Homestory - Seite 2. Beth MacLean. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Beth MacLean
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960894490
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Hand am Knauf lauschte Jake den vertrauten Stimmen und dem geschäftigen Treiben, das mit dem Öffnen der Schiebetür wie eine riesige Welle in sein Schlafzimmer schwappen würde. Wann, zum Teufel, waren sie alle aufgestanden, fragte er sich nicht zum ersten Mal während ihrer langjährigen Zusammenarbeit.

      »Na, dann woll’n wir mal«, murmelte Jake, teilte mit Schwung die beiden Flügel und trat nach draußen – in eine andere Welt. Sofort richtete sich die Aufmerksamkeit aller Umstehenden auf ihn. Wie durch ein unsichtbares Signal schien eine andere Phase im Tagesplan eingeläutet worden zu sein. Mit einem Lächeln auf den Lippen warf er einen Blick in die Runde und murmelte ein ›Morgen‹. Einen Augenblick später löste sich die Starre und es kam wieder Bewegung in sein Team – in zwei Mitglieder im Besonderen. Jake blieb stehen und wartete amüsiert ab, wer heute gewinnen würde.

      »Jake, wir müssen noch einige Termine und Änderungen durchgehen!« Wie erwartet war Janine perfekt gestylt. Ihr blondes Haar und ihr Kostüm saßen tadellos. Sie bahnte sich ihren Weg und fixierte ihn mit einem strengen Blick. Offensichtlich lief sie bereits auf Hochtouren, weswegen er es ihr nachsah, dass sie ohne ein ›Hallo‹ oder ›Guten Morgen‹ in die Unterhaltung startete. Noch ehe seine Assistentin ihn erreichte und er sie mit einem Lächeln und einem Kuss auf die Wange begrüßen konnte, schob sich von der anderen Seite ihre Konkurrenz an ihn heran.

      »Honey, wir haben heute wie immer viel vor und ich …« Kisha, ihres Zeichens gekürte Make-up-Artistin, hakte sich bei Jake unter und versuchte, ihn mit sanftem Druck in eines der angrenzenden Zimmer zu lotsen. Sie kannten sich seit Jahren und waren ein eingeschworenes Team, was das Arbeiten für beide Seiten angenehm machte. Kisha ging, wie auch alle anderen aus seiner Ersatzfamilie, locker und ungezwungen mit ihm um und er konnte sich auf ihre Diskretion verlassen. Schon mehr als einmal hatte sie ihn während eines Shootings nackt gesehen, und nicht nur gesehen, sondern auch Hand an ihn gelegt, für das Body-Make-up.

      Kisha besaß quasi das Monopol auf seinen Körper – zumindest, wenn es um Kosmetik ging. Sie war Mitte fünfzig und pfiff selbstbewusst auf den Schlankheitswahn in Hollywood. Kisha hatte eine Rubensfigur, die sie mit auffällig bunten Kleidern umhüllte, und beheimatete tief in ihrem Innern die Seele einer italienischen ›Mama‹, einer Matriarchin. Sie war oft Beraterin in allen Lebenslagen. Wenn man es wagte, konnte man bei ihr seinen Kummer loswerden, wurde getröstet und erhielt Rat – ehrlich und direkt.

      »Ah, ah!« Mit erhobenem Zeigefinger unterband Janine die Entführung und blieb dicht vor Kisha stehen. Sie sah streng auf die ältere Frau hinab, was der Autorität der gebürtigen Afrikanerin keinen Abbruch tat. »Tut mir leid, aber das hat Vorrang!« Janine drückte ihren Zeigefinger derart heftig gegen das Clipboard in ihrer Hand, dass der Bereich um den Knöchel sich weiß verfärbte. Trotz modernster Technik, die Jake seiner Assistentin zur Verfügung stellte, arbeitete sie seltsamerweise sehr gern damit. Ihr Lächeln wirkte angesichts der Tonlage fehl am Platz. Es war eher ein kämpferisches Zähne-Zeigen.

      »Mir tut es nicht leid«, entgegnete Kisha unbeeindruckt. »Ich muss mich jetzt um ihn kümmern. Du entschuldigst uns?« Ohne eine Antwort auf die Frage abzuwarten, machte Kisha kehrt und zog ihre Beute mit sich. Dabei schmunzelte sie derart zuckersüß, dass Jake sich über einen kollektiven Kariesbefall nicht gewundert hätte. Weit kamen sie allerdings nicht.

      Angestrengt kämpfte Jake ein Lachen nieder, während er die nächste Runde des Schlagabtauschs beobachtete und sich wohlwissend heraushielt. Er verschränkte die Arme und trat einen Schritt zurück.

      »Ich musste einige Abläufe ändern und …« Janine gab sich noch lange nicht geschlagen.

      »Honey!«, wurde sie pikiert unterbrochen. »Deine Termine und geänderten Abläufe nutzen dir rein gar nichts, wenn du keinen Jake hast, den du gestylt zu einem Interview schicken oder vor eine Kamera schubsen kannst.« Kisha baute sich vor der Blondine auf und wog siegessicher ihren Kopf hin und her. Jake konnte sich nicht erinnern, die beiden jemals ohne Sticheleien erlebt zu haben. Dabei war die Arbeit der einen keinesfalls mehr wert als die der anderen. Es funktionierte nur zusammen – und das wussten sie.

      Seine Müdigkeit verflüchtigte sich, während er sich umsah. Die Energie seines Teams übertrug sich auf ihn. Sie alle waren hier, um etwas zu schaffen, etwas zu erschaffen – zusammen mit Jake. Langsam, aber sicher ließ er sich von der Geschäftigkeit und der elektrisierenden Euphorie anstecken.

      Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie Charly derweil die Technik checkte und kommentarlos einige Headsets verteilte – für manchen in der weitläufigen Suite unverzichtbar, wenn man sich nicht die Hacken ablaufen und einander ständig verpassen wollte. Auch Janine erhielt eins. Damit war es ihr möglich, Jake für den Rest des Tages wie ein Satellit zu umkreisen, ihn nicht aus den Augen zu lassen und die anderen trotzdem schlicht per Durchsage durch die Gegend zu scheuchen. Mehr Technik für Janine bedeutete weniger Freiheit für ihn und das Team. Während Charly sie verkabelte, konnte Jake sich nicht verkneifen, mit panischem Gesichtsausdruck ›Hilfe!‹ in ein imaginäres Handfunkgerät zu flüstern, als ihre Blicke sich trafen. Der Techniker bekam rote Wangen, da er offensichtlich ein Lachen unterdrücken musste. So schnell wie möglich machte er sich wieder aus dem Staub, um nicht zwischen die Fronten zu geraten.

      »… also, lass mich meine Arbeit machen und diesen Diamanten zum Funkeln bringen. Die Termine könnt ihr nebenbei durchgehen.«

      Auch wenn über ihn gesprochen wurde, als wäre er ein nettes Accessoire, erwartete Jake amüsiert den Konter seiner Assistentin. Für ihn stand die Gewinnerin fest. Kishas Argument war handfest und in Gedanken hörte er bereits die Ringglocke, die das Ende des Schlagabtauschs einläutete. Unauffällig flogen seine Blicke zwischen den Rivalinnen hin und her, bis Janine auf ihre Uhr sah und einknickte. Vermutlich nicht, weil sie Kisha kleinlaut das Feld überlassen wollte, sondern weil ihr offenbar die Zeit im Nacken saß. Der verkniffene Zug um ihren Mund wurde weicher und sie stöhnte auf.

      »Also, dann los!« Janine fuchtelte mit dem Arm in der Luft und scheuchte die beiden auf. Zufrieden zwinkerte Kisha zu Jake hoch, der sich zwischen die Frauen schob, seine Arme um ihre Schultern legte und die beiden an seinen nackten Oberkörper zog. Jede erhielt einen freundschaftlichen Kuss auf die Stirn.

      »Ach, Mädels, was würde ich nur ohne euch tun!«, säuselte er dramatisch und lachte, als Janine ihm in gespielter Empörung in die Rippen kniff.

      Kisha dirigierte ihn eifrig auf den Stuhl vor dem mobilen Schminktisch, mit dem sie jedes beliebige Hotelzimmer in einen Beautysalon verwandeln konnte, schnappte sich routiniert ihre Frisierutensilien und nahm hinter ihm Aufstellung, während Janine einen Hocker heranzog. Sie beeilte sich, so viele Informationen wie möglich herunterzubeten, bevor Kisha den Fön einschaltete und damit die Unterhaltung deutlich erschwerte. Jake hörte trotz geschlossener Augen aufmerksam zu, nickte oder brummte eine Zustimmung.

      Dann riss ihr Redefluss plötzlich ab. »Okay, ich bin gleich da.« Janine klang gereizt, legte ihre Hand dennoch sanft auf Jakes Arm und wartete, bis er sie ansah. »Hör zu, ihr macht hier einfach weiter wie geplant. Ich muss für ein paar Minuten weg und etwas klären.« Während sie sprach, tippte sie mit einem Finger an das Headset, über das ihr offenbar ein Zwischenfall mitgeteilt worden war, und verschwand.

      Jake schenkte der Unterbrechung keine weitere Beachtung, sondern versank in der Wohlfühlmassage, mit der Kisha das Stylingmousse in seinem Haar verteilte und einarbeitete. Weil sie wusste, dass er genau das liebte und dabei fast wie ein Kater schnurrte, nahm sie sich dafür immer mehr Zeit als nötig und verwöhnte ihn.

      »Nicht einschlafen«, murmelte Kisha dicht an seinem Ohr und holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Mit einem Augenzwinkern legte sie Bürste und Fön zurecht, während Jake ihr im Spiegel träge mit den Blicken folgte und dabei versonnen lächelte. Er hätte nichts dagegen gehabt, wenn sie die Massage auf Schultern und Rücken ausgedehnt hätte. Jake rieb seine Augen und gähnte, als er plötzlich zwei Handbreit nach unten sackte und ordentlich zusammengestaucht wurde. Erschrocken krallte er sich an den Armlehnen fest. Er hatte nicht gesehen, dass Kisha den Hebel für die Höhenverstellung betätigt hatte. Natürlich war es für sie so viel angenehmer zu arbeiten, auch wenn Jake nun beinahe unterhalb Kniehöhe saß.

      »Okay,