Vagos, Mongols und Outlaws. Kerrie Droban. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kerrie Droban
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Зарубежная психология
Год издания: 0
isbn: 9783854454045
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Terrible warf den Kippenstummel aus dem Fenster. Stille breitete sich wieder aus, und ich hätte beinahe das Atmen vergessen.

      „Wir müssen den verdammten Scheiß aufräumen“, meinte er nüchtern. Er hatte den ursprünglichen Grund für die Autofahrt vergessen. Ich fuhr zu Twists Haus im Apple Valley. Eiskalt packte mich die Erkenntnis: Twist durfte nicht mit den Vagos in Verbindung gebracht werden, auch wenn er zum Victor-Valley-Chapter gehörte. Ein Mord wirbelte immer eine Menge Staub auf und zog ungewollt große Aufmerksamkeit nach sich. Psycho hatte Terrible befohlen, alle Gegenstände zu entsorgen, die in irgendeiner Weise auf die Vagos hindeuteten, darunter auch die Mordwaffe. Ich parkte auf der Straße, einige Meter von Twists Haus entfernt, und machte den Motor aus. Dunkelheit umhüllte uns. Dienstbeflissen half ich Terrible, ganze Seesäcke voller Klamotten aus der leeren Bude wegzuschleppen – Clubabzeichen, Banner, Flaggen, Hakenkreuzfahnen und handgemachte Holzschnitzereien mit den Insignien des Vagos.

      Bei der ersten sich mir bietenden Gelegenheit rief ich Koz an.

      „Kannst du das auf Band aufzeichnen?“, fragte er mich.

      Mir schlug das Herz bis zum Halse. Ich lebte in einer Welt dunkler Gestalten, gekleidet in Leder und Jeans, die einen Pfad der Verwüstung hinter sich zurückließen. Niemals in meinem Leben habe ich mich so einsam gefühlt. Als Informant hatte ich keine Verstärkung und kein Überwachungsteam zur Verfügung, und niemand stand mir zur Seite, der die in meinen Schädel einschlagende Kugel hörte, wenn alles den Bach runterging. Ohne Twists Geständnis hatten die Cops nichts anderes als eine Leiche auf irgendeiner Straße. Nur ich wusste, wer an der Sache beteiligt gewesen war. Doch praktisch gesehen existierte ich nicht. Ich machte einen Undercover-Job in der brutalsten Biker-Gang Kaliforniens. Wie sollte ich einen Killer überführen, den ich kaum kannte? Wie sollte ich ihn zum Reden bringen?

      Ich schnappte mir das Aufnahmegerät und verbrachte eine schlaflose Nacht.

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      Twists Wagen lag in Einzelteile zerlegt in seiner Auffahrt. Das Armaturenbrett ragte aus dem Schmutz hervor, die Sitze waren übereinandergestapelt, und Teile der HiFi-Anlage fanden sich auf einem großen Findling wieder. Wahrscheinlich vermutete er, dass sein Wagen verwanzt war. Ich warf einen kurzen Blick durch die mit einem Fliegengitter bespannte Eingangstür. Weißer Rauch waberte im Eingangsbereich. Ich klopfte an. Wie aus dem Nichts schoss eine Hand aus einer Öffnung im Mauerwerk und richtete eine .22er auf meinen Kopf.

      „Jesus, Twist“, keuchte ich erschrocken, kurz davor, auszurasten.

      „Was willst du?“, brüllte er mich an. Ich hörte, wie ein Wasserhahn abgestellt wurde. Twist hatte ein Loch in seine Badezimmerwand gestemmt, damit er während des Duschens die Straße im Auge behalten konnte. Er machte mit der nassen Hand das Peace-Zeichen und entschuldigte sich mit einem Grinsen. „Sorry, Mann!“

      Twist nickte in Richtung Tür. „Komm schon rein.“ Ich drang in den dichten Drogennebel ein und bemerkte zwei Frauen, die auf der Couch saßen und Meth rauchten. Kaum bekleidet – sie trugen nur Höschen und BH – bliesen die beiden abgewrackten Tussen mir Rauchringe ins Gesicht und starrten mich dabei wie zwei dumme Kühe an. Der ganze Boden war mit Müll und Unrat übersät – leere Pizzakartons, umgefallene Aschenbecher, Drogenzubehör und Rattenscheiße. Ich stapfte durch den Unrat und setzte mich auf den Rand eines Sessels.

      „Willste was?“ Eine der Schlampen kicherte wie blöd. Obwohl ich nun schon seit zwei Jahren clean war, verspürte ich noch die Gier nach dem Teufelszeug. Der Geruch schwebte in der Luft, so verführerisch wie Weihnachtsgebäck. Ich spürte das aufsteigende Verlangen, die Versuchung, die mich fast um den Verstand brachte. Der Rekorder presste sich wie ein Brandeisen an meine Haut. Aber solange die beiden hier rumhockten, würde Twist niemals was von dem Mord ausplaudern. Die zwei waren so voll, dass sie kaum mehr was registrierten – aber dennoch wäre es ihm zu heiß. Meine Augen tränten, und ich rang nach Luft. Am liebsten hätte ich mich verzogen. Undercover zu arbeiten, bedeutete improvisieren zu können. Bundesagenten nahmen an Schulungen teil und erlernten Strategien zur psychologisch geschickten Manipulation anderer, wann und wie man elektronisches Equipment einsetzte, welche Warnhinweise auf Gefahren hindeuten, wie man am besten die Provokation zu einer Straftat ignoriert und wann man sich selbst Drogen reinziehen musste, ganz einfach, um zu überleben. Doch als „kleiner“ Informant hatte ich keine reguläre Schulung durchlaufen. Ich verließ mich auf meinen Urinstinkt. Der Plan war simpel: Ich wollte Twist zur Mittagszeit besuchen, in der Hoffnung, dass er mir einen Happen anbieten würde. Möglicherweise hatte er das „Zeug“ versteckt und kredenzte es mir zum Nachtisch. Allerdings rechnete ich nicht mit Gästen.

      „Nein, danke. Ich muss noch arbeiten“, schlug ich das Angebot der Braut aus. Als Psychos Prospect zu knechten, bedeutete gleichzeitig immer, eine gute Ausrede parat zu haben. Der Präsident erwartete von mir, jederzeit nüchtern zu erscheinen.

      Twist schlug mir mit dem Handtuch gegen die Beine und legte mir unbeholfen einen Arm um die Schulter. Er hatte die ganze Nacht gesoffen und sich wahrscheinlich noch zusätzliche Drogen reingezogen. Er redete, als wäre er auf Natriumpentothal, dem Wahrheitsserum. Mir lief ein kalter Schauder den Rücken runter, als er sich zwischen die beiden abstoßenden Frauen quetschte und auf einen langen Nachmittag vorbereitete. Die .380er-Pistole lag auf seinem Schoß, ein AK-47-Sturmgewehr lehnte an der Tür zum Schlafzimmer, und Twist rauchte und prahlte von dem Arsenal, das noch in dem Wandschrank lagerte. Nach zwei Stunden dämlicher Gespräche stand ich auf, um die Fliege zu machen.

      Twist brachte mich zum Wagen, und ich lud ihn beiläufig zu einem Bier ein, wobei mir klar war, dass er nicht kommen würde. Er lebte zurückgezogen, zufrieden damit, sich in seiner Höhle mit Drogen abzuschießen, viel zu paranoid und unruhig, um anderen zu vertrauen. Mir blieb nur noch ein Versuch: „Alles cool, oder was?“

      Er warf mir einen kurzen Blick zu. Unter seinen Augen hatten sich dunkle Ringe gebildet. Im grellen Sonnenlicht wirkte Twists Haut fettig und blass.

      „Weißt du von was?“ Unruhig fuchtelte er mit den Händen rum.

      „Man hört so dies und das.“ Ich spürte mein Herzklopfen bis in den Schädel hinein. Mir ging die Muffe, und ich schiss mir fast in die Hose. Twist war ein Psychopath, wie er im Buche stand.

      „Was willst du wissen?“

      „Da ist irgendeine Scheiße abgegangen.“ Ich hoffte, dass meine Stimme nicht vibrierte.

      „Die haben nicht den geringsten Verdacht!“ Twist lachte dämonisch. Er verschränkte die Arme vor der Brust. Ein Muskel zitterte an seinem Unterkiefer. Er nahm mich ins Visier, wie ein Insekt, das er gleich zu zerquetschen gedachte.

      „Habt ihr da was vergessen?“, versuchte ich mehr aus ihm herauszulocken. Staub wehte über meine Schuhe.

      „Nichts.“ Twist schaute über meine Schulter auf die menschenleere Straße. „Überhaupt nichts. Wir trugen Handschuhe, Hemden mit langen Ärmeln und Sonnenbrillen. Hey Bruder, das war nicht mein erstes Rodeo. Du weiß, was ich meine?!“ Er machte eine abfällige Handbewegung. Plötzlich spielte er mir die Szene vor, formte die Finger zu einer Pistole, drehte sich zu mir und flüsterte: „Wenn ich mich ums Geschäftliche kümmere, funktioniere ich wie eine gut geölte Maschine.“ Er hielt die Finger an meine Schläfe. „Peng!“

      „Nur ein Schuss?“ Vor Aufregung war ich ganz heiser. Hoffentlich konnte der Rekorder seinen Flüsterton gut aufzeichnen. Vielleicht gab es noch Hinweise, von denen die Cops nichts wussten.

      „Ja!“ Er pausierte kurz. „Ich habe ihn ein Mal getroffen. Die Kugel ging glatt durchs Herz und traf seine Freundin in den Arm.“

      „Sauber. Guter Job.“ Ich nickte. In dem Moment hätte ich verschwinden, dem ATF das aufgenommene Schuldeingeständnis überreichen und die Ermittlung für abgeschlossen erklären können.

      Ich hatte für die Behörden den Beweis erbracht, dass die Vagos Drogen und illegale Waffen besaßen und damit handelten – und darüber hinaus nachgewiesen, dass sie für Morde verantwortlich waren, ein brutales Merkmal der Biker-Gangs. Doch mich erfüllte eine Art