River & Matt. Andy D. Thomas. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andy D. Thomas
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960894537
Скачать книгу
kommt noch schlimmer“, sagte River und zeigte auf Joeys blutverkrusteten Mundwinkel. „Das war er nicht selber mit dem Messer.“ Er konnte hören, wie Matt mit den Zähnen knirschte. „Lehn dich mal nach vorne, Joey.“ River stand auf und zog das T-Shirt hoch.

      Matt starrte auf Joeys Rücken, der mehrere Hämatome aufwies, und ihm entfuhr ein entsetzter Laut. „Wie ist das passiert?“

      „Schürhaken“, murmelte Joey. „Sie ist völlig ausgerastet, weil ich dich letzthin auf der Straße gesehen hab und dir zugerufen hab, dass ich dich liebe. Als wir wieder daheim waren, hat sie mich damit verprügelt und dann ins Zimmer gesperrt.“

      „Das ist fünf Tage her!“

      Joey nickte und biss sich auf die Lippe. „Heute konnte ich nicht mehr und hab mir das Messer geschnappt, als ich nach’m Klo kurz in der Küche war. Irgend so ’n Typ war grad an der Tür, daher hat sie es nicht bemerkt. Ich hab geschrien, sie soll mit dem Typ vor die Tür gehen, oder ich, ich …“ Joey schluckte. „… tu mir was an. Daddy, ich hätte das nie wirklich gemacht, glaubst du mir?“

      Matt nickte.

      „Aber ich hatte Angst, wenn ich einfach weglaufe, dann erwischt sie mich vielleicht vorher, und so. Der Mann hat sie rausgezogen und dann auch die Polizei gerufen. Die waren in Nullkommanix da.“

      „Die Klinik hat das Jugendamt informiert und ich hab ihnen auch Sarahs Nummer gegeben“, erklärte ihm River.

      „Deshalb ging das wohl so schnell“, murmelte Matt.

      „Es ist alles geregelt?“

      „Vorläufig. Ja. Es wurde eine Übergangsregelung von dreißig Tagen getroffen. Bis dahin sollte alles in trockenen Tüchern sein. Sie haben seine Mutter verhaftet. Sie wird angeklagt.“

      Geschieht ihr recht!, dachte River, sprach es aber vor Joey nicht laut aus.

      „Muss ich jetzt ins Heim?“, fragte Joey und riss ihn aus seinen Gedanken.

      „Was? Nein, wo denkst du hin! Ab jetzt gibt’s nur noch dich und mich. Ich hab das Sorgerecht für dich beantragt.“

      „JAAAA!“ Joey fiel ihm wieder um den Hals und drückte ihn so fest, dass Matt fast die Luft wegzubleiben schien.

      „Wie schaffst du das nur, dachte, du hast nix gegessen?“

      „Hatte noch ein bisschen Schokolade“, gestand er. „Musste sie mir aber gut einteilen, so wie du mir das immer erklärt hast, wenn man sich in der Wildnis verirrt.“

      „Gut gemacht.“

      River stand auf. „Übrigens: Wenn die Infusion durch ist und du dein Einverständnis gibst, kannst du ihn nachher mitnehmen. Es gibt keinen Grund, ihn über Nacht hierzubehalten, hat der Doc gesagt. Die blauen Flecken verheilen hier auch nicht schneller“, erklärte er. „Der Polizeipsychologe hat auch schon mit Joey gesprochen. Das ist alles.“

      Matt stand ebenfalls auf. „Ich will kurz mit dem Doc reden, können wir dich grad mal alleine lassen?“

      „Mhmm.“

      Matt nickte zur Tür und River folgte ihm.

      Draußen fuhr er sich mit beiden Händen durchs Gesicht und River sah, dass sie zitterten. „Ich fasse es nicht, dass sie ihm sowas antun konnte“, murmelte er und River war klar, dass er sich im Zimmer maßlos am Riemen gerissen hatte, als er ihm Joeys Hämatome gezeigt hatte.

      „Das sollte sie für eine Weile aus dem Verkehr ziehen. Kindesmisshandlung und Freiheitsentzug ist kein Pappenstiel.“

      Matt fuhr sich durch die Haare. „Oh, Mann.“

      „Geh wieder zu ihm. Ich fahr derweilen nach Hause. Er braucht dich jetzt. Der Doc meinte, die Infusion könnte noch ’ne Weile dauern.“

      „Okay. Wir sehen uns dann.“

      Als River seinen Streifenwagen in der Garage parkte und ausstieg, blieb sein Blick am immer noch vollbepackten Pickup-Truck hängen.

      Er stützte sich am Rahmen der offenen Ladefläche ab und ließ den Kopf hängen.

      War’s das jetzt schon wieder?

      Was passiert jetzt?

      Will Matt immer noch mit mir zusammen sein? Natürlich ist Joey allererste Priorität, das würde mir nicht anders gehen. Aber wie geht es jetzt weiter?

      Seine Gedanken begannen, Achterbahn zu fahren.

      Auf der ganzen Heimfahrt von Yucca Valley hatte er an nichts anderes denken können, als nach Hause zu kommen und mit Matt zu duschen. Nicht mehr, nicht weniger. Er hätte ihn natürlich nicht unter der Dusche vernascht.

      Was sich in der Wüste angebahnt hatte, empfand er fast als etwas Heiliges. Er wollte es richtig machen, langsam machen. Matt um Gottes willen nicht überfordern.

      Zwangsläufig musste er an seine letzte wilde Nacht mit Darron denken, als der ihn vier Mal zum Orgasmus gevögelt hatte. Aber wirklich etwas empfunden hatte er dabei nicht. Es war nur Druckablassen gewesen.

      Letzte Nacht hingegen war er nur beim Küssen gekommen. Beim Küssen! Weil es das Erotischste war, das er je erlebt hatte. Matt dabei im Arm zu halten, ihn von Kopf bis Fuß zu spüren, ihm in die Augen zu sehen. Das war der Hammer gewesen.

      Leise stöhnend fuhr er sich mit beiden Händen durchs Gesicht und als er aufsah, stellte er fest, dass der Truck leer war. Er sah sich verwirrt um.

      Anscheinend hatte er ihn tief in Gedanken fast mechanisch abgeladen.

      Stirnrunzelnd schloss er die Garage und ging ins Haus. Tatsächlich.

      Er seufzte, trug Matts Rucksack und andere Dinge in sein Zimmer und räumte seine ebenfalls auf.

      Dann duschte er lange und wieder dachte er dabei an Matt, aber er war zu verwirrt und besorgt, um dabei erotische Gefühle zu haben. Schließlich trocknete er sich ab, zog sich an und machte sich einen Kaffee. Danach bezog er das zweite Bett in Matts Zimmer für Joey.

      Er überlegte, ob er Matt eine Nachricht schicken sollte, doch dann sah er sein Handy auf dem Nachttisch liegen.

      Seufzend nahm er seinen Kaffeebecher und setzte sich vor den Fernseher. Allerdings bekam er überhaupt nichts davon mit, was dort auf der Mattscheibe passierte.

      Schließlich hörte er die Haustür und Stimmen. Erleichtert schaltete er aus, stand auf und ging den beiden entgegen.

      Joey war bleich, wirkte aber glücklich. Wenigstens hat er den Jungen mitbekommen!, schoss es ihm durch den Kopf.

      „Joey wollte unbedingt Pizza, also haben wir welche mitgebracht. Hast du schon was gegessen?“, fragte Matt.

      Jetzt sah er auch den riesigen Familienkarton, den Matt schon auf den Esstisch gelegt hatte. In diesem Moment knurrte Rivers Magen so sehr, dass es fast wehtat. „Ihr seid meine Rettung!“

      Kurz darauf aßen sie zum ersten Mal zu dritt an Weihnachten zu Abend.

      „Ich wollte immer schon mal Pizza als Weihnachtsessen“, sagte Joey. „Endlich wird der Wunsch mal wahr.“

      „Ich hab dir das andere Bett bei deinem Dad im Zimmer hergerichtet.“

      „Klasse! Ich bin auch ehrlich gesagt todmüde.“

      River nickte. „Man sieht es dir an.“

      Joey sah mit einem sehnsüchtigen Blick auf die restliche Pizza. „Oh Mann, ich wünschte, ich könnte alles aufessen.“

      „Hey, Großer, morgen is’ auch noch ein Tag und sollten River und ich den Rest aufessen, kaufen wir ’ne neue, hm? Ich werd dich garantiert nicht hungern lassen.“

      Joey nickte und ein Schatten flog über sein hübsches Gesicht mit den Grübchen. River wusste, er dachte vermutlich an die letzten Tage. Es war gut, dass er das zweite Bett bei Matt und nicht ein anderes Zimmer hergerichtet hatte. Joey bekam vielleicht Alpträume und