Geschichte des peloponnesischen Kriegs (Alle 8 Bände). Thukydides. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thukydides
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 4064066498627
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daß Pandion in dieser Entfernung wegen gegenseitiger Vortheile ein Verwandtschaftsband durch seine Tochter habe anknüpfen wollen, als viele Tagreisen weit bei den Odrysiern. Teres aber, dessen Name auch von jenem verschieden ist, war der erste mächtige König der Odryster. Seinen Sohn Sitalces suchten nun die Athener als Bundesgenossen zu gewinnen, wobei sie die Absicht hatten, daß er ihnen zur Bezwingung des Nachbarlandes von Thracien (Chalcidice) und des Perdikkas helfen sollte. Nymphodorus kam nach Athen, brachte den Bund mit Sitalced zu Stande, und bewirkte die Aufnahme von dessen Sohne, Sadokus, unter die Athenischen Bürger. Er nahm es auch auf sich, dem Kriege an der Thracischen Grenze eine entscheidende Wendung zu geben, und den Sitalces zu bestimmen, eine Thracische Schaar von Reitern und leichten Schildträgern den Athenern zu senden. Auch stiftete er einen Vergleich zwischen Perdikkas und den Athenern und bewog diese, ihm Therma zurückzugeben. Sogleich vereinigte auch Perdikkas reine Truppen mit den Athenern und Phormio gegen die Chalcidier. So wurden Sitalced, der Sohn des Teres, König von Thracien, und Perdikkas, Sohn Alerander's, König von Macedonien, Bundesgenossen der Athener. schlachtete nach der Fabel ihren eigenen Sohn Itys, uns die Entehrung der Philomela an Tereus zu rächen: diese roll dann in eine Nachtigall verwandelt worden sein.

      30. Die Athener aber auf der Flotte der hundert Schiffe, die noch in der Gegend des Peloponneses waren, besetzten Sollium, ein Korinthisches Städtchen, und übergaben es den Paläreern in Akarnanien zur alleinigen Benützung der Ortschaft und des Gebiets. Sie erstürmten auch Astakus6, wo Euarchus Alleinherrscher war, vertrieben ihn, und vereinigten den Ort mit ihrem Bunde. Dann segelten sie auf die Insel Cephallenia zu, welche sich ohne Kampf ihnen ergab. Es liegt aber Cephallenia in der Gegend von Akarnanien und Leukas, und hat vier Städte, welche den Paleern, Kraniern, Samäern und Pronäern gehören. Die Schiffe steuerten bald nachher nach Athen zurück

      31. Um den Spätherbst dieser Jahreshälfte machten die Athener mit ihrer Gesammtmacht, Bürgern und Beisitzern, einen Einfall ins Megarische Gebiet unter Anführung des Perikles, des Sohnes von Xanthippus. Als nun die den Peloponnes umschiffenden Athener auf den hundert Schiffen, welche aus dem Rückwege in die Heimath gerade in Aegina waren, erfahren, daß die von der Stadt mit gesammter Kriegsmacht im Megarischen sehen, so segelten sie dorthin, und vereinigten sich mit innen. So war dieß die zahlreichste Heeresmacht, welche die Athener je beisammen hatten, als die Stadt noch in der Blüthe, und von der Seuche noch nicht heimgesucht war. Denn die Athener für sich allein zählten nicht weniger als zehntausend Schwerbewaffnete: ausserdem hatten sie noch dreitausend vor Potidäa stehen. Von den Beisitzern aber nahmen nicht weniger als dreitausend an dem Einfalle Theil. Ferner war die Zahl der leichten Truppen nicht gering, die dabei waren. Nachdem sie nun den größten Theil des Gebiets verheert hatten, zogen sie wieder nach Hanse Megarische Gebiet, theils mit Reiterei, theils mit der gesammten Kriegsmacht, bis Nisäa von den Athenern eingenommen wurde.

      32. Es wurde auch gegen das Ende dieses Sommers - von den Athenern der Posten Atalante, eine zuvor unbewohnte Insel, gegenüber von den Opuntischen Lokrern, befestigt, damit nicht aus Opus und dem übrigen Lokrischen Gebiete Seeräuber auslaufen, und Euböa beschädigen möchten. Dieß geschah in diesem Sommer, nach dem Rückzuge der Peloponnesier aus Attika.

      33. In dem nächstfolgenden Winter bewog der Akarnanier Euarchus, um in Astakus wieder eingesetzt zu werden, die Korinther, mit vierzig Schiffen und eintausend fünfhundert Schwerbewaffneten auszusegeln, und seinen dortigen Besitzstand wieder herzustellen. Er selbst miethete dazu einige Hülfsvölker. Anführer des Zuges waren Euphamidas, der Sohn des Pristonymus, Timorenus, der Sohn des Timokrates, und Eumachus, der Sohn des Chrysis. Sie schifften hin, und setzten ihn wirklich wieder ein. Als sie auch noch einige andere Küstenplätze von Akarnanien erobern wollten, und dieser Versuch mißlang, so schifften sie nach Hanse zurück. Im Vorbeisegeln richteten sie ihren Lauf nach Cephallenia, und landeten im Gebiete der Kranier, wurden aber von diesen durch einen Vergleich hintergangen, und verloren bei einem unerwarteten Ueberfall der Kranier einige von den Ihrigen, und wurden gezwungen, sich in Eile wieder einzuschiffen, worauf sie in die Heimath zurückkehrten.

      34. In demselben Winter veranstalteten die Athener, der Sitte der Väter gemäß, die öffentliche Bestattung derer, die in diesem Kriege zuerst gefallen waren, auf folgende Weise. Drei Tage zuvor wird ein Seit errichtet, die Gebeine der Abgeschiedenen werden ausgestellt, und Jeder bringt seinem Angehörigen, wenn er will, eine Leichengabe dar. Wenn aber der Leiterzug selbst gehalten wird, so werden Garge von Cypressenholz auf Wagen gefahren, einer für jeden Volksstamm. Auch wird ein leeres gepolstertes Todtenlager, mitgeführt, für die Vermißten, die etwa bei der Sammlung der Leichname nicht aufgefunden worden. Jeder, der da will, Stadtbewohner oder Fremder, nimmt Theil an dem Zuge. Auch die anverwandten. Frauen erscheinen wehklagend bei der Leichenfeier. Man setzt nun die Leichen im öffentlichen Begräbnißplatze bei, welcher in der schönsten Vorstadt sich befindet. Von jeher begräbt man dort die im Kriege Gefallenen: nur denen, welche vor Marathon fielen, wurde, weil man ihre Heldentugend für unvergleichbar erklärte, dort auch ihr Grabmal errichtet. Wenn man sie nun mit Erde bedeckt hat, so hält ihnen ein von Staatswegen dazu erwählter Mann, der den Ruf verständiger Einsicht und hervorragendes Ansehen genießt, eine passende Lobrede. Hierauf begeben sie sich wieder nach Hause. Dieß ist nun die Begräbnißfeier: und den ganzen Krieg hindurch, so oft der Fall vorkam, beobachtete man diese Sitte. Für diese ersten Gebliebenen wurde Perikles, Xanthippus Sohn, zum Redner gewählt. Als nun der bestimmte Zeitpunkt gekommen war, so trat Perikles von dem Grabmale auf ein hohes das zu verfertigtes Gerüste, um so weit als möglich von der Menge gehört zu werden, und sprach also:

      35. "Die Meisten derer, die bisher an dieser Stelle aufgetreten sind, beloben den Stifter dieser Reden, der solche mit diesem Leichengebrauche verbunden hat, weil es eine schöne Sitte sei, bei der Bestattung der im Kriege Gefallenen solche öffentliche Vorträge zu halten. Ich aber glaube, es wäre hinreichend gewesen, das ehrenvolle Andenken an Männer; die durch die That sich als tapfer bewiesen, auch nur durch eine Thathandlung zu beweisen, wie ihr sie hier bei den öffentlichen Anstalten zu dieser Leichenfeier sehet: ohne daß man die Beglaubigung der Verdienste so vieler Männer, der bessern oder geringern Rednergabe eines Einzigen überlassen sollte. Denn schwer ist es, zweckgemäß zu sprechen, da, wo es schon Mühe kostet, die Ueberzeugung von der Wahrheit fest zu begründen. Denn ein kundiger und günstig gestimmter Hörer wird vielleicht meinen, die Darstellung sei in Vergleichung mit seinen Wünschen und seiner Sachkenntniß zu mangelhaft. Der Unkundige aber wird aus Neid Manches sogar für übertrieben halten, wenn er etwas hört, was über seine Kräfte hinausgeht. Denn insoweit läßt man sich wohl die Lobreden auf Andere gefallen, als man selbst etwa glaubt, im Stande zu sein, etwas von dem, was man hört, zu leisten; was aber über diese Schranken sich erhebt, das beneidet man, und darum wird es auch sofort bezweifelt. Da nun aber den Alten dieser Gebrauch als lobenswerth sich erprobt hat, so muß auch ich der Sitte gehorchen, und dabei mich bestreben, Euer Aller Wünsche und Ansichten, so gut ich’s vermag, zu treffen."

      36. "Ich will aber zuvörderst mit den Vorfahren beginnen. Denn billig und diesem Anlasse angemessen ist es, ihnen hier ein ehrenvolles Andenken zu weihen. Denn sie haben, stets dieselben, dieses Landes Besitz behauptet, und durch ihre Tapferkeit in der Folge der Geschlechter bis heute dasselbe frei auf die Nachwelt gebracht. Und so ruhmwärdig jene sind, so sind es noch in höherem Grade unsere Väter. Denn sie erwarben zu dem Ererbten noch die Herrschaft in dem Umfange, wie wir sie besitzen, und haben dieselbe nicht ohne Anstrengung auf uns jetztlebende fortgepflanzt. Doch noch mehr haben wir, die wir hier sind, und gerade noch in lebenskräftigem Alter stehen, die Vergrößerung jener Macht gefördert, wird dem Staate für Krieg und Frieden eine allseitig tüchtige und selbstständige Haltung gegeben. Ihre Kriegsthaten, durch welche jenes Alles der Reihe nach errungen worden, oder wie wir selbst oder unsere Väter der Barbaren oder Hellenen feindlichen Angriff muthig zurückgewiesen, will ich vor Kundigen, um nicht durch lange Rede hinzuhalten, übergehen. Vielmehr will ich zuvörderst erklären, durch welches Verfahren wir so weit gediehen sind, und durch welche Staatseinrichtung und Handlungsweise, jene Größe gegründet wurde; dann werde ich auf das Lob dieser Männer übergehen. Denn ich glaube, eine solche Darstellung werde, unter den jetzigen Umständen nicht unangemessen und nützlich sein, wenn die ganze Versammlung von Stadtbewohnern und Fremden sie vernehme."

      37. "Wir leben nämlich unter einer Verfassung, die nicht eine Nachbildung auswärtiger Gesetze ist: vielmehr sind wir selbst Manchen