Der neue Landdoktor Staffel 7 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740953676
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dass sie es auch war.

      Nach dem Frühstück in der Küche wollte er im Keller seine Wanderschuhe holen. Er ging die Treppe hinunter und zog die Kellertür auf. Kaum hatte er den Raum betreten, wurde er von einem heftigen Schwindelanfall überrascht. Er konnte sich nicht mehr aufrecht halten und fasste ohne darüber nachzudenken an den alten Stahlschrank mit den Aktenordnern. Ich hätte ihn an der Wand befestigen sollen, dachte er, als er ins Wanken geriet. Er versuchte noch, sich in Sicherheit zu bringen, aber alles in seinem Kopf drehte sich. Er wusste nicht wohin.

      »Bitte nicht«, flüsterte er, als der Schrank scheppernd umfiel und ihn zu Boden riss. Das letzte, woran er dachte, war, dass sein Handy oben im Wohnzimmer lag, er keine Hilfe rufen konnte und Britta nun vergeblich auf ihn warten würde.

      *

      Die Wanderer, die sich für den Wettbewerb angemeldet hatten, trafen sich auf der Wiese vor dem Napoleonhügel. Es hieß, dass Napoleon 1806 auf der Durchreise nach München auf dieser Erhebung im Grenzgebiet zwischen Bergmoosbach und seiner Nachbargemeinde Mainingberg gestanden haben soll, weil er die Milchstraße betrachten wollte. Beweise dafür gab es nicht, nur Gerüchte, aber die beiden Gemeinden wollten gern an diese Gerüchte glauben.

      Der Alpenverein hatte eine Tribüne am Fuße des Hügels aufgebaut und überreichte dort die Sticker, die die Teilnehmer des Wettbewerbs tragen sollten. Für jede Dreiergruppe gab es Sticker mit einer eigenen Nummer. Gegen zehn hatten alle Teilnehmer ihre Sticker abgeholt. Britta und Gundula steckten sich die runden gelben Sticker mit der Nummer 17 an ihre Pullover, die sie zu Jeans und Wanderschuhen trugen. Die Allwetterjacken, die sie wie alle Teilnehmer der 30 Teams auch dabei hatten, hatten sie sich wegen der angenehm warmen Temperaturen im Tal um die Taille gebunden.

      Auf der Wiese herrschte Volksfeststimmung. Es hatten sich viele Zuschauer eingefunden, die den Start verfolgen wollten. Die Brauerei Schwartz hatte einen Getränkestand aufgebaut und die Bäckerei Höfner verkaufte belegte Brötchen. Wanda, die junge Musiklehrerin aus der Bergmoosbacher Grundschule, und einige ihrer Kolleginnen sorgten für die Unterhaltung der Kinder, deren Eltern an der dreistündigen Wanderung teilnehmen wollten und keinen Babysitter gefunden hatten.

      Wanda baute mit ihnen Musikinstrumente aus Dosen und Schachteln, die anderen lasen den Kinder vor, ließen sie mit Kasperpuppen spielen oder passten auf, dass sie sich nicht verletzten, wenn sie in der Hüpfburg herumtobten, die die Gemeinde zur Verfügung gestellt hatte.

      Auch Emilia und ihre Freundin Doro waren in Begleitung von Nolan zum Napoleonhügel gekommen, um einen Bericht für ihre Schülerzeitung über den Wettbewerb zu verfassen.

      »Ich mache schon mal ein paar Fotos«, sagte Doro, ein hübsches Mädchen mit streichholzkurzem Haar, das wie immer ganz in Schwarz gekleidet war.

      »Okay, ich werde die Leute nach ihrem Befinden befragen«, sagte Emilia. Sie nahm ihr Handy aus der Jeanstasche und schaltete das Mikrophon ein. Der offizielle Start war für halb elf geplant, bis dahin konnte sie noch einige Interviews aufnehmen.

      Alle wussten, dass nicht die schnellste Gruppe am Ende den Sieg davon tragen würde, sondern die, die unterwegs alle Aufgaben erfüllte, die auf einem Zettel aufgelistet waren. Den bekamen die Teilnehmer allerdings erst überreicht, wenn sie die Startlinie, die mit einem roten Flatterband gekennzeichnet war, überschritten.

      »Wo bleibt er?«, fragte Gundula ungeduldig, als sie auf ihre Armbanduhr schaute und von Kai immer noch nichts zu sehen war. »Ich denke, du solltest ihn anrufen, Britta, und fragen, wo er bleibt.«

      »Gut, mache ich. Hoffentlich hat er nicht verschlafen«, entgegnete Britta verunsichert.

      »Wenn es so ist, dann sind wir wohl draußen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass wir auf die Schnelle noch einen Ersatz für ihn finden.«

      »Probleme?«, fragte Ulrike, die zusammen mit Richard in der Nähe des Starts stand und ihre beiden Freundinnen beobachtete.

      »Kai ist noch nicht da«, sagte Gundula, nachdem sie zu ihnen gegangen war, damit nicht alle Teilnehmer gleich mitbekamen, dass sie ihn vermissten.

      »Das wundert mich nicht. Ich habe es Britta prophezeit.«

      »Damit meinst du was?«, fragte Gundula.

      »Das weißt du genau. Und natürlich ist mir klar, dass es dir nun unangenehm ist, dass ich recht behalten habe.«

      »Rieke hat diesen Mann offensichtlich als einzige von euch durchschaut. Dabei wäre es nicht schwer gewesen. Es ist ganz normal, dass attraktive junge Männer in ausgewiesenen Urlaubsgebieten nur ihren Spaß mit Touristinnen haben wollen«, mischte sich Richard mit einem triumphierenden Grinsen ein.

      »Auf diesem Gebiet bist du Experte, das ist richtig«, entgegnete Gundula schnippisch.

      »Jetzt lass Richard doch mal außen vor, Schätzchen«, sagte Ulrike. »Britta ist nach der letzten Nacht nicht mehr interessant für Kai. So läuft das eben«, erklärte Ulrike.

      »Das will ich aber nicht glauben. Was ist, was hat er gesagt?«, fragte Gundula, als Britta bald darauf zu ihnen kam.

      »Er meldet sich nicht. Ich habe es mehrfach auf seinem Handy und auf seinem Festnetz versucht.«

      »Da habt ihr es. Dich hat er so weit bekommen, wie er wollte. Jetzt ist die nächste an der Reihe«, sagte Ulrike.

      »Ich könnte für ihn einspringen«, schlug Richard vor.

      »Eine wundervolle Idee«, sagte Ulrike. »Oder wir fahren jetzt gleich nach Hause.«

      »Ja, vielleicht wäre das das Beste«, stimmte ihr Britta mit trauriger Miene zu. Wie hatte sie sich denn nur so in Kai täuschen können? Warum hatte er denn nicht wenigstens mit irgendeiner Ausrede abgesagt, wenn er sie nicht begleiten wollte?

      »Ich hatte euch gewarnt. Dieser Sportlehrer wollte nur seinen Spaß mit dir haben. Er wird sich nicht mehr bei dir melden, glaube mir«, betonte Ulrike erneut.

      »Sie sprechen jetzt aber nicht von Kai Küster oder?«, mischte sich Emilia ein, die einen Teil des Gespräches mitbekommen hatte, während sie nach neuen Interviewpartnern Ausschau hielt.

      »Doch, genau von ihm. Er gehört zu dieser Sorte Mann, der eine Frau niemals vertrauen sollte«, erklärte Ulrike und hakte sich bei Richard unter.

      »Das ist Unsinn. So ist er nicht«, verteidigte Emilia ihren Sportlehrer.

      »Ach ja? Er hat meiner Freundin versprochen, sie auf dieser Wanderung zu begleiten, aber er ist weder hier noch hat er abgesagt. Wenn sie ihn anruft, dann geht er nicht ans Telefon. Er ist auf dem Rückzug. Etwas anderes kann ich aus diesem Verhalten nicht schließen. Woher kennst du den Mann überhaupt?«, wollte Ulrike wissen.

      »Er ist unser Sportlehrer«, klärte Doro sie auf. Sie hatte auch gehört, dass Kais Name fiel, und wollte jetzt wissen, was los war.

      »Ich bin für dich da, Britta. Lass uns hier verschwinden«, redete Richard auf sie ein und legte seinen Arm um ihre Schultern.

      »Denk nach, Britta. Richard kennst du schon so lange. Willst du ihm diesen einen Fehltritt nicht verzeihen?«, fragte Ulrike und sah sie an.

      »Eigentlich will ich erst einmal nur hier weg«, sagte Britta, die inzwischen mit den Tränen kämpfte.

      »Und der Wettbewerb?«, fragte Gundula.

      »So, jetzt ist es gut. Herr Küster hat Sie mit Sicherheit nicht versetzt«, wandte sich Emilia an Britta. »Wenn er sich nicht meldet, dann gibt es dafür sicher einen Grund. Versuchen Sie doch noch mal, ihn anzurufen«, bat sie Britta.

      »Gut, mache ich«, erklärte sie sich einverstanden, aber auch dieses Mal hatte sie keinen Erfolg.

      »Okay, ich habe eine Idee«, sagte Emilia und rief die Nummer ihres Vaters in ihrem Handy auf. »Papa, bist du noch mit Anna in Garmisch zum Einkaufen?«, fragte sie, als Sebastian sich meldete.

      »Wir sitzen gerade in einem Café. Ist dir noch etwas eingefallen, was wir dir mitbringen sollen?«, wollte Sebastian wissen.

      »Nein,