Der neue Landdoktor Staffel 7 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740953676
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ihr sicher gut gebrauchen.«

      »Ich bin hier, weil mein Onkel ganz dringend eine Vertretung brauchte. Es gab keine weitere Überlegung.«

      »Gut, dann wird es dich nicht allzu sehr treffen, wenn dein Engagement für uns nur von kurzer Dauer sein wird. Weißt du, es gibt Kandidaten mit weitaus besserer Qualifikation für dieses Training. Du bist ja nicht einmal Mitglied bei uns.«

      »Das würde sich ja ändern. Ich wäre sogar aktives Mitglied, falls ich das Hundetraining übernehme.«

      »Das wird aber nicht passieren. Ihr aus der Stadt glaubt doch immer, ihr könntet haben, was ihr wollt. Aber so ist es nicht. Morgen früh wird der Rasen hier gründlich gemäht«, wechselte Ramona das Thema, nachdem sie einen flüchtigen Blick auf die Wiese geworfen hatte.

      »Kein Problem. Das nächste Training ist erst übermorgen«, entgegnete Paula und sammelte die Bälle auf, die sie für die Hunde auf dem Rasen verteilt hatte.

      »Spieltraining, sage ich doch«, murmelte Ramona und schaute zu, wie Paula einen bunten Ball nach dem anderen in das große Netz legte, mit dem sie über die Wiese lief. »Ich gehe dann wieder. Ich bin mit Kilian in Augsburg zum Essen verabredet!«, rief sie über den Platz und schaute der hübschen jungen Frau nach, deren blondes Haar in der Sonne glänzte.

      »Ist gut«, entgegnete Paula, ohne aufzusehen.

      Ignoriere mich nur. Du wirst schon noch darauf kommen, dass du keine Chance bei der Bergwacht Bergmoosbach hast, solange ich hier bin. Und Kilian werde ich schon klar machen, dass du nicht die richtige für unsere Hunde bist, dachte Ramona und stapfte davon. »Ja, hallo, was ist?«, meldete sie sich schlecht gelaunt, als sie gerade den Parkplatz erreichte und ihr Handy läutete.

      »Die Prüfung wurde vorverlegt, sie findet nächsten Mittwoch statt, Ramona«, hörte sie eine Frau sagen.

      »Das ist gut, das ist sogar sehr gut. Danke, dass du mich benachrichtig hast, Inge. Wir telefonieren heute Abend noch mal«, sagte sie und beendete das Gespräch. Endlich würde sie Kilian beeindrucken können. Mit zufriedener Miene stieg sie in den weißen Kombi mit dem Namenszug der Werkstatt Reimer auf der Fahrertür.

      Sie wusste, wie sehr Kilian die Ausbildung der Hunde am Herzen lag und dass jeder, der mit den Tieren umgehen konnte, seine Aufmerksamkeit genoss. Als sie von Werners Überlegung erfuhr, den Trainerjob aufzugeben, hatte sie nicht lange überlegt. Obwohl sie Hunde eigentlich nicht mochte, hatte sie sich in München zu einer Ausbildung als Trainerin angemeldet.

      Sie forderte absoluten Gehorsam von den Tieren, überließ alles Weitere aber deren Besitzern. Sie beschränkte den Kontakt mit den Hunden auf das Nötigste und überwachte die Umsetzung ihrer Anweisungen mehr aus der Ferne. Mit Hilfe ihrer Freundin Inge, die die Ausbildung leitete, würde sie den Trainerschein trotzdem erhalten. Dafür würde sie Flyer für Inges Hundeschule überall in Bergmoosbach auslegen und sie jedem empfehlen, der nach einer guten Hundeschule fragte.

      »Von dir werde ich bedauerlicherweise nichts Gutes zu berichten haben«, murmelte sie, als sie sich noch einmal nach Paula umdrehte, die das Netz mit den Bällen zu dem Bungalow trug, der als Büro und Lager für die Trainingsstunden diente.

      Nach ihrer Abschlussprüfung wür­de sie das Training der Hunde übernehmen. Noch waren sie und Kilian nur Freunde, ihr neues Betätigungsfeld aber würde sie in seinen Augen interessant machen, davon war sie fest überzeugt. Aus Freundschaft konnte jederzeit Liebe werden, wenn man in der Lage war, die richtigen Weichen zu stellen. Sie hatte sie gestellt, daran konnte Paula absolut nichts mehr ändern. So schnell, wie sie in ihrem und Kilians Leben aufgetaucht war, so schnell würde sie auch wieder verschwinden.

      »Mach’s gut, Schätzchen«, flüsterte sie grinsend, wandte sich von Paula ab und startete den Motor ihres Wagens.

      *

      Paula hatte sich für die Dauer ihres Aufenthaltes in Bergmoosbach auf dem Berghof ihres Onkels einquartiert. Eine holprige Straße führte in engen Serpentinen durch einen dichten Tannenwald, bis hinauf zu der Alm, auf der das Haus vor mehr als zweihundert Jahren erbaut wurde. Es war nach alter Tradition aus dunklem Holz gefertigt, hatte einen Balkon im ersten Stock, dessen Blumenkästen ihr Onkel im Andenken an seine verstorbene Frau stets mit weißen und lila Geranien bepflanzte, die sie so sehr geliebt hatte.

      Auch im Haus hatte sich seit ihrem Tod nicht viel verändert. In dem großen Wohnraum im Erdgeschoss standen noch immer das grüne Stoffsofa und die schönen alten Möbel aus Eichenholz, die schon Werners Eltern gehört hatten. Die Küche hatten sie vor einigen Jahren mit einer hellen modernen Einbauküche eingerichtet und auch das Schlafzimmer im ersten Stock und das kleine Gästezimmer hatten helle Kiefernholzmöbel bekommen.

      Mit dem Auto dauerte es nur etwa eine Viertelstunde ins Dorf hinunter und doch hatte Paula das Gefühl, wenn sie abends allein auf dem Hof war, als wohnte sie weit ab von jeder Zivilisation. Nur aus dem Fenster im Dachboden konnte man über die Tannen hinweg ins Tal hinuntersehen. Dort hatte sie als Kind hin und wieder mit ihrem Schlafsack übernachtet und sich wie eine mächtige Fürstin gefühlt, der ein großes Land zu Füßen lag.

      Auf dem Berghof hatte sie sich immer frei gefühlt, obwohl sie sich körperlich weitaus mehr anstrengte als in der Stadt. Sie liebte die Ziegen, Hühner und Kühe, die damals noch auf dem Hof lebten, und sie packte auch bei der Versorgung der Tiere mit an. Nach dem Tod ihrer Tante vor vier Jahren hatte ihr Onkel die Tierwirtschaft allmählich eingestellt. Die Rente, die er seitdem bezog, reichte ihm zum Leben. Hin und wieder verdiente er sich als privater Hundetrainer etwas dazu und er nutzte seine freie Zeit für die Hunde der Bergwacht.

      Nein, ich werde mir diesen Abend mit Sicherheit nicht von Ramona verderben lassen, dachte Paula, als sie am Freitagabend über den Hof lief, um ihr Auto aus der Scheune zu holen, die inzwischen als Garage genutzt wurde. Sie musste lächeln, als sie auf das Fahrrad mit dem Anhänger schaute, mit dem ihr Onkel manchmal zum Einkaufen ins Dorf hinunterfuhr.

      Bärchen, wie er seinen Hund, eine Mischung aus Münsterländer und Labrador, wegen seines braunen Gesichtes liebevoll nannte, durfte dann im Anhänger mitfahren. Überhaupt war Bärchen Werners ständiger Begleiter. Auf eine Kur hatte er sich auch erst eingelassen, nachdem er ein Hotel in der Nähe des Kurhauses gefunden hatte, das Hunde willkommen hieß.

      Paula war mit Hunden aufgewachsen. Im Moment aber hatte sie keinen eigenen Hund. Sobald sie eine Wohnung in der Kreisstadt gefunden hatte und wusste, wie sich das mit der Hundeschule anließ, würde sie darüber nachdenken, ob sie sich wieder ein Haustier zulegte.

      Hoffentlich bin ich für den Grillabend bei den Seefelds richtig angezogen, dachte sie, als sie in den roten Kombi stieg, in dessen Kofferraum sie hin und wieder auch die Hunde ihrer Kunden transportierte. »Es wird schon passen«, sagte sie und schaute auf die Jeans und den kuscheligen nachtblauen Pullover, für den sie sich entschieden hatte, weil es abends inzwischen schon recht kühl sein konnte.

      Während sie ins Tal hinunterfuhr, versank die Sonne allmählich hinter den Gipfeln der Berge und verwandelte den Himmel in ein rot glühendes Flammenmeer. Der vergoldete Wetterhahn auf dem Bergmoosbacher Rathausturm funkelte im roten Licht, das auch den Marktplatz mit seinem schönen Kopfsteinpflaster und den hübsch renovierten Häusern wie eine verwunschene Welt erscheinen ließ. Paula hatte kurz angehalten, nachdem sie den Waldweg verlassen hatte, der neben dem Rathaus auf die Dorfstraße mündete. Einen Moment lang wollte sie diesen Anblick auf sich wirken lassen.

      Noch hatte sie ihre Träume und Sehnsüchte, die Kilian betrafen, nicht ganz aufgegeben. Es war ihr einfach nicht gelungen. Er war diese Woche zu keinem weiteren Training gekommen. Irgendjemand hatte erzählt, dass er mehrere Tage in Augsburg zu tun hatte. Da Ramona sich auch nicht hatte blicken lassen, konnte sie nicht ausschließen, dass sie zu ihm gefahren war.

      Wenn die beiden ein Paar sind, dann ist es eben so, dachte sie. Sie nahm sich vor, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, sollten sie ihr gleich vorführen, wie nahe sie sich standen.

      *

      »Hallo, Paula, schön, dass du da bist«, wurde sie von Anna Bergmann begrüßt, die auch zum Team der Bergwacht gehörte.

      Paula