Prallfeld- und Deflektorschirm konnten mit den anzugeigenen Energien maximal dreißig Minuten aufrechterhalten werden. Mit einem entsprechenden Rucksack-Akku ließ sich dieser Zeitraum etwa vervierfachen.
Als experimentelle Module waren zudem zwei Desorientierungsmedien in den SERUN integriert worden, deren Projektoren über die Brust sowie die Arm- und Beinflächen verteilt waren: der Blender und der Schreihals. Beide machten ihrer Bezeichnung alle Ehre.
Der Blender blendete nicht nur Augen, sondern überlastete auch automatisch abdunkelnde Schutzschirme bis zu einem gewissen Grad, so dass der Geblendete kurzzeitig nichts sehen konnte. Zumindest beim menschlichen Auge kam es dabei aber nicht zu dauerhaften Erblindungen.
Der Schreihals hingegen strahlte Impulse im normalen ebenso wie im Ultra- und Infraschallbereich aus, die alle, die sie hörten, in beträchtliche Verwirrung stürzten, ohne sie dauerhaft zu verletzen.
Beide Waffen waren Entwicklungen aus der technischen Ideenschmiede von Rhodans Ehefrau, der wunderschönen, grünhäutigen Ator Sichu Dorksteiger.
Dem Terraner ging ein Stich durchs Herz, als er kurz an sie dachte.
Ferner verfügte der SERUN-DS über einen kurzfristig leistungsfähigen Traktorstrahlprojektor, den der Träger wie einen Kraftverstärker mit der linken oder rechten Faust steuern und führen konnte. Die Kraftreserve genügte allerdings nur für maximal sechzig Sekunden und musste dann wieder aufgeladen werden. Bei sehr schweren Objekten bestand außerdem die Gefahr, dass der leichte Siganese zu dem Objekt gezogen wurde, das der Traktorstrahl erfasste, und nicht umgekehrt. Aber er war so beschlagen im Umgang mit dem Projektor, dass er diese Problematik im Allgemeinen im Griff hatte.
Außerdem konnte der SERUN-DS seine Außenstruktur ändern: Bei einem Aufprall aus großer Höhe verhärtete die oberste Außenschicht des SERUNS. Die darunter liegenden bildeten Polsterblasen und fingen den Träger auf. Damit war Tenga selbst bei einem totalen energetischen Ausfall geschützt.
Worauf Tenga allerdings hatte verzichten müssen, war seine SCHOTE, ein Miniaturgleiter.
Der Siganese sah sich um. »Ziemlich kärgliche Einrichtung«, murmelte er wie zu sich selbst.
Das war trotz der Wortwahl ein deutlich erkennbarer Euphemismus. Es gab nicht die geringste erkennbare Einrichtung.
Da er nur 22,03 Zentimeter groß war, konnte er sich weitgehend ungehindert bewegen und umsehen.
Er berührte vorsichtig eine Wand. Sie wurde von skelettartigen Verstrebungen stabilisiert, die aus einer kalkähnlichen Substanz zu bestehen schienen. Insgesamt erweckte sie einen zweckmäßigen, aber denkbar primitiven Eindruck.
Neugierig aktivierte Rhodan das Mehrzweck-Armbandgerät. Der Scanner ortete diverse technische Vorrichtungen in den Wänden, konnten jedoch keinen Aufschluss über deren genauen Sinn und Zweck geben. Rhodan vermutete, dass sie unter anderem die Gefangenen in der Kammer mit Atemluft versorgten.
Er runzelte die Stirn. »Die Aggregate muteten primitiv an«, murmelte er, »als wäre die Verbindung zwischen organischen und künstlichen Elementen nur mit beträchtlichen Schwierigkeiten möglich gewesen.« Rhodan argwöhnte, dass sie ihre Aufgabe nicht über sonderlich lange Zeiträume erfüllen konnten.
Vielleicht waren sie gar nicht dafür gedacht. Vielleicht sollten mit ihnen lediglich Gefangene überwacht werden, die der Wurm verschluckt hatte, bis sie an ihr endgültiges Ziel überstellt werden konnten.
Aber ... was für ein Ziel war das? Eines im ... Linearraum? Beinahe wünschte er sich ein paar Onryonen an seine Seite, die ausgewiesene Kenner des Linearraums waren. Vielleicht würden sie ihm sogar bei der Analyse dieses Wurms weiterhelfen können. Aber selbstverständlich war kein Onryone in der Nähe, wenn man ihn brauchte ...
Rhodan verdrängte die sinnlose Frage, auf die er selbst derzeit keine Antwort finden würde, und nahm sich die Ortung vor. Tenga unterstützte ihn dabei. Er konnte nur hoffen, dass die Kreatur – oder derjenige, der sie beobachtete – den Siganesen nicht bemerkt hatte.
Er untersuchte die nun wieder verschlossene Öffnung, durch die er in die Verwahrkammer gestürzt war. Sie war kreisrund, und ein Humanoider seiner Größe passte bequem hindurch.
»So primitiv, wie es den Anschein hat, ist die Ausstattung der Zelle keineswegs«, stellte Sholotow Affatenga fest und zeigte auf eine unauffällig anmutende Unreinheit an der Wand, bei der es sich durchaus um einen Fehler bei der Verarbeitung hätte handeln können. »Falls ich mich nicht völlig irre, ist das ein Sensor.«
Perry Rhodan nickte knapp. »Das heißt, wir werden überwacht. Bieten wir unseren Häschern eine kleine Show!«
»Meinst du damit das, was ich glaube?«
»Darauf würde ich eine Wette abschließen. Aber du hältst dich weiterhin zurück! Es kann nur von Vorteil für uns sein, wenn man dich nicht entdeckt. Versuch, deine Anwesenheit geheim zu halten.«
Rhodan beschäftigte sich mangels sinnvoller Alternativen einmal mehr mit der Frage, ob der Wurm tatsächlich intelligent war oder von einem anderen Wesen gesteuert wurde. Gewisse Beobachtungen, die er gemacht hatte, sprachen für die zweite Möglichkeit. Wenn die Kreatur stoppte, um die giftigen Gase aufzunehmen, von denen sie sich offensichtlich ernährte, sich dann aber wieder zielstrebig weiterbewegte, war das ein erkennbarer Widerstreit zwischen Instinktverhalten und steuernder Intelligenz. Wäre es ihr nur ums Fressen gegangen, hätte sie sich anders verhalten, sich ungezielter bewegt und mehr gefressen. Sie schien angetrieben werden zu müssen, ihren Fressdrang zu zügeln.
Perry Rhodan tippte betont umständlich mit der Fingerspitze auf sein Kom-Display. Er versuchte, Hyperfunkkontakt zur BJO BREISKOLL aufzunehmen, doch es gelang ihm nicht. Damit hatte er gerechnet. Wer ein Wesen wie diesen Wurm durch den Halbraum steuern konnte, war auch imstande, den Hyperfunk zu unterbinden.
Doch Rhodan bezweckte etwas ganz anderes damit. Nach drei vergeblichen Versuchen fluchte er lautstark. Er musste sich zwingen, nicht zu grinsen. Solch ein Verhalten entsprach ihm ganz und gar nicht. Er versuchte lediglich, sämtliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, den unsichtbaren Beobachter von Sholotow Affatenga abzulenken, damit der Siganese in Ruhe seine Untersuchungen fortsetzen konnte.
Immer wieder fluchte er im Selbstgespräch vor sich hin, während Affatenga sich still verhielt. Rhodan hoffte, dass Tenga auch weiterhin nicht bemerkt würde. Mit etwas Glück konnte der Siganese später zu einer Trumpfkarte werden, auch wenn Rhodan bisher recht wenig über dieses Spiel wusste, das jemand mit ihm trieb.
Er versuchte, mehr über sein Gefängnis herauszufinden, doch die Ergebnisse blieben überschaubar. Nachdem die Kreatur ihn aufgenommen hatte, war er völlig von der Außenwelt abgeschottet. In dieser Hinsicht mochte sein Gefängnis zwar primitiv sein, aber es war effektiv.
Rhodan wusste, was nun geschehen würde.
Er musste warten, bis der Wurm ihn von A nach B gebracht hatte.
Das war, aus Sicht seines Gegners, eine vernünftige Strategie: Er selbst hätte ebenfalls versucht, den Gefangenen erst einmal weichzukochen, ihn so lange schmoren zu lassen, bis seine Bereitschaft, etwas von Bedeutung zu verraten, wesentlich besser ausgeprägt wäre als zuvor. Insofern war das Verhalten seines Häschers nicht nur nachvollziehbar, sondern fast sogar menschlich.
Zumindest ist unsere Denkweise ähnlich, dachte Rhodan grimmig. Er ging allerdings nicht so weit, das für ein gutes Zeichen zu halten.
Er seufzte.
Und wartete.
*
Abrupt erklang ein Geräusch.
Es störte die absolute Ruhe in seinem Gefängnis so stark, dass Rhodan es sofort lokalisieren konnte. Das kreischende Scheppern konnte nur bedeuten, dass die kreisrunde Klappe, durch die er in diesen Raum gestürzt