Der neue Landdoktor Staffel 7 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740953676
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über etwas anderes reden«, unterbrach Ulrike die beiden, als das Essen gleich darauf serviert wurde.

      »Über was denn?«, fragte Gundula mit blitzenden Augen. Sie machte sich die heftigsten Vorwürfe, dass sie Britta nichts von Ulrikes Vorhaben gesagt hatte. Sie sah, wie ihre Hände zitterten, als sie das Besteck aufnahm, das auf der Serviette neben ihrem Teller lag. Und was sie noch mehr ärgerte, war die Tatsache, dass Richard es auch bemerkte.

      »Unser Onkel hat beschlossen, die Klinik zu modernisieren, und Richard soll ihm während der Planung beratend zur Seite stehen«, erzählte Ulrike.

      »Wir werden mit allen Mitarbeitern sprechen und uns ihre Vorschläge anhören«, wandte Richard sich an Britta.

      »Gute Idee.«

      »Was den Gymnastikbereich betrifft, werde ich meinem Onkel vorschlagen, dass du in Zukunft die Leitung der Abteilung übernimmst.«

      »Danke für dein Vertrauen. Aber darüber sollten wir ein anderes Mal sprechen.«

      »Bleib, Britta, ich möchte gern noch über einiges mit dir reden«, sagte Richard, als Britta von ihrem Stuhl aufstand.

      »Ich bin aber auf einmal sehr müde. Seid mir nicht böse, ich muss mich hinlegen, sonst wird Gundi morgen keine Freude an mir haben.« Britta konnte sich nicht länger zusammennehmen. Diese Begegnung mit Richard ließ sie nicht so kalt, wie sie es sich gewünscht hatte. Sie wollte sich nicht an all den Kummer, den er ihr bereitet hatte, erinnern, und sie wollte mit ihm schon gar nicht ihre berufliche Zukunft planen. Sie konnte sich im Moment auch überhaupt nicht vorstellen, ihm wieder jeden Tag in der Klinik zu begegnen.

      »Bleib doch noch, wir wollten noch ein Dessert bestellen«, versuchte auch Ulrike, sie aufzuhalten.

      »Ich glaube nicht, dass sie hier Bananen-Kokosnusspudding haben.«

      »Nein, aber…«

      »Lass es gut sein, Rieke«, bat Gundula, als Britta zum Ausgang des Restaurants eilte.

      »Geh ihr nach, lade sie zu einem Cocktail in die Bar ein und erzähle ihr, was du fühlst«, forderte Ulrike ihren Bruder auf, der Britta verdutzt nachschaute.

      »Du hast recht, ich habe schon viel zu viel Zeit verloren.«

      »Diese Begegnung tut ihr nicht gut«, sagte Gundula, als Richard Britta folgte.

      »Abwarten«, entgegnete Ulrike.

      Richard holte Britta kurz vor dem Lift ein. Er war davon ausgegangen, dass es einfacher sein würde, sie zurückzugewinnen. Nicht dass er erwartet hätte, sie würde ihm gleich in die Arme fallen, aber dass sie einfach ging, ohne sich anzuhören, was er ihr zu sagen hatte, das überraschte ihn. Vielleicht war dieser Mann, mit dem sie sich in den letzten Tagen getroffen hatte, doch mehr als ein harmloser Flirt, wie Ulrike behauptet hatte. »Bitte, Britta, gib mir fünf Minuten«, bat er sie, als sie schon auf den Knopf drücken wollte, um den Lift zu holen.

      »Hier ist niemand außer uns. Was also willst du mir sagen?« Sie hatte sich kurz in der Lobby umgesehen. Bis auf die junge Frau in dem blauen Kostüm, die am Empfangstresen stand, waren sie allein.

      »Ich will, dass du weißt, dass ich zutiefst bereue, was ich getan habe. Es war ein Fehler fortzugehen. Ich habe diese Frau nie wirklich geliebt, das ist mir inzwischen längst klar geworden. Du bist die Frau, die ich liebe. Ich bitte dich, uns eine zweite Chance zu geben, Britta.«

      »Hat sie dich verlassen?«

      »Wir haben nicht zusammengepasst«, sagte er und senkte kurz den Blick.

      »Das heißt, die Dame hat sich ein neues Spielzeug gesucht. Das tut sicher weh, aber da musst du jetzt durch. Tut mir leid für dich, aber wir haben keinen Einfluss darauf, was das Schicksal mit uns anstellt«, sagte Britta und drückte auf den Liftknopf. Mit genau diesen Worten hatte sich Richard vor einem halben Jahr von ihr verabschiedet. Sie hatte sie bis heute nicht vergessen.

      »Britta, bitte, sei nicht so hart.«

      »Mach das mit deinem Schicksal aus«, antwortete sie, als der Lift anhielt. Es war genug, sie wollte und konnte sich nicht länger mit ihm auseinandersetzen. »Gute Nacht, Richard«, sagte sie und stieg in den Lift.

      »Wo ist sie?«, wollte Ulrike wissen, die ein paar Minuten später zusammen mit Gundula in die Lobby kam und Richard an einer Säule gegenüber des Lifts lehnen sah.

      »Es gestaltet sich schwierig«, sagte er und betrachtete die Spitzen seiner teuren Lederschuhe.

      »Gib ihr ein bisschen Zeit. Wie du wohl bemerkt hast, machst du sie nervös, und das, mein Lieber, ist ein gutes Zeichen. Wir drei könnten doch noch in die Bar gehen«, schlug sie vor.

      »Du solltest wohl eher ins Bett gehen«, sagte Gundula, als Ulrike wieder einen Hustenanfall bekam.

      »Ich nehme ein paar Tropfen, die unterdrücken den Husten für eine Weile. Während des Essens hatte ich doch Ruhe. Ein Cocktail geht schon«, antwortete sie, während sie das Fläschchen mit den Tropfen aus ihrer Handtasche nahm, das ihr Sebastian verschrieben hatte.

      »Dann geht eben in die Bar. Ich gehe zu Britta. Ich bin auch müde«, erklärte Gundula und stieg in den Lift, den gerade einige Hotelgäste verlassen hatten.

      »Gundi will mir offensichtlich nicht verzeihen«, stellte Richard fest, als sich Ulrike bei ihm unterhakte und sie beide zur Bar gingen.

      »Darüber musst du dir keine Gedanken machen. Sobald Britta dir verzeiht, ist auch für Gundi alles wieder gut.«

      »Aber dieser andere Mann, dieser Sportlehrer…«

      »Setze deinen Charme ein, und er ist bald Geschichte«, versicherte ihm Ulrike und zog die Tür zur Hotelbar auf.

      *

      »Ich nehme an, du bist nicht wirklich müde«, stellte Gundula fest, weil Britta noch auf dem Balkon war, als sie in die Suite kam.

      Sie hatte sich mit einer Decke auf einen Liegestuhl gesetzt und starrte auf die Berge, die sich gegen den Nachthimmel streckten. »Die Begegnung mit Richard hat mich aufgewühlt«, gab sie zu.

      »Rieke wollte nicht, dass ich es dir sage. Sie hofft so sehr darauf, dass ihr wieder zusammenkommt«, sagte Gundula und setzte sich auf den Liegestuhl neben Britta. »Du bist ihre Freundin und sie liebt ihren Bruder.«

      »Ich werde ihr diese Sache nicht nachtragen, keine Sorge.«

      »Echt nicht?«

      »Versprochen.«

      »Gut, dann bin ich beruhigt. Soll ich schon mal das Sofa herrichten? Ich denke, du wirst es heute mit mir teilen müssen, damit ich mich nicht doch noch bei Rieke anstecke.«

      »Alles klar, ich bleibe noch ein paar Minuten hier draußen. Danach können wir uns noch einen Film ansehen, bis uns die Augen zufallen.«

      »So machen wir es«, sagte Gundula und ging ins Zimmer. Sie war froh, dass Britta verstehen konnte, warum Ulrike diese Begegnung arrangiert hatte.

      Britta dachte kurz daran, Kai anzurufen, ließ es dann aber, weil er ihr gesagt hatte, dass er erst gegen Mitternacht zu Hause sein würde, und unterwegs mit seiner Klasse wollte sie ihn nicht stören. Sie versuchte, Richard aus ihren Gedanken zu vertreiben, aber es gelang ihr nicht, dazu kannte sie ihn einfach schon zu lange. Sie musste lächeln, als sie sich plötzlich daran erinnerte, wie sie im Kindergarten im Sandkasten gespielt hatten und sich gegenseitig die Sandförmchen weggenommen hatten. Richard gehörte zu ihrem Leben, sie konnte ihn nicht herauslöschen. Sie musste ihm irgendwann irgendwie verzeihen.

      *

      Kai hatte den Wecker auf halb neun gestellt. Er wollte noch in Ruhe frühstücken, bevor er sich auf den Weg nach Bergmoosbach machte. Der Klassenausflug nach Salzburg war glücklicherweise ohne Zwischenfälle verlaufen. Alle waren pünktlich bei Abfahrt des Busses von ihrer Stadtbesichtigung zurück gewesen. Er freute sich darauf, Britta gleich zu sehen. Dass sie morgen schon nach Hause fahren würde, gefiel ihm gar nicht. Er hatte sie gestern schon den ganzen Tag vermisst. Wenn sie