Eiserner Wille. Mike Tyson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mike Tyson
Издательство: Bookwire
Серия: Sport
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783854456292
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      „Das will ich“, sagte ich unter Tränen. „Ich bin bereit zu arbeiten.“

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      Auf der Fahrt zurück nach Tryon wusste ich einfach, dass ich Erfolg haben würde. Auch wenn ich schlecht über mich spreche und mich als Arsch hinstelle, weiß ich in meinem Inneren, dass ich ein Gott bin und erfolgreich sein werde. Jedes Mal, wenn ich sage: „Ich bin ein Stück Scheiße“, oder: „Ich will mich umbringen“, sage ich das nur aus einem Grund: um den Gegner zu verwirren. Das ist ein Konzept, das ich bald von Cus lernen sollte.

      Als ich mich am nächsten Tag mit Bobby traf, sagte er: „Jetzt müssen wir wirklich trainieren.“ Wir arbeiteten jeden Tag, dann rief er Cus am Sonntag an und berichtete ihm von meinen Fortschritten. Alle vierzehn Tage fuhren wir nach Catskill zu einer Session mit Cus. Dann redete Cus immer mit mir und erklärte Teddy, welche Bewegungen er mir zeigen sollte. Wieder zurück in Tryon, arbeiten Bobby und ich an diesen Bewegungen. An drei Abenden pro Woche sparrten wir, an den restlichen Abenden trainierte ich, Bobbys Schlägen durch Seitwärtsbewegungen auszuweichen, so wie Cus es mir gezeigt hatte.

      Ich stellte mich auch im Schulunterricht gut an. Bobby sagte zu mir: „Es ist mir egal, in wie vielen Fächern du durchfällst, solange du dir Mühe gibst und dich im Unterricht benimmst.“

      Ein paar Wochen darauf bekam er einen Anruf von einem meiner Lehrer: „Was ist eigentlich mit diesem Jungen passiert? Im Lesen hat er sich vom Niveau eines Drittklässlers zu dem eines Siebtklässlers hochgeschraubt. Er macht sich super!“

      Bei einem unserer ersten Besuche in Catskill nahm Cus Bobby und mich beiseite.

      „Pass mal auf. Ich weiß, die meisten Jungs wollen nicht in den Erwachsenenknast, und deshalb geben sie ein falsches Alter an. Sie behaupten, jünger zu sein, als sie wirklich sind“, sagte Cus. „Er ist zu stark, zu groß, zu koordiniert und zu schnell. Er muss schon älter sein.“

      Bobby sah verwirrt aus.

      „Mike, hör zu, ich rede mit dir. Wie alt bist du wirklich?“, fragte mich Cus.

      „Ich bin dreizehn!“, sagte ich. Aber ich sah nicht so aus. Ich war damals nur einssiebzig groß, aber ich wog neunundachtzig Kilo.

      Als wir das nächste Mal dort auftauchten, hatte Bobby offizielle Dokumente dabei, die belegten, dass ich dreizehn war. Cus bekam fast einen Herzinfarkt.

      „Hör zu, du wirst Landesmeister werden, oder auch Olympiasieger. Du hast das Zeug dazu. Möchtest du das werden?“, fragte Cus.

      Ich wusste nicht, ob ich das alles wollte. In dem Moment war ich einfach nur eingeschüchtert, aber ich wollte vor Cus auch nicht wie ein Trottel dastehen.

      „Yeah“, sagte ich.

      „Okay, dann lasst uns loslegen!“, bellte Cus.

      Von diesem Tag an gab Cus mir Anweisungen, wie ich zu boxen hatte. „Ist dir klar, warum du das tust?“, „Fühlst du dich wohl dabei?“, „Mach nicht irgendwas, nur weil ich es dir sage.“ Eines Tages sah er mich an und fragte: „Möchtest du dein Leben ändern?“ Ich nickte zustimmend. „Von dem, was ich bisher gesehen habe – und wenn du auf mich hörst und dich nicht ablenken und dir von niemandem den Kopf verdrehen lässt –, wirst du der jüngste Schwergewichtschampion aller Zeiten werden.“ Ich war dreizehn Jahre alt, und er hielt mich für unbesiegbar! Natürlich bestätigte ich, dass ich Weltmeister werden wollte, und das gefiel ihm. Aber die meiste Zeit redete nur Cus. Er sprach mit mir über meine Gefühle und dann erklärte er mir, warum ich mich so fühlte. Cus wollte mein Innerstes erreichen. Dabei ging es nicht nur um die körperlichen Aspekte des Boxens, sondern auch um die mentalen – warum einem die Muffe geht, warum uns unser Gehirn austrickst und manche Dinge schwieriger erscheinen lässt, als sie tatsächlich sind. Ich verstand nicht alles, was er sagte, aber irgendwie kapierte ich doch, wie er es meinte. Cus wusste, wie er mit mir sprechen musste. Er war auch einmal ein Straßenkind gewesen, aber er hatte etwas aus sich gemacht.

      Nach einigen weiteren Monaten, in denen ich immer wieder zu Cus in die Sporthalle ging, rückte meine Entlassung auf Bewährung in greifbare Nähe. Bobby Stewart kam in mein Zimmer.

      „Hör zu, möchtest du bei Cus wohnen? Ich möchte nicht, dass du nach Brooklyn zurückgehst. Ich habe Angst, dass du entweder umgebracht wirst oder gleich wieder im Bau landest.“

      Auch ich wollte nicht zurück nach Brooklyn. Ich wollte mein Leben ändern. Ich genoss das gute Gefühl, das mir diese Leute gaben, das Gefühl, Teil der Gesellschaft zu sein. Bevor man aus Tryon entlassen wird, werden einem drei Auswärtsaufenthalte erlaubt. Beim ersten Mal besuchte ich meine Mutter in Brooklyn.

      „Denk daran, wenn du in Schwierigkeiten gerätst, ist das das Ende von allem“, warnte mich Bobby.

      Ich war für eine Nacht zu Hause, und es geschah nichts Besonderes. Vielleicht habe ich ein wenig Gras geraucht und ging mit meinem Freund App zum Times Square, aber darüberhinaus habe ich nichts gemacht. Ich redete mit meiner Mutter, aber sie war betrunken und hing mit ihren Freunden herum. Mein Bruder war nicht da, und meine Schwester war mit ihren Freunden zusammen. Aber ich habe jedem erzählt, dass ich Boxer werden würde.

      Beim zweiten Mal war ich in Catskill. Dieser Aufenthalt dauerte drei Tage und zwei Nächte. Da sah ich Cus’ Haus zum ersten Mal. Ich traute meinen Augen nicht, als Bobby mit mir die lange, gewundene Auffahrt hinauffuhr. Sie hatten die Straße nach der Familie benannt, die dieses Haus ursprünglich bewohnte, den Thorpes. Das Haus selbst war ein riesiges, weißes viktorianisches Anwesen mit ungefähr vierzehn Zimmern. So was hatte ich noch nie gesehen. Von der Rückseite des Hauses führte ein Pfad direkt zum Hudson River.

      „Hier werde ich wohnen?“, fragte ich Bobby. Er nickte.

      „Was muss ich hier machen? Den Müll rausbringen?“, fragte ich. Ich war wirklich ein sarkastischer Junge.

      Cus war nicht zu Hause, aber ich lernte Camille Ewald kennen, seine Lebensgefährtin und eigentliche Besitzerin des Hauses. Sie war eine streng wirkende ukrainische Dame, die aber echt nett zu sein schien.

      „Hallo, setz dich und trink eine Tasse Tee mit mir“, sagte sie. „Erzähl mir was.“

      Es war wie eine Plauderei unter Frauen. Wo ich herkäme, wo ich bisher schon gewesen war und ob ich aufgeregt sei. Nach einer Weile zeigte sie mir mein Zimmer. Ich setzte mich einfach aufs Bett und wartete auf Cus. Er kam mit einigen anderen Jungs, die auch im Haus lebten. Wir aßen etwas, dann machte ich ein paar Hausarbeiten, und danach gingen wir alle in die Sporthalle. Während dieser drei Tage trainierte ich, las Boxmagazine und sah mir zusammen mit Cus alte Boxerfilme an. Für mich machte es keinen Unterschied, dass ich jetzt Freigang hatte. Seit ich mit Cus zu tun hatte, war ich auch draußen, wenn ich drin war. Wissen Sie, was ich meine? Cus hatte ein Feuer entfacht, das fortan in mir loderte. Als ich mich wieder auf den Weg nach Tryon machte, hatte ich ein dickes Buch dabei, das er mir geliehen hatte. Ich hatte mir die Bücher im Wohnzimmer angesehen und war über Nat Fleischers Ring Boxing Encyclopedia and Record Book gestolpert. Ich begann es zu lesen und war überwältigt! Ich verliebte mich in diese alten Boxer. Ihre Lebensläufe standen alle in diesem Buch. Von einigen gab es sogar Fotos, die ihren Körper zeigten – und, wow, sie sahen verdammt gut aus! Kein Gramm Fett und kampfbereit. Auch wenn sie nur 54 Kilo wogen, waren sie trotzdem muskulös. Es war beeindruckend, wie viel Arbeit darin steckte, so auszusehen. Bei einem Boxkampf oder beim offiziellen Wiegen schauten sich die Leute mit Begeisterung die Körper der Kämpfer an und nicht die schönen Mädchen, die sie umgaben. Deshalb ziehe ich seit jeher den ganzen Oldschool-Kram aus der Jahrhundertwende ab und gehe in Unterhosen da rauf. Das war der Eindruck, den diese Boxer bei mir hinterließen: Sie sind schön. Dadurch hatte ich auch die Motivation, hart zu arbeiten. Ich wusste, dass ich die Tendenz hatte, fett zu werden, aber ich wollte dieses Sixpack haben. In diesem Buch gab es Momentaufnahmen, bei denen man jeden Muskel und jede Ader der Boxer während eines Schlags sehen konnte. Ich stellte mir vor, ich wäre der Typ auf den Bildern.

      Cus hatte mich beim Durchblättern