Wie 'Waltzing Matilda' Australien ins Leben rief. Becker Steffi. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Becker Steffi
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783864081392
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and flooding rains.

       I love her far horizons,

       I love her jewel-sea,

       Her beauty and her terror -

       The wide brown land for me!

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       Abb. 2: “The wide brown land for me!”, Outback, New South Wales.

      Mit Gänsehaut bestückt, kamen meine Gedanken am Ende des Vortrages ins Rollen. Wer sind diese Australier eigentlich und was für eine Geschichte nistet in ihren Köpfen? Um die Antwort darauf zu finden, bedarf es wahrlich keines neuen Wälzers. Es ist ein Einfaches, in die Bibliothek zu gehen und ein Buch über Australiens Vergangenheit heraus zu fischen. Ach wo! Ich denke viel zu altmodisch. Tippe einfach die Worte „Geschichte Australien“ bei Google hinein und schon erklärt Wikipedia dir die Welt (und wie sie dir gefällt). Außerdem lag es mir fern, mich in die seriöse Feldforschung zu stürzen und neue Thesen über die australische Geschichtsschreibung aufzustellen. Die Idee meines Buches ist es vielmehr, die etwas zu kurz geratene Vergangenheit Down Unders dank eigener Eindrücke in die Welt hinaus zu tippen. Mal nachdenklicher, mal süffisanter, mal nüchterner. Diejenigen, die Bill Bryson und seine Bücher, vor allem „In a sunburned country“, kennen, wissen, was sie erwartet. Ein bisschen weniger Reiseinformation, ein wenig mehr Geschichtsinput.

      Wer also bitteschön ist nun diese ‚Waltzing Matilda‘? Ihr werdet schon sehen bzw. lesen. Rod Stewart kommt in diesem Buch jedenfalls nicht vor.

      1 Dorothea Mackellar, 1885-1968, war eine sehr erfolgreich schreibende australische Dichterin.

       „Von Null an“

      Australien. Wohl ein Land wie kein anderes. Gut, letztendlich behauptet das jedes Land von sich. Aber nirgendwo sonst treffen auf Mutter Erde so viele Extreme aufeinander: der einzige Kontinent, der zugleich eine Nation und Insel ist, die geringste Bevölkerungsdichte, die älteste Landmasse, das flachste Land, der trockenste bewohnte Erdteil, die giftigsten Tiere ... Kein Wunder, dass die Engländer dieses andere Ende der Welt als einladende Alternative zu Gefängnis und Todesstrafe ansahen.

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       Abb. 3: Gefährliche Strandliebschaft. Cable Beach, Broome, Western Australia.

      Doch bevor ich schon zu weit ins Thema vorstoße, hier zunächst ein paar Fakten:

      Das Commonwealth of Australia, so der offizielle Titel, ist eine parlamentarische Monarchie und darf die britische Queen ihr Staatsoberhaupt nennen. Mit einer Gesamtfläche von 7,69 Millionen Quadratkilometern ist Australien der sechstgrößte Staat der Erde und schlappe 21 Mal größer als unser Heimatland. Wir hatten nur eine Mauer aus Beton zu überwinden, um uns nicht mehr einander fern zu fühlen. In Down Under sind es auch ohne Hürde und Stacheldraht 3.800 mal 4.000 Kilometer, die manchen Einheimischen daran hindern, jemals den Westen oder Osten seines Landes zu erleben. Bei solchen Ausmaßen scheint es umso rätselhafter, dass die Entdeckung der recht auslandenen Landmasse so ewig gedauert hat.

      Anyway, wie die Australier sagen würden – bis heute fanden rund 23 Millionen Menschen aus aller Herren Länder ihr Zuhause auf dem Inselkontinent. Der überragende Anteil ist europäischer Herkunft, gefolgt von den Asiaten. So traurig es auch klingt – der indigene Anteil ist mit 2,4% leider kaum noch der Rede wert. 23 Millionen Einwohner, das bedeutet nicht mehr und nicht weniger als drei hausende Menschen pro Quadratkilometer. Über mangelnde räumliche Entfaltung kann sich hier wahrlich keiner beschweren. Obwohl. Wenn 92% von ihnen in den Städten leben, wird es mitunter schon einmal eng. Australien ist durch und durch urban. Gerade der Südosten des Landes sowie das Gebiet um Perth/Western Australia sind wahre Massenaufläufe. Selbst einem Großstadtberliner können diese Menschenherden nach Monaten im Busch schon einmal zu viel des Guten werden. Besagter Busch, oder das Outback, welches den größten Teil des Staates ausmacht, ist nämlich weitestgehend unbewohnt. Stundenlanges Fahren, ohne einer einzigen atmenden Seele zu begegnen. Außer man zählt Blöken und Muhen dazu – 74 Millionen Schafe und 27 Millionen Rinder müssen ja irgendwo weiden. Von den Mücken mal ganz abgesehen.

      Sechs Bundesstaaten sowie zwei selbstverwaltete Territorien und kleine Inseln teilen das Land unter sich auf. Die Planhauptstadt Canberra wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts als räumlicher und politischer Kompromiss zwischen den Diven Melbourne und Sydney entworfen. Gelungen oder nicht, darüber streitet der Besucher noch heute. Worüber Eintracht herrscht, ist die Besonderheit der Natur. Seien es paradiesische Strände, wuchernde Tropen oder dürstende Wüsten, steile Küsten, staubiger Busch oder zerklüftete Gebirge – in Australien findet sich alles, was das Landschaftsherz begehrt. Abwechslungsreich ist auch das Klima. Zum Norden hin wird es tropisch, der Süden zeigt sich europäisch (Tasmanien ist ein zweites wettertechnisches England) und im Outback – da ist der Himmel sowieso meist immer blau und die Haut entweder schokobraun oder rot. Dürre, Überschwemmungen, Buschbrände und Zyklone sorgen schließlich für die jährliche klimatische Gefahrenzulage, was das Leben am unteren Ende der Welt betrifft.

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       Abb. 4: Water over Road. Manchmal bräuchte man wohl besser ein Schlauchboot statt ein Auto, um vorwärts zu kommen.

      Australien blieb jahrtausendelang isoliert, sodass eine einzigartige Vielfalt der Flora und Fauna entstand. 85% der Pflanzenwelt kommt nur hier vor. Spinnen, Schlangen, Quallen, Haie und Krokodile bilden die bisweilen tödliche; Heuschrecken, Mücken, Fliegen und Mäuse die lästige und Kängurus, Koalas sowie Wombats die süße Tierwelt Down Unders.

      12% des Landes sind zu Schutzzonen erklärt worden. Allein das sagenhafte Great Barrier Reef entlang der Ostküste bildet mit 345.000 Quadratkilometern einen riesigen Teil davon. Es gehört neben 18 weiteren Orten wie der Oper in Sydney und dem Kakadu Nationalpark im Northern Territory zum UNESCO Weltkultur- und naturerbe.1

      Australiens „Tyrannei der Ferne“ ermöglichte Landschaften und Lebewesen aller Art eine völlig unbeherrschte Entwicklung – einschließlich der Aboriginals, den Ureinwohnern des Landes. Sie gelten als die älteste, noch lebende indigene Bevölkerung der Welt. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind ihre Vorfahren von Südostasien aus nach Australien gelangt, als der Meeresspiegel um einiges flacher war. Wann genau diese Migration stattfand, darüber ist sich die Forschung noch immer uneins. Ein Alter von 50.000 Jahren wird auf Grund anatomischer Funde weitestgehend akzeptiert. Keinerlei schriftliche Quellen, mit Ausnahme der Felsmalereien, berichten über die Ursprünge der Aboriginals. Sie kommunizieren nicht mit geschriebenen Worten, sondern durch Erzählungen, Gesang sowie Tanz – und das über Generationen hinweg. Im Mittelpunkt ihres Daseins steht die sogenannte Traumzeit. Sie ist so etwas wie eine alles lenkende Parallelwelt, welche den Kontinent erschuf und noch immer formt. In der Schlangen, Dingos und Hasenkängurus miteinander kämpften und ihre Spuren in der Landschaft hinterließen. Und deren Gegenwart die Lebensweise und Rituale der Ureinwohner bestimmt. Etwas schwulstig, ich weiß. Die Bibel erklärt sich einfacher.

      Ehe ich mich allzu sehr in religiöser bzw. spiritueller Feinarbeit verliere, lassen wir die Geschichte des Kontinentes beginnen – nur wann und wo?

      1 Für eventuell zukünftige Weltkulturerbe-Jagden in Australien siehe http://www.environment.gov.au/heritage/about/world/index.html.

       „Wohin des Weges?“