4.2. Formen der Erlebnispädagogik
4.3. Wissenschaftliche Fundierung
4.3.2. Kooperation und Gruppendynamik
5.1. Praxisbeispiel – erlebnispädagogisches Schullandheim
5.4. Dateninterpretation und Diskussion
5.4.2. Positive Selbstwahrnehmung
5.4.3. Nach dem SLH – Transfer in den Alltag
5.4.4. Schulen in der Verantwortung und Sport
5.4.5. Dienst am Nächsten und Übernahme von Verantwortung
5.4.7. Aufgaben der Schulsozialarbeit und Lehrer*innen, Kontinuität
6. Fazit – Möglichkeiten und Grenzen der Erlebnispädagogik bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS
1. Einleitung
„>Ob der Philipp heute still
wohl bei Tische sitzen will?<
Also sprach in ernstem Ton
der Papa zu seinem Sohn
Und die Mutter blickte stumm
Auf dem ganzen Tisch herum
Doch der Phillip hörte nicht,
was zu ihm der Vater spricht
Er gaukelt und schaukelt,
er trappelt und zappelt
auf dem Stuhle hin und her
>Philipp, das missfällt mir sehr!<“1
Die Geschichte des Zappel-Philipp von Heinrich Hoffmann aus dem Jahr 1845 gilt wohl als eine der ältesten Erwähnungen von der Störung, die heute zu den häufigsten kinder- und jugendpsychiatrischen Erkrankungen gehört – ADHS2. ADHS manifestiert sich bei den Betroffenen in Impulsivität, Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit3. Die Prävalenz liegt in einigen Regionen Deutschlands besonders hoch. So zum Beispiel der Bezirk Unterfranken, in dem 18,8% aller Jungen im Alter von zehn bis zwölf Jahren die Diagnose ADHS bekommen4. Als Folge wird vielen Kindern zu einer medikamentösen Behandlung geraten. Die in Deutschland populärste Behandlung ist die mit Methylphenidat, eher bekannt als Ritalin oder Medikinet5. Das häufig verschriebene Medikament stellt allerdings nur eine von vielen, teilweise noch wenig erforschten Behandlungsmethoden dar.
Kurt Hahn, ein Reformpädagoge aus Deutschland, stellte die Erlebnistherapie vor und setzte sie an den von ihm gegründeten Internaten durch. Diese sollte nicht eine spezielle Gruppe von betroffenen Jugendlichen ansprechen, sondern war für die Genesung der Jugend von den zivilisatorischen Verfallserscheinungen gedacht. Die vier Grundideen der Therapie bildeten Expeditionen in der Natur, handwerkliche und künstlerische Projektarbeiten, sportliche Aktivität und der „Dienst am Nächsten“6. Kurt Hahn setzte mit der Erlebnistherapie einen der Grundsteine für die moderne Erlebnispädagogik, die sich heute durch Natursport, Handlungslernen und Echtheit charakterisiert.
In erlebnispädagogischen Programmen treffen Kinder und Jugendliche mit ADHS auf eine Lernumgebung, die sich stark von dem Klassenzimmer einer Schule und der dortigen Atmosphäre unterscheidet. Die Teilelemente der modernen EP sind mittlerweile gut erforscht und wissenschaftlich belegt. Erlebnispädagogische Programme finden in der Regel in einem Zeitfenster von drei bis fünf Tagen statt und diese Zeit reicht nicht aus, um die Symptome einer ADHS langfristig zu heilen. Mit dieser Arbeit wird versucht, folgende Frage zu beantworten.
1.1. Fragestellung
Wie kann ein dauerhafter Transfer von neu erlernten Verhaltensmustern aus erlebnispädagogischen Programmen in den schulischen und privaten Alltag von Kindern und Jugendlichen mit ADHS ermöglicht werden?
1.2. Aufbau
Diese Arbeit beginnt mit einem Einstieg in die Thematik ADHS in Deutschland und führt den Leser durch aktuelle Statistiken und Forschungsergebnisse zur Prävalenz sowie den aktuellen Stand der Forschung zu den eigentlichen Ursachen einer ADHS-Erkrankung. Im Anschluss werden diverse Behandlungsmethoden vorgestellt. Die Behandlung mit Methylphenidat bildet dabei mit der dazugehörigen Kontroverse den Kern des Kapitels. Andere Behandlungsmethoden (zum Beispiel Psychotherapie, Familientherapie, Neurofeedback) werden vorgestellt und kurz erläutert. Das dritte Kapitel setzt sich mit dem Reformpädagogen Kurt Hahn, dessen Biografie, Idealen und Gesellschaftsideen auseinander. Die von Hahn begründete Erlebnistherapie wird genauer beleuchtet und bildet die Brücke und methodische Grundlage für die moderne EP, die im darauffolgenden Kapitel definiert und thematisiert wird. Die Kernelemente der modernen EP werden erklärt und der aktuelle Forschungsstand zu deren Wirkungsweisen wird weiter ausgeführt. Die Diskussion wird von einem Praxisbeispiel aus der beruflichen Praxis des Autors und einer exemplarischen Woche mit erlebnispädagogischem Programm eines Anbieters eröffnet. Daraufhin