Upselling
Ein wichtiger Baustein der Absatzsteigerung ist Upselling. Hier ist es zielführend, durch die hierfür implementierten Algorithmen nicht nur die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Kunde auf ein teureres Auto umsteigen möchte, zu berechnen, sondern auch den Preis, den er bereit ist, für sein nächstes Auto zu zahlen. Neben diesen absoluten Werten geht es genauso um die Frage nach den kundenseitig motivierenden Faktoren für ein solches Upgrade. Mit diesem Wissen können wiederum Marketing- und Verkaufstätigkeiten zielgerichteter und auf den individuellen Kunden angepasst stattfinden. Auch in diesem Fall empfehlen sich Algorithmen, die selbstständig von historischen Daten lernen, also vom bisherigen Kaufverhalten des Kunden und seinen daraus ersichtlichen Wünschen und Bedürfnissen.
Welche Kampagne sich für welche Autoserie eignet
Das Ziel dieser Analyse ist die Zuordnung und Ermittlung des besten Kampagnen-Sets für eine Fahrzeugserie. Alle existierenden Marketingkampagnen inklusive ihrer spezifischen Charakteristiken und Regeln für Anwendungsfälle werden in Kombination mit den möglichen Finanzierungen und Autos erfasst. Das beste Angebot für eine bestimmte Baureihe basiert auf der Kombination aller möglichen Kampagnen und korrespondierender Finanzierungsmodelle. Um dem Marketingbereich eine Spielwiese bereitzustellen, kann hierfür zusätzlich eine Echtzeitberechnung mit Visualisierung der jeweiligen Raten und Ergebnisse umgesetzt werden. In Abbildung 3–5 ist exemplarisch eine Architektur mit aktuellen Webtechnologien wie HTML5, CSS, JS und OpenUI5 abgebildet.
Wie wir am Beispiel der Automobilhersteller sehen konnten, sind Analytics-Lösungen vor allem eines: komplex! Es führt einmal mehr vor Augen, wie aufwendig und damit investitionsintensiv der Einsatz solcher Technologien sein kann. Doch es zeigt auch, was es bedeutet, Kundenbindung und Ertragssteigerung in Form einer besseren Serviceleistung miteinander zu verschmelzen und damit nachhaltig zu gestalten.
Entscheidend bleibt schlussendlich vor allem die Einsicht, dass für den erfolgreichen Einsatz von künstlicher Intelligenz deutlich mehr bedacht werden muss als die reinen Modelle.
Abb. 3–5 Abschließender kurzer Blick in die Architektur
3.5Fazit
Data-Science-basierte Anwendungen sind in der Praxis mittlerweile weit verbreitet. Das Potenzial dieser Anwendungen scheint grenzenlos. Um nachhaltig durch Data Science und KI neue Geschäftsmodelle zu erschließen, die Kosten zu senken und den Ertrag zu erhöhen, ist aber eine differenzierte Betrachtung des Nutzens von Data-Science-basierten Anwendungen im Unternehmen erforderlich. Viele auf den ersten Blick einfachen Anwendungsfälle erfordern zugrunde liegende Datenbasen mit einer hohen Qualität, neue Anwendungen, Technologien und die Schulung der Mitarbeiter. Ein zunächst kostengünstiger Use Case kann vor diesem Hintergrund schnell eine große Investition erfordern. Deshalb ist es auch im Bereich der Data Science erforderlich, die Investments bewusst mit Proof of Values und Business Cases zu beleuchten. Nur die bewusste Investition in ausgewählte Anwendungsfälle ermöglicht Unternehmen, ihre häufig eingeschränkten personellen sowie finanziellen Ressourcen möglichst positiv für die Zukunft einzusetzen. Als mahnendes Beispiel kann hier eine internationale Großbank gelten, bei der kurzfristig ein Data-Science-Bereich mit zehn hochbezahlten Scientists aufgebaut wurde, ohne eine geeignete Datenbasis oder Infrastruktur zu besitzen. Binnen eines Jahres konnte dieser Bereich keinen einzigen Use Case implementieren und hat letztlich keinen Nutzen für die Bank geschaffen.
4Konzeption und Entwicklung von Data-driven Products/Datenprodukten
Christoph Tempich
Data Science bietet große Vorteile für Unternehmen, weil man mit ihr aus Daten neue Angebote für Kunden entwickeln kann. Dabei arbeiten verschiedene Disziplinen eng zusammen – vom Produktmanagement über das Datenmanagement bis hin zum Design –, denn die Methoden der Data Science und ihre Ergebnisse sind nicht ohne Weiteres allgemeinverständlich. Die Erkenntnisse der Data Science müssen vielmehr in ein Datenprodukt umformatiert werden, das einen konkreten Kundennutzen formuliert. Datenprodukte helfen ihren Nutzern dann dabei, informiertere Entscheidungen zu treffen, und lassen sich deshalb monetarisieren.
In diesem Beitrag beschreiben wir auf Basis etablierter Vorgehensmodelle für die digitale Produktenwicklung ein Modell für die Entwicklung von datenbasierten Produkten. Dabei werden u. a. die Aspekte Ideenfindung, Value Proposition Design und Zielgrößen näher untersucht. Zur Messung der Qualität eines Datenprodukts sollte eine Feedbackschleife implementiert werden. Die Gestaltung des Datenprodukts, die Integration der Feedbackschleife und die iterative Weiterentwicklung übernimmt ein interdisziplinäres Team. Dieses nutzt verschiedene Big-Data-Technologien, um das Datenprodukt skalierbar zu produzieren.
4.1Einleitung
»Information is costly to produce but cheap to reproduce«, schreiben Carl Shapiro und Hal R. Varian 1999 in ihrem Buch »Information Rules« [Shapiro & Varian 1999]. In diesem Buch haben sie viele Entwicklungen der letzten beiden Jahrzehnte vorweggenommen, indem sie ökonomische Grundprinzipien auf die entstehende Informationsökonomie angewendet haben. Die Tatsache, dass im Jahr 2018 die Geschäftsmodelle der wertvollsten Firmen auf dem Handel von Daten basieren, illustriert das eindrücklich [The Economist 2017]. In diesem Kapitel betrachten wir die Produkte, die in einer Ökonomie der Information gehandelt werden, die Datenprodukte, und deren Entstehung.
In den letzten Jahren haben sich bestimmte Vorgehensweisen für die Entwicklung von digitalen Produkten durchgesetzt. Die agile Entwicklung ist zum Beispiel heute das Standardvorgehensmodell in der Softwareentwicklung. Datenprodukte sind digitale Produkte mit einem spezifischen Kundennutzen, der im Wesentlichen auf der Verarbeitung von Informationen beruht. Die Digitalisierung von Prozessen liefert oft die Datengrundlage, um aus diesen Daten Datenprodukte zu kreieren. Dazu werden Daten häufig mithilfe von Data-Science-Methoden ausgewertet und daraus neue Erkenntnisse gewonnen. Aus Daten werden Informationen und schließlich Wissen [Probst et al. 1998]. Für Datenprodukte müssen einige etablierte Vorgehensweisen allerdings angepasst werden. Die Integration von Machine-Learning-Funktionalität ist nicht einfach ein neues Feature, sondern beeinflusst den gesamten Prozess der Produktentwicklung.
Angefangen von der Identifikation eines Kundenproblems über die Definition einer Value Proposition, die Konzeption des Produkts bis zur Definition eines sinnvollen Team-Setups zeigen wir, wie man ein erfolgreiches Datenprodukt bauen und produktiv betreiben kann. Ein besonderes Augenmerk richten wir dabei auf die Feedbackschleife. Jedes Datenprodukt ist ein kybernetisches System mit einer Regelschleife. Allerdings ist die Erfassung und Auswertung des Feedbacks bei Datenprodukten oft nicht trivial und muss daher konzeptionell betrachtet werden.
Im Folgenden beginnen wir mit einer Definition von Datenprodukten und einer Beschreibung der grundlegenden Monetarisierungsstrategien von Datenprodukten. Datenprodukte entstehen als Teil der digitalen Produktentwicklung, daher verweisen wir auf die gängigen Vorgehensmodelle in diesem Bereich. Unter Berücksichtigung der Erfolgsfaktoren von Datenprodukten leiten wir ein Vorgehensmodell für die Erstellung von Datenprodukten ab. Dieses Vorgehen lässt sich unter bestimmten organisatorischen und technischen Voraussetzungen besonders gut realisieren. Mit der Beschreibung dieser Anforderungen schließen wir das Kapitel