Das zweigeteilte Echo der Öffentlichkeit
So nett und ehrlich so manche der uns entgegengebrachten Einschätzungen, wonach wir »von einem anderen Stern kämen«, gemeint gewesen sein mögen, sie treffen sachlich weder zu noch dienen sie unserem Anliegen, mit unserem Turbo-Modell zu einem anderen Studieren anzuregen. Dass uns Turbo-Studenten vor allem pure Zielstrebigkeit und ausgesprochene Leistungsbereitschaft so beschleunigt hatten, wurde folgerichtig von manchen übersehen. Die vorschnelle Aburteilung oder Klassifizierung unseres Studierens als »nicht nachahmbare« (»außerordentliche«) Studienleistung schien vielen leichter ins Konzept zu passen. Und dass unser Turbo-Studium ein zweigeteiltes Echo von Anerkennung (Vorstoß in neue Dimensionen des Studierens) und versuchten Kompromittierens (Störfall im regulären, an Regelstudienzeiten und -anforderungen angepassten deutschen Studiensystem) in der öffentlichen Diskussion erfuhr, wird angesichts der uneingelösten Reformanstrengungen im deutschen Hochschulsystem wohl kaum verwundern.
Befürworter und Gegner der Bologna-Reform halten sich hier nach wie vor so ziemlich die Waage – ein Dilemma, das bis heute nicht behoben ist und ohne Zweifel auch eine Grundsatzfrage enthält. Sollte man in dieser Gespaltenheit nicht auch ein Indiz dafür sehen, dass unser Bildungssystem und die Erwartungshaltungen an dieses an einem Punkt des Wandels angekommen sind – eines Wandels der Einstellungen all jener, für die die gegenwärtigen Rahmenbedingungen des Studierens samt der bürokratischen Gängelungen und institutionalisierten Strukturen im deutschen Studiensystem immer noch nicht den veränderten Bedürfnissen Rechnung tragen?
Dopingtest nach Turbo-Abschluss
Uns wurde im Verlauf der vielfältigen Diskussionen und diversen Interviews vor allem eines ziemlich schnell bewusst: Der Nachweis, dass man die Leistung mit ebenso legalen wie innovativen Methoden erbracht hat, ist zweifellos der beste Weg, Kritiker glaubwürdig zu überzeugen – vor allem davon, dass die ursprünglichen Ziele des Unternehmens »Turbo-Studium« richtig waren. In unserem Fall hieß das nicht nur, uns auf den akademischen »Dopingtest« einzulassen. (Nach Bekanntwerden unseres Turbo-Abschlusses hatten wir eine Reihe nachträglicher Leistungsüberprüfungen zu bestehen – auf der Basis der Schriftproben aller unserer Klausuren sowie durch detaillierte Überprüfungen unserer wissenschaftlichen Arbeiten.) Es bedeutete zugleich, noch einen offensiven Schritt weiter zu gehen und dieses Buch zu schreiben.
Diese Entscheidung wurde uns durch eine Reihe von Faktoren erleichtert. Dazu zählt zum einen die Erfahrung, dass Recht nicht immer Gerechtigkeit bedeutet. Unser Schnellstudium ist gerichtlich nicht als das anerkannt worden, was es der Sache nach nämlich ist: ein Neuanfang auf dem Gebiet des Studierens. Die Vertreter unserer Hochschule sowie die juristischen Instanzen haben es vorgezogen, die überkommenen Studiengewohnheiten und die Verbindlichkeiten des Studienvertrags gegen unser neuartiges Studienmodell zu verteidigen, das heißt, sich auf den formellen Standpunkt zurückzuziehen – ein Pyrrhus-Sieg nach unserer Einschätzung, der unserer Sache nicht ihre Gültigkeit und ihren Wert nimmt.
Womit bereits der zweite Punkt angesprochen ist, der uns zum Gang an die Öffentlichkeit bewegte: die Vielzahl interessierter Nachfragen zum »Erfolgsgeheimnis« unseres Rekordzeitstudiums, das vielfach bekundete Interesse an unserer Arbeitsweise, den Methoden der Beschleunigung, den Besonderheiten unserer Zusammenarbeit als studentisches Team. Es ist dieses Interesse, das uns am stärksten motiviert hat, darüber zu schreiben, wie man als Student beziehungsweise angehender Unternehmer alte Dinge hinter sich lässt (Schnellstudieren bedeutet nach unserer Ansicht im Kern genau das).
Schnelligkeit bedeutet nicht Oberflächlichkeit.
Turbomäßig schnell studieren und zum erstrebten Studienabschluss auf dem effizientesten und kürzesten Weg gelangen – mit diesem Thema des vorliegenden Buchs verbindet sich für die Autoren folgerichtig die Absicht, das Image des Schnellstudiums an Hochschulen und Universitäten positiv zu verändern und seine methodischen Potenziale für Studierende aller Fachbereiche in das Licht zu rücken, das ihm gebührt: das Rampenlicht. Zwar ist die Fähigkeit und Leistung, schnell zu sein, heute fast überall als Qualitätsmerkmal und geldwerter Vorteil (»Zeit ist Geld«) anerkannt. Nicht selten jedoch wird Schnelligkeit vielfach immer noch mit Oberflächlichkeit gleichgesetzt. Was für ein Irrtum!
Dem Nachweis, dass ein Hochgeschwindigkeitsstudium unbedingt mit Beschleunigung zu tun hat, gleichzeitig aber einen spezifischen Mehrwert besitzt, weil es eine Vielzahl berufsrelevanter Kompetenzen fördert, dient das vorliegende Buch. Weil wir wissen, dass das hier vorgestellte Turbo-Modell des Studierens nicht im Maßstab 1:1 auf alle etablierten Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften übertragbar ist und trotzdem universelle methodische Empfehlungen für das beschleunigte Studieren formuliert, lautet unsere These: Schnell studieren ist mehr als die Lust am Geschwindigkeitsrausch. Es schließt den Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten ein, die im gesamten Berufsleben immer wieder eingesetzt werden können, die also nicht auf ein bestimmtes Berufsbild mit seinem dazugehörigen fachspezifischen Wissen beschränkt sind.
Es ist in einer besonderen Weise horizonterweiternd. Schneller zu studieren ist in diesem Sinn der Anfang eines lebenslangen Lernens als Kompetenzerwerb. Permanente Selbstbestimmung und Selbstständigkeit, ohne die das schnelle Studieren nicht zu denken ist, halten dazu an, die Studienzeit effektiv zu nutzen und den Bildungsabschluss nicht nur auf die unmittelbare Arbeitsmarktqualifikation auszurichten. Mit Entschlossenheit angepackt, mit Konsequenz durchgehalten und in der Gruppensituation immer wieder stimuliert weckt es brachliegende Potenziale, ungenutzte Fähigkeiten: Es ist in Wahrheit ein einziger Entwicklungsbeschleuniger.
Schnell studieren ist mehr als die Lust am Geschwindigkeitsrausch.
Mit dem hier authentisch aus unserer Lernwerkstatt Berichteten verfolgen wir gleich eine doppelte Absicht: zum einen aufzuzeigen, unter welchen Bedingungen und durch welche Faktoren der Erfolg, den wir als studentische Arbeitsgruppe erreichten, zustande kam. Denn nicht durch bloßen Glauben an wundersamen Erfolg noch durch außergewöhnliche Fähigkeiten schafften wir, was wir zu Anfang selbst fast für uneinlösbar und sogar für ein wenig größenwahnsinnig hielten. Wir schafften es durch strategische Selbst- und Teamorganisation, ein besonderes logistisches Management und Arbeitstechniken, die nach unserer Überzeugung auch jenseits unseres superschnellen Turbo-Modells attraktiv sein können für alle Schnellstudierwilligen. Zum anderen geht es uns um Ermutigung. Mit unserem Beispiel wird nachvollziehbar, dass ein (Ultra-)Kurzzeitstudium keine Zauberei genialer Überflieger ist, sondern die Chancen zu einem deutlich beschleunigten und zugleich anderen Studieren enthält. Im Turbo-Modus zu studieren kann tatsächlich bedeuten, die Erfahrung eines durchgängig selbstbestimmten, methodisch flexiblen und gruppendynamisch orientierten Studierens zu machen. Und vielleicht ist das eine der wichtigsten Grunderfahrungen: Nach Möglichkeit sollte man ohne Einschränkungen Herr der Situation sein, statt sich als Opfer halb fertiger und halb gelungener Reformen fühlen zu müssen.
Das Turbo-Studium, so viel Einsatz es vom Einzelnen auch verlangt, kann demnach ein goldener Weg zur studentischen Souveränität sein. Und in diesem Sinn denken wir, ist es längst an der Zeit, die Bologna-Studienreform innovativ, engagiert und bedarfsbezogen weiterzudenken – und das rhetorische Jammern über mangelhafte Rahmenbedingungen in echte Taten umzumünzen.
Beschleunigung, Flexibilität und Entscheidungsfreiheit sind gefordert.
Selbstverständlich