Iron Man. Tony Iommi. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tony Iommi
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783854453840
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werden. Es handelt sich um dies oder das, alles Fachchinesisch. Kommt vom Buchhalter und ist in Ordnung. Macht mal eben.“

      Und wir glaubten natürlich, dass alles mit rechten Dingen zuging.

      Ich mochte Meehan. Alle mochten ihn anfangs und glaubten an ihn.

      18: Paranoid!

      Nach den Aufnahmen von Black Sabbath begannen wir unverzüglich mit dem Songwriting für das zweite Album. Einige Nummern hatten wir schon auf der Europa-Tournee geschrieben, zum Beispiel „War Pigs“. Während des Gastspiels in dem schäbigen Laden in Zürich jammten wir viel, und dort entstand die Idee zu dem Stück, das wir bei späteren Proben in einen Song verwandelten. Wir organisierten Songwriting-Sessions in jedem Proberaum, der uns damals zur Verfügung stand. In Monmouth in Wales arbeiteten wir an Paranoid, da es ein idealer Ort war, sich von der Außenwelt abzukapseln. Nach Dave Edmunds, dem Gitarristen und Sänger von Love Sculpture und – später – Rockpile, gehörte Black Sabbath zu den ersten Bands, die in den Räumlichkeiten übten. Andere Proberäume durften wir nur eine bestimmte Zeit lang nutzen, doch Wales hatte den Vorteil, ständig zusammen sein und arbeiten zu können.

      Die Aufnahmen von Paranoid gingen schnell über die Bühne. Wir nahmen wieder in den Regent Sound Studios auf, mit dem bewährten Produzenten Rodger Bain. Es dauerte nur drei oder vier Tage, also ein wenig länger als bei unserem Debütalbum. Ich musste die Scheibe mit einem großen, blauen Auge einspielen, weil wir einige Nächte zuvor in eine Schlägerei geraten waren. Damals beherrschten Mods und Rocker die Szene, und wir traten in einem kleinen Ort am Meer auf. Nach dem Konzert ging Geezer raus, um zu telefonieren. Blitzschnell stürzte er wieder durch die Tür: „Verdammte Scheiße, da draußen wartet eine Horde Skinheads auf uns. Die wollten mich nicht durchlassen!“

      Wir gingen raus. Die Lage schien ernst zu sein. Ozzy schnappte sich einen Hammer, und ich fragte wutentbrannt: „Wer hat dich angemacht?“

      Er deutete auf so einen Typen: „Der war’s.“

      Ich latschte hin und ballerte ihm eine. Plötzlich tauchten wie aus dem Nichts noch mehr von den Typen auf. Das wahre Grauen, doch wenn man da mittendrin steckt, kämpft man unerbittlich. Ein Typ umklammerte meinen Hals und ich schrie um Hilfe: „Ozzy, knall ihm den Hammer in die Fresse.“

      Ozzy zögerte nicht lange und schlug voll zu. Plötzlich sprang ihn einer von hinten an. Ohne mit der Wimper zu zucken, holte Ozzy aus und schlug mit dem Hammer rückwärts – direkt in das Gesicht des Kerls. Es war unglaublich brutal. Diese Horrorgestalten trugen Stiefel mit Stahlkappen und traten uns damit ins Gesicht. Es gelang uns gerade noch zu entkommen, allerdings mit blutüberströmten Visagen.

      Ron Woodward, mein Bass-spielender Nachbar, hatte uns zu dem Gig gefahren, um seinen brandneuen Wagen zu testen. Wir sprangen schreiend rein: „Los, mach schon, schnell weg hier!“

      Aber er fuhr in aller Seelenruhe an, wie eine Schnecke auf Valium, während wir uns mit zuschwellenden Augen und blutigen Fressen die Stimmbänder rausschrieen: „Tritt auf das Pedal, Mensch, fahr schon, fahr los!“

      Eine Meute Skinheads raste den Hügel runter, kam immer näher und schwang dabei Baseballschläger. Und Ron flüchtete im Zeitlupentempo. Wie sich herausstellte, hatte er Angst, zu schnell Gas zu geben, denn der Motor war noch nicht eingefahren. Wir setzten uns nur mit Mühe und Not ab, doch die Heimfahrt dauerte eine Ewigkeit. Schließlich ging ich ins Haus, wo sich Mum schon ins Schlafzimmer zurückgezogen hatte.

      „Wie war der Auftritt?“

      Ich öffnete die Tür.

      „Na, großartig!“

      In Bezug auf die Texte lässt sich Paranoid als politisch kategorisieren, was besonders auf „War Pigs“ zutrifft. Das lag auf gar keinen Fall an den negativen Resonanzen auf unser erstes, angeblich okkultes Album, denn wir standen noch immer zu dem Werk als Ganzes. Es entwickelte sich halt so. Nicht alle Nummern auf Black Sabbath lassen sich – mir fällt kein besseres Wort ein – als okkult beschreiben, und sicherlich geht Paranoid nicht komplett als politisches Album durch. Der Arbeitstitel von „War Pigs“ war „Walpurgis“, was einen Song mit einer übernatürlichen Thematik vermuten lässt. Es war einfach ein Arbeitstitel, ohne Text. Man kann nicht zwangsläufig von Songtiteln auf den Inhalt schließen. Ich weiß nicht, warum Geezer den Titel von „Walpurgis“ in „War Pigs“ änderte. Texte waren seine Abteilung. Ich mochte immer, was er schrieb, also fragte ich nicht nach.

      Rodger Bain und Tom Allom beschleunigten das Stück zum Ende hin. Beim ersten Anhören fanden wir das befremdlich und konnten uns diese Entscheidung nicht erklären. Damals hatten wir noch kein Mitspracherecht.

      Wir kifften was das Zeug hielt, und deshalb wirken einige Texte eher ungewöhnlich. Zum Beispiel der von „Iron Man“, der von dem Marvel-Comic „Der Eiserne“ inspiriert wurde. Ich nehme an, dass ernste Gedankengänge dahinter stecken. Vielleicht wollte er ausdrücken, dass sich ein Mensch nicht von seinem Körper befreien oder dass er sein Verhalten nicht ändern kann. Und „Fairies Wear Boots“? Ach du meine Güte – was für ein Titel. Doch er wurde nie hinterfragt. Die Leute akzeptierten ihn.

      Nach dem Ende der Aufnahmen sagte Rodger: „Wir haben nicht genug Songs. Habt ihr noch einen drauf? Nur eine kurze Nummer?“

      „Ja, wir kriegen noch was hin.“

      Die anderen gingen zum Mittagessen und ich probierte: „DadaDadaDadaDada DadaDadaDadaDada DuduDudu DuduDudu – Daa Duu Daa.“ Als die Band zurück kam, spielte ich ihnen die Akkorde von „Paranoid“ vor. Sie gefielen ihnen auf Anhieb. Geezer schrieb den Text. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob Ozzy beteiligt war. Wenn wir an einem neuen Song arbeiteten, improvisierte Ozzy und sang zum Beispiel „Flying out the window“ oder was auch immer. Wahrscheinlich wusste er manchmal gar nicht, was er da sang. Geezer pickte sich oft einige Wörter raus und ließ sie in den Text einfließen.

      Meist verfasste er die Texte vor den Aufnahmen, in einigen Fällen jedoch im Studio – und dann lag es an Ozzy, was er daraus machte. Er musste die Melodie beisteuern, die in vielen Fällen parallel zu den Riffs verlief. Ich weiß nicht, wie Geezer auf die Idee zum Text von „Paranoid“ kam, aber er hatte eine blühende Phantasie. Er setzte sich hin und hörte sich die Musik konzentriert an. Manchmal brauchte er seine Ruhe und verfasste die Zeilen ohne das Playback. Er begann zu schreiben, strich einige Wörter und ersetzte sie schnell durch andere Vokabeln. Dann reichte er Ozzy den Zettel, der meckerte: „Fuck, was meinst du damit, Geez?“

      Paranoid: Damals wusste ich noch nicht mal, was das Wort bedeutet. Ozzy und ich hatten ja die selbe Schule besucht, in der so ein gehobener Wortschatz nicht auf der Tagesordnung stand. Klar, wir wussten was „fuck“ und „piss off“ bedeuteten, aber „paranoid“? Deshalb bekam Geezer den Job des Texters. Er war der Intellektuelle in der Band.

      Die Songs von Sabbath dauerten alle länger als fünf Minuten. Wir hatten noch nie einen Drei-Minuten-Song geschrieben. „Paranoid“ war eine Notlösung, ein Lückenbüßer.

      Wir hätten niemals gedacht, dass daraus ein Hit würde. Aus unserem gesamten Programm suchen sich die Leute immer diese Nummer für TV-Themen oder Soundtracks zu Filmen aus. Und es hatte nur fünf Minuten gedauert, das Ding zu schreiben. Das unglaublich simple und grundlegende Thema packt die Hörer und gefällt ihnen. Dank „Paranoid“ durften Sabbath sogar in Top of the Pops auftreten. Die Vorbereitungen für die Show zehrten an den Nerven, denn wenn man in Großbritannien in der Sendung zu sehen ist, bringt das eine Menge Prestige. Wahrscheinlich waren wir die lauteste Band, die dort jemals gespielt hat. Ich mochte die dortige Atmosphäre nicht, denn man wurde von den BBC-Leuten herumkommandiert und sollte ihren Anweisungen unbedingt folgen. Das wurde immer nerviger: „Stellt doch das Spotlight ab, das mir direkt ins Gesicht knallt. Es macht mich wahnsinnig.“

      „Das geht nicht!“

      Im BBC-Sprachgebrauch bedeutete das ungefähr: „Halt das Maul und mach deinen Scheiß!“

      Schließlich ließen sie mich doch im Dunkeln spielen. Wir traten dort nie wieder auf, denn im Grunde genommen waren Black Sabbath keine Top of the Pops-Band.