Big Ideas. Das Politik-Buch. John Farndon. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: John Farndon
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783831082599
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sie das zu idealen Herrschern. Auf den ersten Blick scheint Platon einfach zu sagen: Die Philosophen wissen es am besten – was man einem Philosophen schwerlich glauben würde. Aber dahinter steckt eine subtilere Gedankenkette.

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      Sokrates wählte das Gift: Er wollte seine Ansichten nicht widerrufen. Das Verfahren gegen Sokrates ließ Platon am demokratischen politischen System in Athen zweifeln.

       Ideen

      Von Sokrates hatte Platon gelernt, dass Tugenden nicht naturgegeben sind, sondern von Wissen und Weisheit abhängen. Wer ein tugendhaftes Leben führen will, muss das Wesen der Tugend verstehen. Platon entwickelte die Ideen seines Mentors weiter. Er zeigte, dass Menschen vielleicht in der Lage sind, einzelne Ausprägungen von Gerechtigkeit, Güte oder Schönheit zu erkennen, damit aber nicht verstanden haben, was das Wesen von Gerechtigkeit, Güte oder Schönheit ausmacht.

      Wir können gerechtes Verhalten imitieren, indem wir so handeln, wie wir es für gerecht halten – aber das ist bloße Nachahmung. In seiner Ideenlehre legte Platon dar, dass Archetypen der Tugenden (und alles Seienden) existieren. Sie bestehen aus ihrem wahren Wesen, etwa der »Gerechtigkeit an sich«. Das bedeutet, dass das, was wir im Einzelfall als Tugenden wahrnehmen, nur Abbilder oder Schatten der zugrunde liegenden Ideen sind. Die idealen Formen oder Ideen, wie Platon sie nannte, existieren in einem Bereich außerhalb der Welt, in der wir leben. Sie sind allein über das philosophische Denken zugänglich. Deshalb sind die Philosophen in besonderer Weise dazu geeignet, zu definieren, was das gute Leben ausmacht, und ein wirklich tugendhaftes Leben zu führen. Zuvor schon hatte Platon erklärt, dass der Staat, wenn er gut sein will, von den Tugendhaften regiert werden muss. Und während andere vor allem das Geld oder die Ehre schätzen, sind es die Philosophen, die Wissen und Weisheit (und damit die Tugend) zu würdigen wissen. Aus diesem Grund müssen die Philosophen Könige werden. Platon schlug vor, ihnen Machtpositionen zu überlassen, um die Konflikte zu vermeiden, die andere Regierungsformen mit sich bringen.

      »Die größte Strafe aber ist, dass man von einem Schlechteren regiert wird, wenn man nicht selbst regieren mag.«

       Platon

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      Platon erklärte mit der Metapher vom Staatsschiff, warum Philosophen Herrscher sein sollten. Obwohl er nicht nach der Macht strebt, ist der Nautiker der Einzige, der den Kurs halten kann – wie der Philosoph der Einzige ist, der das Wissen hat, um gerecht zu regieren.

       Ausbildung zum König

      Platon wusste, dass dies ein utopischer Standpunkt war. So führte er weiter aus: »… oder die, welche jetzt Könige und Herrscher heißen, [müssten] echte und gründliche Philosophen werden.« Damit unterbreitete er den praktikableren Vorschlag, die künftige Herrscherklasse entsprechend auszubilden. In seinen späteren Dialogen Politikos und Nomoi beschrieb er ein Staatsmodell, mit dem die nötigen philosophischen Fähigkeiten vermittelt werden können, um das gute Leben zu verstehen. Doch wies Platon darauf hin, dass nicht jeder Bürger über die Begabung und die geistigen Fähigkeiten verfügt, solche Kenntnisse zu erwerben. Er schlug vor, dass diese Art der Ausbildung in den Fällen, wo sie angemessen erscheint (also bei einer kleinen geistigen Elite), erzwungen und nicht nur angeboten wird. Wer wegen seiner »natürlichen Gaben« für die Ausübung der Macht infrage kommt, sollte von seiner Familie getrennt in einer besonderen Gemeinschaft aufwachsen, damit er allein dem Staat gegenüber loyal ist.

      »Demokratie [ist] zügellos, buntscheckig, so etwas wie Gleichheit gleicherweise unter Gleiche wie Ungleiche verteilend.«

       Platon

      Platons politische Schriften hatten großen Einfluss in der antiken Welt, besonders im Römischen Reich. Sie waren ein Echo jener Vorstellungen von Tugend und Bildung, wie sie in der politischen Philosophie der chinesischen Gelehrten Konfuzius und Mozi angeklungen waren. Es ist sogar möglich, dass sie Chanakya in Indien beeinflussten, als dieser seine Abhandlung über die Ausbildung künftiger Herrscher schrieb. Im Mittelalter breitete sich Platons Lehre weiter aus, in das islamische Reich und in das christliche Europa, wo Augustinus sie in die Kirchenlehre aufnahm. Später stand Platon dann im Schatten von Aristoteles, dessen Eintreten für die Demokratie besser zu den politischen Philosophen der Renaissance passte.

      Noch späteren Denkern galten Platons politische Ansichten als allzu autoritär und elitär. Als die moderne Welt um die Einführung der Demokratie rang, konnten viele sich nicht mit seinen Vorstellungen anfreunden. Platon wurde als Vertreter eines totalitären, allenfalls paternalistischen Herrschaftssystems kritisiert, angeführt von einer Elite, die behauptete zu wissen, was für alle das Beste ist. In jüngerer Zeit jedoch hat seine zentrale Vorstellung einer politischen Elite von »Philosophenkönigen« durch die politischen Denker neue Wertschätzung erfahren. image

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      Kaiser Nero stand da und tat nichts, um zu helfen, während ein Feuer in Rom wütete. Das Ideal Platons eines Philosophenkönigs sahen einige als Grund für den Aufstieg von Tyrannen wie ihm.

       Platon

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      Platon wurde um 427 v. Chr. geboren und hieß ursprünglich Aristokles. Seinen Spitznamen Platon (»breit«) bekam er später, weil er so muskulös war. Er stammte aus einer Athener Adelsfamilie und sollte wahrscheinlich eine politische Karriere einschlagen. Stattdessen wurde er ein Schüler des Philosophen Sokrates und war zugegen, als sein Mentor es vorzog, zu sterben und seine Ansichten nicht zu widerrufen.

      Platon bereiste mehrmals den Mittelmeerraum, ehe er nach Athen zurückkehrte. Dort gründete er eine Schule für Philosophie, die Akademie, zu deren Schülern der junge Aristoteles zählte. Platon lehrte und schrieb einige Bücher in Dialogform, in denen meist sein Lehrer Sokrates auftrat und philosophische sowie politische Ideen vertrat. Bis ins hohe Alter soll Platon gelehrt und geschrieben haben und 348/347 v. Chr. mit ungefähr 80 Jahren gestorben sein.

       Hauptwerke

      um 399–387 v. Chr. Kriton

      um 380–360 v. Chr. Der Staat (Politeia)

      um 355–347 v. Chr. Politikos, Nomoi

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      DER MENSCH IST VON NATUR AUS EIN SOZIALES, POLITISCHES WESEN

      ARISTOTELES (384–322 V. CHR.)

       IM KONTEXT

      IDEENLEHRE

       Demokratie

      SCHWERPUNKT

       Politische Tugend

      FRÜHER

      431 v. Chr. Der attische Staatsmann Perikles behauptet, Demokratie biete das gleiche Recht für alle.

      um 380–360 v. Chr. In Der Staat spricht Platon sich für die Herrschaft der »Philosophenkönige« aus, die über Klugheit verfügen.

      SPÄTER

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