Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband). Andreas Brandhorst. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andreas Brandhorst
Издательство: Bookwire
Серия: Perry Rhodan-Taschenbuch
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845331966
Скачать книгу
Die Oxtorner glichen antiken, griechischen Götterstatuen. Sie waren perfekt.

      Und tödlich. Die Phase des gegenseitigen Abschätzens konnte viele Minuten lang dauern. Es war eine Parade, ebenso sehr dazu angetan, das Publikum zu beeindrucken, wie den Gegner einzuschüchtern und sich selbst Mut zu machen. Eine Nervenprobe, die, gab keiner der Kontrahenten nach, in einer Explosion der Gewalt münden musste.

      Lifkom wurde Zeuge einer von ihnen. Und um ein Haar ihr Opfer. Der Okrill schickte sich gerade an, den Schauplatz eines Duells zu passieren, als der Kampf begann. Lifkom, der nur über die unzureichenden Sinne eines Terraners verfügte, konnte nicht sagen, welcher der Duellanten den Kampf eröffnet hatte. Den einen Moment stolzierten die beiden Oxtorner – ein Mann und eine Frau – im Ring auf und ab, den nächsten nahm Lifkom lediglich ein Knäuel von wirbelnden Gliedern wahr. Er hörte das dumpfe Trommeln der Schläge, von denen jeder genügt hätte, einen Terraner umzubringen, das verbissene Stöhnen der Kämpfer. Eine Quasi-Lautlosigkeit, die einen handfesten Grund hatte: Oxtorner kannten keinen Schmerz. Durften es nicht. Zu schreien hätte bedeutet, ihn einzugestehen. Und dieses Geständnis wiederum die Niederlage.

      Das Knäuel löste sich voneinander. Die beiden Kontrahenten nahmen ihr Stolzieren wieder auf. Blut floss aus der aufgeplatzten Stirn der Frau, rann ihren Hals und Oberkörper hinunter. Der Mann schien unverletzt.

      Lifkom hörte ein wütendes Schnauben. Der Okrill kam in dem engen Gang nicht an den zuschauenden Oxtornern vorbei. Dazu, umzukehren und auf einem anderen Weg sein – Lifkom nach wie vor unbekanntes – Ziel anzusteuern, schien seine Intelligenz nicht auszureichen.

      Das Duell nahm seinen Gang. Wieder verstrickten sich die Kontrahenten in einem Knäuel, wieder waren ihre Bewegungen zu schnell, als dass der Terraner ihnen hätte folgen können. Stöhnen kam aus der Ringmitte. Lauter. Bereits ein Schrei? Die Zuschauer horchten auf. Die beiden Kontrahenten erstarrten in der Bewegung – und im nächsten Augenblick schoss ein dunkler Umriss auf Lifkom zu. Die Zunge des Okrills zuckte zur Seite, schaffte den Terraner aus der Bahn. Er spürte einen scharfen Luftzug, dann riss kreischend Metall. Er wandte den Kopf und sah den männlichen Oxtorner, dessen Körper sich zur Hälfte in die Korridorwand gebohrt hatte. Der Mann regte sich nicht.

      Die Zuschauer brüllten auf, dann rannten sie zu dem Verletzten, die Siegerin des Duells an der Spitze.

      Der Okrill nutzte die Chance, endlich seinen Weg fortzusetzen, so dass Lifkom nicht verfolgen konnte, was weiter geschah, doch das war auch nicht nötig. Der Botschafter hatte lange genug unter Oxtornern gelebt, um zu wissen, dass sie sich um den Geschlagenen kümmern würden. Seine Niederlage war keine Schande. Eine Schande wäre es nur gewesen, hätte er nicht versucht, sein Potenzial ganz auszuleben. So hatte er ehrenhaft gekämpft und ehrenhaft verloren. Das nächste Mal mochte er, gestärkt von der Erfahrung der Niederlage, die Oberhand behalten.

      Der Okrill kam jetzt schneller voran. Die meisten Duelle waren entschieden, nur an wenigen Stellen war ihnen noch der Weg versperrt. Als das Froschwesen in einen Antigravschacht schnellte und mit seiner Beute nach oben schwebte, wurde Lifkom das Ziel des Tiers klar: Es brachte ihn in die Zentrale. Natürlich. Wohin auch sonst? Der Kommandant der BANDIKOT musste von der Anwesenheit des Botschafters erfahren haben und wollte ihn sehen. Aus Neugierde oder auch aus nüchterner Abwägung heraus: Immerhin war Lifkom der Botschafter Terras. Zugegeben eines Volks von Schwächlingen, doch auf jeden lebenden Oxtorner kamen tausende von Terranern und Terranerabkömmlingen. Nur ein Idiot würde es sich mit ihnen grundlos verscherzen. Und ein Idiot würde im Auswahlprozess der Oxtorner nicht bestehen.

      Der Okrill sprang aus dem Schacht. Das Zentraleschott tauchte vor dem Froschwesen und seiner Beute auf, glitt zur Seite. Lifkom Tremter strich sich das Haar ordentlich glatt, versuchte, so gut es in der feuchten Umklammerung einer Okrillzunge möglich war, würdevoll zu wirken. Der Diplomat war der festen Überzeugung, dass der erste Eindruck stets der Entscheidende war.

      Der Okrill sprang mit einem Satz in die Mitte der Zentrale, kam direkt vor einer Oxtornerin auf. Die Frau wandte Lifkom den Rücken zu. Als sie den Okrill hörte, wandte sie sich um.

      Es war Talina.

      »Ta... Talina, du?« Die geschliffene Begrüßung, die Lifkom sich zurechtgelegt hatte, war wie weggeblasen.

      »Dieselbe. Hast du mich schon vergessen, Kleiner?«

      »Nein. Ich dachte nur ... ich hatte nicht damit gerechnet ...« Er brachte den Satz nicht zu Ende.

      »Hast du gedacht, ich würde Däumchen drehen oder mich um einen Posten als Krankenschwester auf der Medostation prügeln?« Ihre Augenbrauen verzogen sich zu skeptischen Halbkreisen.

      Lifkom schüttelte den Kopf. Das hatte er tatsächlich nicht. Er hatte schlicht keinen Gedanken mehr darauf verschwendet, was aus Talina würde. Sie hatte selbstverständlich an den Duellen teilgenommen. Und offenbar erfolgreich. Sehr erfolgreich – wieso sonst hielt sie sich in der Zentrale auf?

      Ein Gedanke kam dem Terraner. »Du bist Kommandantin der BANDIKOT?«, fragte er.

      Talina prustete. »Du kommst auf Ideen! Nein, ganz so weit oben bin ich nicht eingestiegen. Aber schön, dass du mir das zutraust.« Die Oxtornerin knallte die bloßen Hacken zusammen, hob in einer Parodie eines militärischen Grußes eine Hand an die Stirn. »Darf ich vorstellen: Talina Cainne, Erste Offizierin des stolzen Kreuzers BANDIKOT und stellvertretende Kommandantin!«

      Sie gab dem Okrill einen Wink. Das Froschwesen setzte den Terraner auf dem Zentraleboden ab und entließ ihn aus seiner Zunge. Seines Halts beraubt, schwankte Lifkom. »Und das da ist Yam-Yam, unser Schiffsmaskottchen.« Sie zeigte auf den Okrill, der mit einem Satz vor ihre Füße sprang und ihr den Rücken darbot. Talina kraulte ihn mit beiden Händen und strahlte. »Ist er nicht süß? Und so klug! Er hat auf Anhieb dein Versteck gefunden und dich hierher gebracht. Er ist einfach vom Zugangsschott deiner Infrarotspur gefolgt!«

      »Ja. Ein prächtiges Tier«, stimmte Lifkom höflich zu. Der Speichel des Okrills, der sich über seinen Anzug verteilt hatte, erinnerte den Terraner an Kleber. Er musste seine Arme mit Gewalt von den Hüften freimachen. »Talina, du bist also die Erste Offizierin. Willst du mich nicht deinem Kommandanten vorstellen?«

      »Ach, das ist nicht nötig.«

      »Wieso das?«

      »Du kennst ihn schon.«

      Ein Mann trat hinter die Oxtornerin, legte ihr gönnerhaft eine Hand auf die Schulter. Modesto. Sein linker Arm hing schlaff in einem Verband, aus einer provisorisch genähten, über den gesamten Oberschenkel verlaufenden Wunde rann Blut. Es musste ein langer und harter Weg zum Kommandantenstuhl gewesen sein.

      Der Oxtorner lächelte. »Du solltest auch einmal ein Duell probieren, Terraner. Eine erfrischende Erfahrung. Sie würde dir gut tun.«

       Kapitel 7

      Der neunundzwanzigste Tag im Kampf für das Leben.

      An-Keyt wusste es. Jeden Abend, wenn das Kommando sich in ein neues Lager zurückzog, kratzte sie mit einem aufgelesenen Metallsplitter eine Markierung in ihren Rückentornister. Manchmal schien es An-Keyt, dass die Kratzer an ihrem Tornister der einzige Unterschied zwischen den Tagen waren.

      Ihr Vormarsch – der ihres Kommandos, der aller Kommandos – lief nach Plan. Mit jedem Tag drangen sie tiefer in den Bauch der PAN-THAU-RA vor, brachten sie neue Sektoren in ihre Gewalt, schlugen sie ihr Lager exakt in dem vom Helk-Netz vorgesehenen Ort auf, ruhten sie exakt die Stundenzahl, die nötig war, um sich optimal zu regenerieren, aßen sie die optimale Menge an Konzentraten in der für ihre Körper optimalen Zusammensetzung von Nahrungsbestandteilen.

      An-Keyt kam es vor, als hätte ihr Leben niemals anders ausgesehen. Schlaf, Essen, Kampf, Essen, Paarung mit Belor-Thon, Schlaf – hatte es je etwas anderes gegeben? An-Keyts Verstand wusste es besser, aber wenn die Loowerin versuchte, sich in ihr altes Leben zu versetzen, stieß sie auf eine große Leere.

      Ein Warnton des Gefechtssystems ließ An-Keyt anhalten. Die Helk-Module, die der Zweidenkerin vorangingen, waren auf eine Unregelmäßigkeit gestoßen. An-Keyt reagierte auf den Ton aus Reflex,