Hochachtungsvoll,
Brian Warner
* * *
BLEIBT ALLES IN DER FAMILIE
Von Brian Warner
Er hoffte, dass das Tonband immer noch funktionierte. Es war eines dieser kleinen tragbaren Geräte, wie sie häufig in Schulen oder Büchereien verwendet werden. Teddy fiel nicht einmal die Ironie an seiner Handlung auf – es war Angie gewesen, die ihm das Tonband gekauft hatte. Er wischte die Haarbüschel und das Blut aus der Ecke und stieß einen Seufzer aus. „Zur Strafe wird mir Mutter wahrscheinlich das Fernsehgucken verbieten“, überlegte er, als er sich die Bescherung ansah, die er angerichtet hatte.
„Hol sie der Teufel! Soll sie alle der Teufel holen. Warum hatte sie das Peg bloß angetan? Warum?“ Hasserfüllt trat er gegen den Leichnam, der neben ihm lag. Ihre glasigen Augen starrten mit einem Ausdruck leerer Faszination zurück. „Du Miststück. Du hast Peg umgebracht.“
Der tote Blick seiner Schwester konnte ihm keine Antwort mehr geben. (Er fragte sich warum.) Ihr Gesicht wirkte, als würde es von einem Schatten verdunkelt. Er zog ihren Kopf an ihrem verklebten Haar hoch und stellte fest, dass dieser Eindruck durch das Blut an ihrer Wange hervorgerufen wurde. Er sah auch, dass aus dem Loch in ihrem Schädel keine Flüssigkeit mehr quoll; das Blut war zu einem gallertartigen Pfropfen geronnen.
Mutter würde bald nach Hause kommen. Er musste schnell ein Grab ausheben.
Teddy stand auf und ging in sein Schlafzimmer. Aus Pegs Körper war das letzte bisschen Luft entwichen, und so lag sie nutzlos auf dem Boden. In ihrem blutleeren Brustkorb steckte ein Küchenmesser, und sie starrte mit ihrem immergleichen Gesichtsausdruck – einem Mund, der sich zu einem „O“ formte – an die Decke. Sie sah aus, als würde sie schreien.
Er nahm Pegs Kopf in die Hand und schaute mit feuchten Augen auf die in sich zusammengesunkene Plastikhülle, die fast genauso groß war wie ein menschlicher Körper. Er musste weinen, als er ihr sanft über den Kopf streichelte – und jede einzelne Träne drückte tausendfach den sehnlichen Wunsch aus, sie möge ihm zurückgebracht werden. Es erfüllte ihn mit Genugtuung, dass Angie tot war – sie hatte jeden einzelnen dieser tödlichen Schläge verdient. Als Teddy seiner Puppe über das künstliche Haar strich, bemerkte er den Gestank, den der tote Körper seiner Schwester mehrere Meter entfernt verströmte. Er wusste, dass es Urin war – er hatte gehört, wie sich ihre Harnblase geöffnet hatte, als er ihr den letzten tödlichen Schlag verabreichte. Dann hatte er ihr erst recht noch einen Schlag versetzt – sie hatte Peg umgebracht. Er hatte jedes Recht, das zu tun.
Vorsichtig legte er Pegs Kopf auf den Teppich. Er beugte sich zu ihr hinunter, küsste ihre Wangen und wischte das klebrige Zeug von ihren Plastiklippen. Mutter hatte ihm zuvor verboten, Peg zu berühren oder schmutzige Dinge mit ihrem Mund anzustellen, aber er konnte sich nicht beherrschen. Er liebte sie viel zu sehr, um sie in Ruhe lassen zu können. Wenn Mutter herausgefunden hätte, was für schmutzige Dinge er mit ihr machte, dann hätte sie ihm Peg wieder weggenommen, so wie sie es schon einmal getan hatte – und dann hätte er wieder nach ihr suchen müssen. Als sich Teddy dem Körper seiner Schwester zuwandte, hielt er eine Minute inne, um ihre Nacktheit zu bestaunen. Von seiner Kammer aus hatte er immer beobachtet, wie sie sich anzog, aber er hatte ihr Dreieck noch nie aus der Nähe gesehen. Der dunkle Haarbüschel zwischen ihren Beinen faszinierte ihn – Peg hatte so etwas nicht. Er berührte ihre Oberschenkel und schreckte wieder vor ihr zurück, als sei ihr Körper noch warm. War er aber nicht. Tatsächlich begann sie langsam kalt zu werden. Seit seiner Tat waren vier Stunden vergangen.
„Ich hasse dich!“ Das war alles, was er ihren Kadaveraugen mitzuteilen hatte.
Wieder berührte er ihre Oberschenkel, aber diesmal zog er seine Hände nicht weg. Sanft fuhr er mit seinen Fingerspitzen ihre Hüfte entlang und bewegte sie auf ihren Schritt zu. Mit der anderen Hand zog er ihre muskulösen Beine auseinander. Dazwischen breitete sich eine Urinlache von der Größe eines Pfannkuchens aus. Neugierig steckte er seinen Finger in ihre Genitalien. Sie war viel weicher als Peg, und – Moment mal – obwohl ihr Körper kalt und farblos war, fühlte sie sich von innen warm an. Ihre makabre, sexuelle, nahezu göttliche Ausstrahlung erregte ihn.
Er musste aufhören – Mutter würde böse mit ihm sein, wenn er etwas Schmutziges mit ihr anstellte. Sie hasste alles Schmutzige; Vater hatte das bereits auf denkbar unangenehme Weise erfahren müssen. Das Einzige, was sie wirklich gerne tat, war Nähen und sich Family Feud im Fernsehen anzuschauen. Sie mochte diesen Richard Dawson.
Aber sie war so biegsam, so glitschig. Pegs Haut war innen hart und wächsern – er besaß sie schon seit zehn Jahren (mit achtzehn hatte er sie per Mailorder von einem schweinischen Magazin bezogen). Angie war damals erst fünf, und nun war sie zu einer schönen, jungen Frau herangereift. Er hasste sie gar nicht mal so sehr, aber sie hätte Peg nicht töten sollen. Er hatte sie nur beim Duschen beobachtet. Das war nichts Neues. Aber sie hätte es Mutter erzählt, Mutter wollte solchen Schmutz in ihrem Haus nicht dulden. Das war auch der Grund, warum er Peg verstecken musste. Mutter war so altmodisch; er hatte viel vor Mutter zu verbergen.
Er ging in die Garage, holte einen Spaten und fing an, im Garten ein Loch zu graben. Er musste fertig werden, bevor sie nach Hause kam.
Die Erde war weich, und es dauerte kaum mehr als eine halbe Stunde, bis er das Grab ausgehoben hatte.
Jede Minute war kostbar, und so ging er wieder ins Haus und machte schnell alles sauber. Er schnappte sich ein Handtuch und ging in Angies Zimmer. Er nahm sie an ihren beiden Armen und zog sie ungefähr einen halben Meter von der Stelle weg – der Teppich hatte die Pfütze in sich aufgesogen, und so blieb ein dunkler Fleck übrig. Gewissenhaft wischte er alles weg und warf das Handtuch in ihre Kammer.
Als er sie durch das Wohnzimmer zog, kam ihm eine Idee. Es war der beste Einfall, den er je gehabt hatte. Wenn Mutter genauso schmutzige Sachen gemocht hätte wie er, wäre sie auch stolz auf seine Idee gewesen.
Er ließ Angies Arme fallen und ging in sein Zimmer zurück. Es tat ihm innerlich weh, Pegs zugerichteten Körper zu sehen; die klaffende Wunde in ihrem Brustkorb wirkte groß und schmerzhaft. Aber sie war alt, dachte er. Vielleicht war es das Beste, dass sie gestorben war.
Teddy zog ihr das Messer aus der Brust und trug den leblosen Torso durch die Küche in den Hinterhof. „Es tut mir leid, Peg“, sagte er in ihr lebloses, auf Plastik gemaltes Gesicht. Er wollte sie nicht sofort begraben – sondern erst einmal seine Idee ausprobieren. Erst wenn es geklappt hatte, wollte er ihren Körper zur letzten Ruhe betten.
Es wurde allmählich Zeit, er musste sich beeilen. Als er zurück im Zimmer seiner Schwester war, zog er seine Jeans aus und kniete sich neben dem Leichnam nieder. Der Leichengeruch war scharf und Ekel erregend, aber er fürchtete sich zu sehr vor dem Leben. Mit lebendigen Körpern kam er einfach nicht klar. Er gehörte zu den Menschen, die lieber zuschauen. Aber nun war es definitiv zu spät, einfach nur zuzuschauen, und sie würde genau die Richtige für ihn sein. Er konnte sie ja verstecken. Genau wie Peg.
Als Teddy gerade damit beschäftigt war, in einem ungelenken inzestuösen Akt von Nekrophilie seine tote Schwester zu besteigen, bog Mutters Auto in die verrottete Auffahrt ein. Durch die schmutzige Windschutzscheibe konnte sie sehen, wie sich in der Nähe der Veranda die verfaulten Mülltüten im Unkraut stapelten. Dieser abscheuliche Teddy. Genau wie sein Vater.
Teddy stieß nur vier Mal in sie hinein, dann hörte er auf und schämte sich; er blieb aber noch ein paar Momente in ihr – er mochte das schleimige Gefühl an seinem Fleisch. Es war ihm fürchterlich peinlich, aber er mochte diesen ganzen Dreck nun einmal so wahnsinnig gern. Warum konnte Mutter seine Bedürfnisse nicht verstehen?
„Teddy, habe ich dir nicht gesagt, dass du den Müll mitnehmen sollst, wenn du aus dem Haus gehst?“, brüllte sie, während sich die Haustür öffnete und mit einem lauten Knall gegen die Wand schlug. Sie verzog ihr Gesicht, als sie eine Ratte von hier