben! Die Chancen, eines zu bekommen, sind – wie oben schon gesagt – gar nicht so gering. Die meisten erfolglosen Bewerbungsversuche scheitern übrigens in der allerersten Phase des Auswahlverfahrens an »formaler Unzulässigkeit«, das heißt, die Unterlagen sind nicht vollständig oder nicht fristgerecht eingereicht worden. Machen Sie sich bitte klar, dass die allermeisten Bewerbungen um ein Stipendium an diesen rein formalen Hürden scheitern!
Zum Schluss möchte ich noch einmal die wichtigsten Schritte aufzählen, die am Anfang eines Promotionsprojektes beachtet werden sollten:
•Gründe für oder gegen die Entscheidung für eine Promotion abwägen
•Themen und mögliche Betreuerinnen ausfindig machen
•Einen Finanzplan erstellen
•Gesprächstermine vereinbaren
•Exposé schreiben und Zeitplan erstellen
•Vier-Augen-Gespräch mit Betreuerin führen; optimales Ergebnis: Unterzeichnung einer »Betreuungsvereinbarung«; suboptimales Ergebnis: Gespräch mit anderer Betreuerin suchen
•Promotionsordnung besorgen und die »Zulassung zur Promotion« beantragen
•Um ein Promotionsstipendium bewerben
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