Zehn Jahre nach Oscar Cullmanns Tod: Rückblick und Ausblick. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Серия: Basler und Berner Studien zur historischen Theologie (BBSHT)
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783290177416
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mit Hans Küng vorhanden. Cullmann war der Auf­fassung, Küng stelle Rom unbillige Bedingungen für den Dialog.113

      Ein grosser Anteil der handschriftlichen und maschinengeschriebenen Manu­skripte entfällt auf die Vorlesungen und auf unveröffentlichte oder spä­ter veröffent­lichte Publikationen. An den Vorlesungen lässt sich Cull­manns Vorgehen in der Lehre nachvollziehen. Meistens beliess er den Grund­stock einer Vorlesung, bearbei­tete diesen aber im Verlauf der Jahre und benutzte Teile auch für andere Veranstal­tungen. Die Ordnung der einzelnen Manu­skripte, die Karlfried Froehlich vornahm, war nicht einfach, weil einzelne Teile manchmal weit verstreut waren.

      Bei den Publikationen ist oft die Genese von den ersten Manuskripten zu einem Thema in Vorlesungen oder Vorträgen bis zur Drucklegung erkennbar. Als Beispiel nenne ich Cullmanns letzte grosse Arbeit zum Gebet im Neuen Testament, die 1994 auf Deutsch und 1995 in französischer, eng­lischer und italienischer Übersetzung sowie 1997 auf Deutsch in zweiter Auflage erschienen ist.114 Schon aus der ersten Hälfte der 1970er Jahre gibt es einen Aufriss für eine mögliche Arbeit über das Gebet sowie Notizen mit einem Zeitplan für die Abfassung eines Vortrags oder eines Arti­kels.115 In Tantur wurde für die Jahre 1978 bis 1981 das Gebet als Studienthema fest­gelegt.116 Aus dieser Zeit zeugen mehrere Manuskripte, die das Gebet bei Paulus und das Gebet im Johannesevangelium behandeln, von einer intensi­ven Arbeit am Thema.117 Die Manuskripte stehen im Zusammenhang mit Vorträgen, die Cullmann in Athen, Tantur und bei den Waldensern in Rom gehalten hatte. Aus dieser Beschäfti­gung gingen dann auch entsprechende |37| Publikationen hervor.118 Aus den folgenden Jahren sind zahlreiche Materia­lien mit Vorbereitungen für das Buch zum Gebet vorhanden. Mehrere Blöcke und lose Blätter aus den Jahren 1985 bis 1994 enthalten Exzerpte, Konzepte und Entwürfe, die anschaulich Cullmanns Arbeitsweise zeigen.119 Verschie­dene Widmungsentwürfe, die Cullmann offenbar vor dem Eintrag in die Ge­schenkexemplare präzis vorbereitet hatte, zeigen seine weitläufigen per­sön­lichen Beziehungen. So sind beispielsweise die Widmungen an Papst Johan­nes Paul II. und an Josef Kardinal Ratzinger vorhanden. Neben Notizen und Bemerkungen liegen Angaben für die Buchanzeigen oder das Vorwort für die zweite Auflage in den Dos­siers.120 Eine Liste aus dem Jahr 1995 mit unge­fähr 100 Personen nennt die frankopho­nen Empfänger der französi­schen Ausgabe.121 So überrascht eigentlich nicht, dass es auch weitere Mate­ria­lien mit Ergänzungen, Korrekturen, Literaturhin­weisen, Fotokopien von Aufsät­zen, Briefen für die Überarbeitung der weiteren Auflagen gibt.122

      Das ganze Konvolut gibt Einblick in die beharrliche Vorgehensweise und zeigt eindrücklich die intensive Auseinandersetzung des betagten Wis­senschaftlers mit dem Thema und der einschlägigen Literatur. Für die thema­tische Behandlung des Gebets wären ausserdem Vortragsmanuskripte zum Vaterunser in französischer und deutscher Fassung aus den 1930er und 1940er Jahren sowie die Gebete aus den bereits erwähnten Andachten beizuziehen.123 Cullmann hat seine Monographien über lange Zeiträume vorbereitet. Und er hat mit seinen Veröffentlichungen das Gespräch gesucht. Die Zustellung |38| seiner Bücher an einen weiten Kreis von Kollegen und Freunden verdankt sich nicht einfach der Eitelkeit des Wissenschaftlers, über die er im Übrigen gut Bescheid wusste,124 sondern dem angestrebten Dialog.

      VI. Fazit

      Überblickt man den Nachlass Cullmanns, so rücken mit Sicherheit die be­kannten, grossen Themen ins Blickfeld, die auch in Zukunft wichtige Be­rei­che der vertiefenden Erforschung bleiben sollten: die Rolle Cullmanns wäh­rend des Konzils, das Konzept der Einheit durch Vielfalt, der neutesta­ment­liche Exeget und Theologe oder das Konzept einer biblischen Heilsgeschich­te. Daneben aber tauchen weitere Themenbereiche auf, die mit der besonde­ren Signatur des Nachlasses zu tun haben, in der sich letztlich die Per­sönlichkeit Cullmanns – wenn auch gebrochen – spiegelt. Ich nenne ab­schlies­send drei Elemente, die dem Nachlass seine spezifische Kontur ver­leihen:

      (1) Der Nachlass ist gekennzeichnet durch Vielsprachigkeit. Cullmann verfasste Buchmanuskripte in Französisch und Deutsch, schrieb Vorträge zu­weilen auch in Englisch und trug ausserdem in Italienisch vor. Cullmann leb­te in verschiedenen Kulturen. In Strassburg und Basel unterrichtete er, später lehrte er ausser in Basel auch in Paris und Rom und war schliesslich Gast­pro­fessor in den USA, in Deutschland und als Emeritus auch in Jerusalem. Zu Recht wurde Cullmann «ein Mittler zwischen verschiedenen Kulturen» ge­nannt.125

      (2) Mit dieser interkulturellen Prägung hängt die weltweite Vernetzung mit Kol­legen, Geistlichen und weiteren Persönlichkeiten aus Universität, Kir­che und Gesell­schaft sowie mit Freunden und Schülern zusammen. Diesen Umstand dokumentiert die ausgreifende Korrespondenz, aber auch die Art, wie sich Cullmann als Wissen­schaftler selbst verstand. Er strebte das Ge­spräch an und war auch nicht abgeneigt, einen polemischen Disput zu füh­ren, wo er es für notwendig hielt. Das zeigen auch die vielfältigen Reaktionen und Rezensionen, die den Publikationen beschieden waren.

      (3) Cullmann dachte über die eigene Fachdisziplin hinaus. Selbstver­ständlich verstand er sich als Neutestamentler, ging in seinen wissenschaft­lichen Bemühungen immer wieder von der Exegese der biblischen Texte aus, schlug dann aber den Bogen über die Kirchengeschichte weiter zur syste­matischen |39| Theologie. Damit hängt auch zusammen, dass er über die eigene Konfession hinausblicken und die Vertreter der römischen Kirche respektie­ren konnte, was wiederum auf die interkulturelle Prägung und die Dialog­fähigkeit verweist.

      Weil Cullmann den Dialog über sprachliche, fachliche und konfes­sionelle Grenzen hinaus suchte und auf unterschiedlichen Ebenen pflegte, in der Korrespondenz, der Lehre an der Universität, in den Ansprachen und Vor­trägen an eine engere oder breitere Öffentlichkeit, den Publikationen in Zeit­schriften oder Monographien und nicht zuletzt in persönlichen Gesprä­chen, erhält der Nachlass diese weite und komplexe Anlage. Die Erforschung des Nachlasses stellt daher auch erhöhte Anforderungen, denn der Überblick über das Ganze und die Vernetzung im Einzelnen liegen nicht einfach auf der Hand. Trotzdem lockt ein vielfältiges, gehaltvolles und gut geordnetes Archiv zu Erkundungsgängen, die mit faszinierenden Einblicken in die Ge­schichte von Theologie und Wissenschaft, von Universitäten und Kirchen, Konfessionen und Ökumene sowie von Gesellschaft und Politik über nahezu das ganze 20. Jahr­hundert belohnen. |40|

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      Zur Zeitgeschichte

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