»Ich weiß es nicht«, sagte er.
»Er war ein Kriegsheld«, flüsterte der Sterbende. Seine bislang völlig klare Stimme war von einem Augenblick zum anderen brüchig geworden. »Ein großer Kämpfer unseres Volkes. Längst im Ruhestand, aber trotzdem. Sie haben ihn mitgenommen, und mich haben sie ... haben sie ...« Seine Augen verdrehten sich, sein Atem ging plötzlich rasselnd. Zwei furchtbar schnarrende Züge, die Rhodan an ein Instrument erinnerten, aus dem mitten während des Spielens plötzlich die Luft entwich, ein dritter, ein vierter ... und dann keiner mehr.
Die Gestalt des Tefroders erschlaffte ruckartig.
Rhodan sah zu Mimo Serleach hinüber.
Der Bordarzt richtete sich gerade von seinem Patienten auf und schüttelte unter dem Raumhelm den Kopf. »Nichts mehr zu machen«, sagte er. »Ich ...«
»Energieemissionen«, unterbrach der TARA ihn. »Eine starke Energieentfaltung backbord an der Außenhülle des Frachters!«
Rhodan schaltete sofort. Eine Falle!, dachte er. Die Angreifer haben den wrackgeschossenen Raumer in eine Todesfalle umfunktioniert!
Er zeigte auf den Bordarzt. »Nimm ihn mit! Raus hier, so schnell wie möglich, unter Einsatz aller Mittel!«
Fesselfelder rissen Dr. Serleach hoch. Bevor der Mediker wusste, wie ihm geschah, hatten sie ihn mit rasender Geschwindigkeit zu dem TARA befördert. Dessen Paratronschirm erlosch für Sekundenbruchteile und baute sich sofort wieder auf. Serleach schrie auf. Wahrscheinlich befürchtete er, am Körper des Kampfroboters zu zerschellen, doch im letzten Augenblick wurde er mit brachialer Gewalt abgebremst und schien dann an der Hülle des TARA zu kleben.
Alles geschah gleichzeitig. Der Roboter aktivierte seine Triebwerke und riss die Waffenarme hoch. Eine kaum vorstellbare, von Energiespeicherbatterien und Matrix-Schwarzschild-Fusionsreaktoren gespeiste Vernichtungskraft erfasste ihr Ziel – Impulsstrahler, Desintegratoren, Hochenergiegeschütze, Rhodan bekam es nicht mehr mit.
Der TARA feuerte, und die Wand vor ihm löste sich auf und verglühte gleichzeitig. Schon setzte das High-Tech-Gebilde sich in Bewegung.
Moo! Aktiv-Modus!, dachte Rhodan. Bring mich hier raus!
Das auf der rechten Brustseite des Galornenanzugs angebrachte zentimeterdicke Relief, das Rhodan an eine Buddha-Figur von etwa zehn Zentimetern Höhe erinnerte, erwachte zum Leben. Es schien geradezu aus dem Anzug zu springen und bildete sich blitzschnell aus.
Rhodan hatte diesen speziell auf seine Bedürfnisse zugeschnittenen Anzug in der Galaxis Plantagoo von Kaif Chiriatha, der inzwischen umgekommenen Thoregon-Botin der Galornen, zum Geschenk gemacht bekommen. Er war nach dem Vorbild eines terranischen SERUN gefertigt worden und wies auch die SERUN-typischen Charakteristiken und Leistungsparameter auf. Das Geheimnis von Moo hatte er noch nicht ergründen können. Laut eigener Aussage war das jederzeit von ihm aktivierbare Zwitterwesen halb lebendiger, halb robotischer Natur.
»Folgen!«, sagte Moo, und der Galornenanzug wurde abrupt aktiv. Ohne selbst irgendetwas dazu zu tun, raste Rhodan durch die klaffenden Öffnungen in den Decken und Wänden des Frachters, die der TARA geschaffen hatte. Die Ortung verriet ihm, dass die beiden Medorobs ihm folgten.
Der TARA tauchte wieder in Rhodans optischer Erfassung auf. Er feuerte unablässig, um sich den kürzesten Weg durch das Innere des Frachters freizuschießen.
Rhodan konnte die Vibrationen, die sich durch den tefrodischen Frachter ausdehnten, trotz der Abschirmungen des Galornenanzugs deutlich wahrnehmen. Ein Zittern durchlief seinen Körper und machte ihn fast bewegungsunfähig.
Moo flog noch schneller durch die breite Schneise der Vernichtung, die der TARA gerissen hatte, und schlug dann dicht hinter ihm einen etwas anderen Kurs ein.
Rhodan bekam kaum mit, wie sie den Frachter verließen. Was auf dem Hinweg unter Wahrung jedweder gebotenen Vorsicht lange gedauert hatte, währte nun, unter Einsatz brachialster Kampfkraft, nur Sekunden.
Verwirrende Bilder jagten über Rhodans Helmdisplay. Der Frachter hinter ihm, die JOURNEE vor ihm, nachtschwarzer Leerraum zwischen den Sternen um ihn herum. Displays verrieten ihm, dass der Galornenanzug sämtliche verfügbaren Energien abzog und auf den Antrieb legte. Ein Ortungsbild zeigte den TARA mitsamt Dr. Serleach, die hinter ihm zurückblieben.
Die JOURNEE wurde rasend schnell größer, der Frachter rasend schnell kleiner, und plötzlich war das tefrodische Raumschiff gar kein halbes Wrack mehr, sondern eine neue Sonne, die unvermittelt hier am äußersten Rand von Andromeda entstanden war.
Und Rhodan wurde klar, dass die JOURNEE nicht nur subjektiv größer geworden war, weil er sich dem Schiff genähert hatte, sondern auch, weil sie sich praktisch vor ihn geschoben hatte, um ihn vor den Auswirkungen der Explosion abzuschirmen. Ihn und den TARA mit Dr. Serleach.
Rhodans Adrenalinspiegel war in unermessliche Höhen geschnellt, und die Rettung war fast ein Antihöhepunkt, der ihn körperlich schmerzte. Keine Druckwelle, die ihn durch die Schwärze des Alls schleuderte. Keine Feuerfront, die seine Schutzschirme fast überbelastete.
Gar nichts.
Ein Traktorstrahl erfasste ihn und zog ihn in den Rollo-Hangar der JOURNEE. Kurz darauf setzte der TARA mit Dr. Serleach neben ihm auf.
Erst Minuten später wurde ihm klar, wie knapp es gewesen war.
Die beiden Medoroboter hatten es nicht geschafft. Sie waren von den Energiegewalten der gezündeten Bomben erfasst und vernichtet worden.
Cyrdan, einige Stunden zuvor ...
Admiral Venk Kethmeros Miene kam Raye Corona unerklärlich düster vor.
Mit zurückgelegtem Kopf verfolgte er, wie die JOURNEE vom Raumhafen Elvulryl startete. Raye erfüllte dieser Aufbruch mit Hoffnung. Sie bezweifelte nicht, dass Perry Rhodan sein Versprechen halten und mit starker militärischer Hilfe für Hathorjan zurückkehren würde.
Und bis dahin würden sie durchhalten. Bei den Millionen Planeten dieser Galaxis war es äußerst unwahrscheinlich, dass sich die Invasoren ausgerechnet Cyrdan als eines der nächsten Angriffsziele auswählen würden.
Admiral Kethmero schien den Start der JOURNEE jedoch mit einem höchst unguten Gefühl zu verfolgen.
Raye fragte sich sowieso, weshalb der Admiral sie zu der kurzen Verabschiedung auf dem Raumhafen gebeten hatte. Wollte er ihr damit seine Dankbarkeit für den glücklichen Umstand beweisen, dass sie zum richtigen Augenblick am richtigen Ort gewesen war und sich aufopfernd um die verletzten Besatzungsmitglieder der JOURNEE gekümmert hatte? Oder hegte er ein ganz anderes Interesse an ihr?
Sie wusste, sie war eine attraktive junge Frau. Jeder andere Gedanke wäre Heuchelei gewesen, eine Lüge. Man hatte es ihr oft genug gesagt. Und der Admiral war auch nur ein Mann.
Sie fand ihn ganz sympathisch, aber aus irgendeinem Grund ging ihr Zim November nicht aus dem Kopf. Der junge terranische Emotionaut war nicht nur süß, er ...
Sie seufzte leise. Eigentlich sollte sie den Start der JOURNEE mit Freude und Hoffnung verfolgen, doch unter diese Gefühle mischte sich auch Schmerz. Sie gestand es sich nicht gern ein, aber sie bedauerte, dass Zim sie verlassen musste.
Hast du dich etwa verliebt?
Sie unterdrückte den Gedanken und sah wieder den General an. Hatte er sich in sie verliebt?
Verliebt war vielleicht zu viel gesagt. Interessierte sie ihn? Wollte er sie gern näher kennen lernen?
Die JOURNEE verschwand in den Wolken über dem Turfin-Tiefland, und der Admiral drehte sich zu ihr um. »Trinken wir noch einen Ripperger?«
»Müsstest du nicht an Bord deines Flaggschiffs sein?«, konterte sie. »Schließlich könnten die Kastun-Schiffe jeden Augenblick über Cyrdan auftauchen ...«
»Meine Leute wissen, was sie zu tun haben«, sagte er, doch sein