Heute oder nie!. Valentin Krasnogorov. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Valentin Krasnogorov
Издательство: ЛитРес: Самиздат
Серия:
Жанр произведения: Драматургия
Год издания: 2021
isbn:
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an der Hand.) Erzählen Sie trotzdem. Ihnen wird wenigstens leichter.

      DOKTOR: (Wischt sich die Stirn ab.) Verzeihen Sie, aber wer sind Sie – Marina oder Johanna?

      MARINA: Ich bin Marina.

      DOKTOR: Ja, richtig. Wissen Sie, mit mir geht etwas unverständliches vor sich. Im Kopf verwirrt sich alles, ich begreife nichts. Von mir wird eine Krankengschichte gefordert, und ich, da können Sie mich umbringen, erinnere mich nicht, dass ich sie geschrieben habe. Und wenn ich sie nicht geschrieben habe oder aus Versehen gelöscht, dann kann ich große Schwierigkeiten bekommen.

      MARINA: Dann schreiben Sie doch eine neue, worin besteht das Problem? Ist es das denn wert, den Kopf hängen zu lassen?

      DOKTOR: Eine fiktive Krankengschichte mit unechtem Datum zu verfassen, ist ungesetzlich. Damit stolpere ich in noch größere Unannehmlichkeiten.

      MARINA: Ach, wer erfährt denn davon?

      DOKTOR: Wenn es eine Prüfung gibt, kann man das ganz leicht aufdecken. Der PC fixiert doch automatisch das Erstellungsdatum einer Datei. Übrigens, Sie werden wohl kaum etwas davon verstehen.

      MARINA: Und darin besteht das ganze Problem?

      DOKTOR: Im technischen Sinn, ja. Über Gewissensbisse und Berufsehre red´ ich schon gar nicht. Die interessieren in unserer Zeit niemanden.

      MARINA: Mir scheint, ich kann Ihnen helfen.

      DOKTOR: Wie?

      MARINA: Habe ich Ihnen denn nicht gesagt, dass ich von Beruf Programmiererin bin?

      DOKTOR: Sie?!

      MARINA: Und Ihr technisches Problem ist aus Sicht eines Programmierers nur ein Nichts. Setzen Sie sich neben mich.

      Beide setzen sich an den PC. Marinas Finger fliegen schnell über die Tastatur.

      Hier, schauen Sie… Wir öffnen eine Datei mit der Krankengeschichte Antons… Der PC zeigt an, dass sie heute geschaffen wurde. Richtig?

      DOKTOR: Richtig.

      MARINA: Jetzt eine kleine Korrektur… Schauen Sie jetzt – wann wurde die Datei geschaffen?

      DOKTOR: (Schaut auf den Bildschirm.) Vor zweieinhalb Jahren. Einfach unglaublich! Wie haben Sie das geschafft?

      MARINA: (Zitiert mit Ironie den Doktor.) Wissen und Arbeit.

      DOKTOR: Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll!

      MARINA: Danken brauchen Sie nicht. (Schwankend.) Und jetzt will ich Ihnen etwas sehr wichtiges sagen… (Verstummt.)

      DOKTOR: Nun, was schweigen Sie denn?

      MARINA: Es ist schwer, mich zu überwinden. Aber ich werd´s doch sagen.

      Der Mann tritt ein. Marina verstummt. Sie ist sehr verwirrt.

      MANN: (An Marina.) Jetzt verstecken Sie sich nicht vor mir. (An den Doktor. Sein Ton ist hart,) Lassen Sie uns bitte alleine.

      Der Doktor blickt fragend auf Marina. Sie nickt ihm zu. Der Doktor geht hinaus. Pause.

      MARINA: Nun, reden Sie.

      MANN: Sie wissen hervorragend, um was es geht.

      MARINA: Nicht ganz.

      MANN: Dann führe ich die Sache so klar und kurz aus, wie möglich, zudem wenig Zeit übrig bleibt. Sie haben aus der Bank die Ihnen bekannte Summe entwendet. Das Geld ist zwar nicht auf Ihr Konto überwiesen, aber Sie wissen bestens, was darauf steht.

      MARINA: Gefängnis.

      MANN: Völlig richtig. Sie galten als gebildete Mitarbeiterin. Ehrlich gesagt, ich bewundere auch jetzt noch Ihre Kunstfertigkeit, mit der Sie diese Operation durchgeführt haben. Zwei Jahre hat die Bank nicht bemerkt, wie eine einzige Zeile im Computerprogramm zu dem Geldverlust geführt hat.

      MARINA: Man muss noch beweisen, dass ich diese Zeile einfügt habe.

      MANN: Experten werden das beweisen.

      MARINA: Unklar, wer erfahrener ist – ich oder Ihre Experten. Was wollen Sie von mir?

      MANN: Geben Sie das Geld zurück, und die Bank wird Sie nicht vor Gericht bringen.

      MARINA: Woher diese Milde? Daher, dass Sie mir gegenüber nicht ganz gleichgültig sind?

      MANN: Sie wissen, dass ich Ihnen gegenüber wirklich nicht ganz gleichgültig bin, aber in diesem Fall sind rein kommerzielle Gründe wichtiger. Die Bank braucht wirklich nicht, dass der Öffentlichkeit bekannt wird, dass unsere Mitarbeiter das Geld der Anleger stehlen. Dann verlieren wir tausende Kunden und hunderttausende Euro. Deshalb sind wir interessiert, diese Sache zu vertuschen.

      MARINA: Wann muss man das Geld zurückgeben?

      MANN: Heute. Andernfalls werden Sie morgen verhaftet.

      MARINA: Heute kann ich nicht. Und morgen, übrigens, auch nicht. Und übermorgen.

      MANN: Warum?

      MARINA: Was macht den Unterschied?

      MANN: Gut. Ich hab´ gesagt, was ich sagen sollte. Denken Sie nach. Ich wiederhole: Zeit haben Sie wenig. (Steht auf, geht zum Ausgang, bleibt stehen. Sein Ton verändert sich.) Marina, Sie wissen doch, wie ich zu Ihnen stehe.

      MARINA: Ich weiß.

      MANN: Weshalb haben Sie das gemacht?

      MARINA: Weil… Weil ich es getan habe.

      MANN: Und wo ist denn trotzdem das Geld?

      MARINA: Ich habe es nicht für mich genommen.

      MANN: Das habe ich vermutet. Dann soll eben jener Mensch sitzen! Letztendlich hat nämlich er sich das Geld von dem Konto angeeignet, und Sie sind formell fast nicht schuldig. Jene Zeile im Programm kann man als technischen Fehler erklären. Was sagen Sie dazu?

      MARINA: (Nach einigem Schweigen.) Lassen Sie mich etwas nachdenken. Warten Sie unten im Café, ich werde Sie rufen. Und solange habe ich eine Bitte an Sie. In diesem Café sitzt eine Frau namens Johanna. Bitten Sie sie, heraufzukommen.

      MANN: Gut.

      Der Mann geht. Der Doktor tritt ein.

      DOKTOR: Wer ist dieser Mann?

      MARINA: Der Vizepräsident der Bank.

      DOKTOR: Was wollte er von Ihnen?

      MARINA: Unwichtig. Doktor, ich will Ihnen etwas gestehen.

      DOKTOR: (Versucht zu scherzen.) Ich hoffe, Ihre Liebe?

      MARINA: Nein, einfach ein Geständnis. Obwohl, ich verberge nicht, dass Sie mir sehr sympathisch sind. Deshalb muss ich Ihnen auch etwas gestehen. (Verstummt.)

      DOKTOR: Sie wollten mir auch davor etwas sehr wichtiges sagen, aber die Ankunft dieses Mannes störte dabei.

      MARINA: Ja.

      DOKTOR: Dann gestehen Sie doch endlich!

      MARINA: Sie werden mich verachten.

      DOKTOR: Unsinn. (Und da Marina schweigt, fährt er fort.) Wenn Sie sich nicht entschließen, zu gestehen, dann erlauben Sie mir das zu tun. Sie sind die Frau, von der ich schon lange geträumt habe. Wenn Sie nicht verheiratet wären, würde ich Ihnen einen Antrag machen. Lachen Sie mich nur nicht aus.

      MARINA: Ich möchte weinen und nicht lachen.

      DOKTOR: Überlegen Sie: Wenn es nicht gelingt, Ihren Mann zu heilen, dann müssen Sie sich trotzdem von ihm trennen. Und dann werde ich mich um ihn und um Sie kümmern. Ich bin nicht jung und nicht hübsch…

      MARINA: (Unterbricht ihn.) Sie sind nicht alt und sehr wohl anziehend.

      DOKTOR: Danke. Aber ich wollte sagen, dass ich dafür völlig versorgt bin und mich bemühe, Sie glücklich zu machen. Und, die Hauptsache, ich verhalte mich Ihnen gegenüber gut.

      MARINA: Das ist wirklich die Hauptsache.

      DOKTOR: Und jetzt sagen Sie, was Sie mir sagen wollten.

      MARINA: Aber nun fällt es mir noch schwerer,